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Kreaturen des Todes - 2. Band. Walter Brendel
Читать онлайн.Название Kreaturen des Todes - 2. Band
Год выпуска 0
isbn 9783966511513
Автор произведения Walter Brendel
Жанр Социология
Издательство Bookwire
Um die öffentliche Aufmerksamkeit von der Politik und der Kritik an den Besatzungsbehörden abzulenken, ermunterte die Regierung Yoshida offen eine Politik der 3 „S“ – „Sport, Screen, Sex“. Dies stellte eine Abkehr von der strengen Vorkriegszensur von obszönem oder unmoralischem Material dar und führte zu einer Änderung der Literatur über Abe. Vorkriegsschriften wie Abe Sada no seishin bunseki teki shindan („psychoanalytische Diagnose von Abe Sada“) von 1937 stellten Abe als Beispiel der ungezügelten weiblichen Sexualität und deren Gefahr für das patriarchale System dar. In der Nachkriegszeit behandelte man sie als Kritikerin des Totalitarismus und Symbol der Freiheit von unterdrückenden politischen Ideologien. Abe wurde zum beliebten Sujet von Hoch- und Populärliteratur. Der buraiha-Schriftsteller Oda Sakunosuke schrieb zwei Geschichten basierend auf Abe, und ein Artikel aus dem Juni 1949 merkte an, dass Abe versucht habe, ihren Namen zu säubern, nachdem Berge von erotischen Büchern über sie erschienen.
„Abe-Sada-Panik“ in der Tōkyō Asahi Shimbun vom 21. Mai 1936
1946 interviewte der Schriftsteller Sakaguchi Ango Abe und behandelte sie als Autorität bezüglich Sexualität und Freiheit. Sakaguchi bezeichnete Abe als „sanfte, warme Figur der Erlösung zukünftiger Generationen“. 1947 wurde „Sadas erotisches Geständnis“ ein nationaler Bestseller mit über 100.000 verkauften Exemplaren. Das Buch war in Interviewform geschrieben, basierte aber auf den Verhörprotokollen. Daraufhin verklagte Abe den Autor Kimura Ichirō wegen übler Nachrede und Verleumdung, was vermutlich vor dem Gericht mit einem Vergleich endete. Als Antwort schrieb sie ihre Autobiographie „Aufzeichnungen von Abe Sada“, in der sie, im Gegensatz zu Kimuras Darstellung ihrer Person als Perverse, ihre Liebe zu Ishida betonte. Die erste Ausgabe des Magazins Jitsuwa vom Januar 1948 enthielt vorher unveröffentlichte Fotos des Vorfalls mit der Überschrift „Ero-guro des Jahrhunderts! Erstveröffentlichung. Illustration des Abe-Sada-Zwischenfalls.“ Zurückblickend auf die unterschiedliche Darstellung von Abe Sada, bezeichnete die Ausgabe vom Juni 1949 des Monthly Reader sie als „Heldin jener Zeit“, weil sie ihren eigenen Begierden in einer Zeit der „falschen Moral“ und Unterdrückung folgte.
Abe schlug Kapital aus ihrer Bekanntheit, indem sie sich von einem populären Magazin interviewen ließ und mehrere Jahre lang in einer Wanderbühnenproduktion namens Shōwa Ichidai Onna („eine Frau der Shōwa-Generation“) auftrat. 1952 fing sie an, in der Arbeiterkneipe Hoshikikusui in Inarichō, Shitaya im Zentrum Tokios 20 Jahre lang zu kellnern, wobei sie von der örtlichen Restaurantvereinigung auch als Modellangestellte ausgezeichnet wurde. Der Filmkritiker Donald Richie besuchte in den 60ern mehrfach das Hoshikikusui und beschrieb in seinem Buch Japanese Portraits, wie Abe dramatisch auf eine lautstarke Gruppe von Trinkern zulief: Sie stieg eine lange Treppe hinab und fixierte einzelne Personen. Die Männer in der Kneipe bedeckten dann ihren Schritt mit ihren Händen und schrien Dinge wie „Versteckt die Messer!“ und „Mir ist bange auf’s Klo zu gehen.“, woraufhin sie auf das Geländer schlug, die Gruppe anstarrte bis eine unangenehme Stille herrschte, und dann mit dem Ausschank begann. Richie kommentiert: „… sie hatte immerhin einen Mann zu Tode gewürgt und dann sein Glied abgeschnitten. Es schauderte dich jedes Mal wenn Abe Sada dir mit ihrer Hand einen Klaps auf den Rücken gab.“
1969 hatte Abe einen Gastauftritt im Abschnitt Abe Sada Jiken des dramatisierenden Dokumentarfilms Meiji, Taishō, Shōwa: Ryōki Onna Hanzaishi von Regisseur Ishii Teruo, und die letzte bekannte Photographie von ihr stammt ebenfalls von August dieses Jahres. 1970 verschwand sie aus der Öffentlichkeit. Als der Film Im Reich der Sinne Mitte der 1970er geplant wurde, fand Regisseur Oshima Nagisa sie nach erfolgreicher Suche mit geschorenem Haar in einem Nonnenkloster in Kansai.
