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privaten wie in professionellen Beziehungen tendieren Menschen dazu, anderen das zu geben, was sie selbst gebraucht hätten, sich selbst wünschten – meist nicht mit dem erhofften Ausgang. Hier wäre es sinnvoller, eigene Beweggründe, Wünsche und Bedürfnisse bei sich zu kennen, verantwortungsvoll dafür zu sorgen, sie zu erfüllen oder zu erkennen, dass es sich um alte Bedürfnisse handelt, statt sie auf das Gegenüber zu übertragen und enttäuscht zu sein. Erfüllendere und gegenseitig inspirierende Kontakte und Dialoge entstehen häufig an der Grenze, an der sich Ich und Du wirklich begegnen, jeder in Verantwortung für sich und offen für eigene und fremde Impulse. So können tiefe Begegnungen und Beziehungen wachsen, in denen das jeweilige Gegenüber immer wieder neu entdeckt werden kann. In der Folge führt das zu verlässlichen erwachsenen Bindungen. Eine Schulung der Wahrnehmung im oben angeführten Sinn kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten.

      1 Petzold, Hilarion (1990). Integrative Therapie, Modelle, Theorien und Methoden für eine Schulen übergreifende Psychotherapie, Band. I und II. Paderborn, Junfermann

      2 Sonneborn, Uta (2005). Emotionale und Psychosoziale Kompetenz für Medizinstudenten und Ärzte, Inauguraldissertation, Medizinische Fakultät Ruprecht-Karl-Universität Heidelberg

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      Körperpsychotherapien

      Die Körperpsychotherapien setzen diese Körper-Seele-Geist-Zusammengehörigkeit voraus und haben damit die Erfahrung von in der Tiefe wirksamen und nachhaltigen Therapieergebnissen gemacht. Sie verfügen über vielfältige Techniken, sowohl für den Zugang zur Innenwelt durch Körpererleben, als auch dafür, das psychische Erleben durch achtsame Wahrnehmung und Körperausdruck bewusst zu machen. Ihr Instrumentarium verfügt über einen großen Gestaltungsspielraum. Dazu gehören eine geschulte, achtsame, feine (Körper-)Wahrnehmung und ein Experimentieren mit Ausdruck und Bewegung, die die dem Menschen innewohnenden Gefühle, Gedanken, Erlebnisse, Szenen, Erinnerungen ins Gewahrsein zu bringen vermögen. Körperpsychotherapien praktizieren mittels Visualisierung, Fokussierens, Verstärkung oder Abschwächung und Bewusstwerdung des jeweiligen Ausdrucks und der Haltung. Atemarbeit, Stimmarbeit, szenische, emotionale und körperliche Ausdrucksarbeit gehören genauso dazu wie Aufstellungs- und Skulpturenarbeit. Auch Techniken zur Erdung, zum Loslassen, zum Zentrieren bahnen neue Erfahrungen. Es wird mit Haltungen, Bewegungen, Einlassen und Abgrenzen experimentiert. Die Gestaltpsychotherapie verfügt mit der »Stuhltechnik« über eine Möglichkeit, Persönlichkeitsanteile oder Symptome zu externalisieren, ihnen eine Gestalt zu geben, sich in sie hineinzuversetzen, sie zu erleben und so zu vermehrtem Erkenntnisgewinn zu gelangen. Kreative Medien aus Tanz-, Musik-, Kunst-, Theater-, Schreib­therapie u.v.a.m. werden zum Externalisieren genutzt, um durch das Erleben und Erfahren einen Ausdruck für das im Inneren Gefühlte zu finden oder durch ein unbewusstes Gestalten von innerem Material ein Gegenüber im Außen zu kreieren und dadurch Ein-Sicht und mehr Erkenntnis zu bekommen (siehe Kapitel zum Externalisieren). Eine weitere Interventionsmöglichkeit bietet die körperorientierte Psychotherapie mit szenischen oder psychodramatischen Rollenspielen, die alte Konflikte wieder erfahrbar machen, sie bearbeiten und zu einer korrigierenden Erfahrung bringen können. Die achtsame, auf den Prozess des Klienten zentrierte, systematische Berührung durch die Therapeutinnen wird ebenso sorgsam wie respektvoll eingesetzt, um bestimmte Pfade in seiner Vergangenheit zu begleiten.

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