1975 erschien der Erotikfilm „die wahre Geschichte der Abe Sada“ der japanischen Filmgesellschaft Nikkatsu. Regie führte Noboru Tanaka. Das Werk ist ein Vertreter des Pink Eiga, wenngleich viel kunstvoller und vergleichsweise romantischer produziert. Das Nikkatsu-Studio wählte daher den Begriff des Roman Porno für die hauseigenen Produktionen. Der Originaltitel lautete: „Jitsuroku Abe Sada“.
Jahrzehnte nach dem Vorfall und ihrem Rückzug zog sie weiterhin das öffentliche Interesse auf sich. Neben dem Dokumentarfilm, in dem sie vor ihrem Rückzug aus der Öffentlichkeit auftrat, erschienen drei erfolgreiche Verfilmungen der Geschichte. Daneben verwendete der 1983 erschienene Nikkatsu-Roman-Porno Sexy Doll: „Sexy Doll: Abe Sada III.“ ihren Namen im Titel. Eine Biografie mit 438 Seiten erschien 1998 in Japan und William Johnston schrieb das erste englischsprachige Buch über sie unter dem Titel Geisha, Harlot, Strangler, Star. A Woman, Sex, and Morality in Modern Japan, welches 2005 veröffentlicht wurde.
Starb sie, weil sie zu viel wusste?
Am 1. November 1957 findet die Polizei in Frankfurt/Main die Leiche der 24-jährigen Edelhure Rosemarie Nitribitt in ihrer Wohnung. Es ist der spektakulärste Kriminalfall der Nachkriegsära der Bundesrepublik Deutschland.
Die Presse stürzt sich auf den Mordfall. Sehr prominente Freier waren Kunden der Edelhure. Die Polizei gerät immer mehr unter Druck, den verzwickten Fall zu lösen. Doch eine Ermittlungspanne jagt die nächste. Am Ende bleibt der Fall ungeklärt - bis heute.
Ihr Tod schlägt mitten im Wirtschaftswunder der 1950er-Jahre ein wie eine Bombe. Die Nitribitt ist nicht irgendwer. Sie ist Sensation und Provokation zugleich. Mit schwarzem Mercedes-Cabrio und weißem Pudel geht die stets elegant gekleidete Rosemarie Nitribitt öffentlich auf Kundenfang. Nicht dort, wo andere Prostituierte auf Freier warten. Auch in Edelhotels lockt sie männliche Gesellschaft an. Beim Geldadel wird sie unter der Hand als eine Art Trophäe gehandelt.
Rosemarie Nitribitt mit ihren Pudel
Frauen, die in den prüden 1950er-Jahren abends allein ausgingen, waren verschrien. Jene, die wie Rosemarie Nitribitt für Geld mit Männern schliefen, galten als Abschaum. Zeitzeugen berichten noch heute, dass sie aber fasziniert waren von der eleganten Dame im Luxusauto - heimlich natürlich.
Die Geschichte aus dem Frankfurter Rotlichtmilieu mutiert im piefigen Deutschland der 1950er-Jahre jedoch schnell zu einem ausgewachsenen Sittenskandal. Und die Polizei macht einen Fehler nach dem anderen. Der Hauptverdächtige wird von einem Gericht freigesprochen, die Ermittlungen werden eingestellt, der Mörder wird nie gefunden. Doch verbergen sich in den Ermittlungsakten nicht doch noch neue Hinweise?
In den fünfziger Jahren, als Westdeutschlands Wirtschaft wieder Fahrt aufnahm, symbolisierte vor allem das Auto den Wiederaufstieg des Landes. Der Mercedes-Stern war die Krönung dieses Symbols. Schnittige Karosserien der Oberklasse prägten das Marken- und Straßenbild.
1952 entwickelte Mercedes-Benz den SL - sportliche Leichtigkeit, blank poliert. Inoffiziell stand der SL für Luxus und Noblesse. Im Februar 1954 präsentierte der Konzern auf der Auto-Show in New York seinen eleganten Tourenwagen 190 SL. Ringo Starr, Alfred Hitchcock und Frank Sinatra fuhren ihn, aber vor allem bei Frauen war er wegen seiner grazilen Details beliebt. Berühmteste weibliche Fahrerin des 190 SL war aber nicht Grace Kelly, Gina Lollobrigida oder Zsa Zsa Gabor, sondern eine Frankfurter Hure. Einen «Nitribitt» nannte der Volksmund das 190er Cabrio.
Bis heute ist der Name von Rosemarie Nitribitt mit dem Modell von Mercedes verknüpft. In die Geschichte ging die Edelprostituierte aber weniger wegen ihres rasanten Untersatzes ein, sondern wegen der feinen Herren, die sie damit abschleppte. Unvergessen machen sie ihr mysteriöser gewaltsamer Tod im Jahr 1957 und der große Lärm, der ihm folgte. Es war, als hätte ihre Ermordung der Ära Adenauer jäh die Maske von ihrem zweiten Gesicht gerissen.
Mordsache Nr. 68331/57 war nicht der «ganz normale Prostituiertenmord», als den ihn die Polizei verzeichnete. Die Fallakte Nitribitt legte Seite für Seite, Aussage für Aussage den ersten handfesten gesellschaftspolitischen