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Himmels war die kleine Helle deutlich zu sehen und sie begleitete das Kind Tag und Nacht auf dem langen Weg.

      Als der erste Tag nun fast vorüber war, sah sie in der Ferne auch schon die erste Brücke. Mit Glück erfüllt, erlaubte sie sich eine kleine Pause und schlief etwas. Träumen konnte sie nicht, denn noch war das Reich der Sterne nicht befreit. So wie das Dollchen erwachte, bemerkte sie, dass ihre Jacke verschwunden war. Verzweifelt sah sich das Mädchen um. Hinter ihr stand ein kleiner Junge, eingehüllt in ihre Jacke, frierend. Er musste ihr nicht erzählen, dass er hier auf der Brücke lebt und ganz einsam war, denn das Dollchen sah ihn liebevoll an und überreichte ihm auch noch ihre Mütze, als sie sah, wie er zitterte.

      „Was machst du denn hier?“, fragte der kleine Junge verdutzt.

      „Ich werde das Sternenreich retten, damit der alte Buchbinder wieder glücklich wird“, sagte da das Dollchen nur. Und ohne darüber zu reden, folgte ihr der Junge auf dem weiteren Wege.

      Die zweite Brücke lag nicht weit entfernt. Bevor die Kinder sie erreichen konnten, kam ein älterer Bettler auf die beiden zu. „Nur etwas Geld, ich habe doch sonst nichts zum Leben.“ Da das Dollchen das Leid des Mannes nicht ertragen konnte, packte sie all ihre Goldtaler aus und überreichte ihm diese mit den Worten: „Ich bin auf großer Reise, du brauchst sie mehr als ich.“

      Der Mann war so gerührt von ihr, dass er den Kindern, ohne eine andere Frage zu stellen, folgte. Dem Dollchen könnte schließlich etwas zustoßen und er wollte sie dann schützen können. Zu dritt setzten sie ihre Reise fort.

      Auch die dritte Brücke war kaum ein Hindernis. Nur eine junge Mutter saß am Straßenrand, gerade hatte sie ihr Kind verloren. Als das Dollchen das sah, trennte sie sich kurz von ihren Mitreisenden und ging zu der Frau. „Wir finden das Sternenreich und dann wirst du deine Tochter wiedersehen können, das will ich versprechen“, so sprach das Mädchen zu ihr und obwohl die Frau doch eigentlich in tiefster Trauer war, vertraute sie dem Dollchen und begleitete sie.

      So ging es weiter durch Berge und Täler, durch Menschenmassen und Totenstille. Das Dollchen, der kleine Junge, der alte Bettler und die junge Mutter, alle waren sie noch mit dabei. Langsam gingen ihnen die Kräfte aus und als sie endlich die vierte Brücke erreichten, legten sie eine lange Pause ein.

      Während sie schliefen, kam eine Räuberbande, die ihnen alles nahm, was sie noch besaßen. Wieder erwacht, war die Trauer riesig und man konnte ihre Wut noch bis ins nächste Dorf brodeln hören. Das Dollchen aber setzte sich in ihrem zerfetzten Unterhemd auf und begann zu reden. Sie erzählte eine Geschichte, welche der Buchbinder sie einmal gelehrt hatte. Danach standen sie alle auf und gingen weiter. Niemand stellte eine Frage und keiner hatte nun mehr Bedenken.

      Über die Hälfte des Weges war geschafft und nun lagen noch drei weitere Brücken vor ihnen. Als sie die fünfte Brücke fast überschritten hatten, schrie die junge Mutter auf. Eine unsichtbare Wand trennte sie vom Rest. Für alle anderen unsichtbar, konnte die Frau als Einzige nicht hindurchschreiten. Sie musste bitterlich weinen, als sie verstand, dass es für sie ab hier nicht weiterging. Und weil das Dollchen nichts mehr hatte, was die Frau hätte trösten können, versprach sie ihr, zurückzukommen. Mit Schmerz im Herzen gingen sie weiter. Um ihr Leid wegzuwünschen, sah das Dollchen zu dem kleinen leuchtenden Punkt am Himmel, welcher sie immer noch verfolgte. Die anderen beiden konnten den Stern nicht sehen, ihre Herzen waren zu verschlossen. Und außerdem galt er sowieso nur dem Mädchen.

      Die Leute, an denen sie vorbeikamen, schauten sie mit Abscheu an. Sie sahen ja auch aus wie Lumpenpack. Alle nur leicht bekleidet und sehr abgemagert. Die Haare nicht gekämmt und die Zähne nicht geputzt. Wie auch?

      Die sechste Brücke war nur schwer zu erreichen. Ausgehungert kamen sie am sechsten Abend endlich an. Die Nacht brachte in der Gegend, wo sie sich nun befanden, eine solche Finsternis mit sich, dass man sich untereinander nicht mehr erkennen konnte. Auf halber Brücke hören die Kinder eine Stimme.

      „Ich kann nicht weiter, ich stecke fest. Geht und bringt der Welt Segen“, sagte der alte Mann.

      Kurz darauf hörte man drei Münzen auf den Boden fallen und als das Dollchen danach suchte, waren es die Taler, welche sie ihm gegeben hatte. „Für euer Glück“, so rief der Bettler und somit hatte er in dieser Nacht mehr gesprochen als in den letzten zwölf Jahren seiner Einsamkeit. Etwas traurig, jedoch nicht hoffnungslos gingen die Kinder weiter und als die völlige Finsternis etwas verschwand, bekam nun auch das Dollchen Sorge. Sie war nicht dumm und wusste, was die letzte Brücke von ihr verlangen würde. Doch um den Jungen nicht zu entmutigen, behielt sie es für sich.

      Wie erwartet, brachte die siebte Brücke viel Schmerz mit sich. Das Dollchen ergriff die Hand des kleinen Buben und als beide die Mitte erreicht hatten, wurden sie getrennt. Der Junge verstand nicht und begann zu weinen. Immer wieder schmiss er sich gegen die unsichtbare Wand, wollte sie durchbrechen, so lieb hatte er das Dollchen in der kurzen Zeit gewonnen. Sie pflückte eine Blume auf ihrer Seite und überreichte sie ihm zum Dank für alles.

      „Wenn ich die Aufgabe des Buchbinders erfüllt habe, werde ich dich wiederfinden.“ Und so vertraute der Junge ihr und blieb zurück. Dies war der schmerzhafteste Abschied für das Mädchen.

      Dollchens Bedenken, wie es weitergehen sollte, verflogen schnell. Denn als sie die letzte Brücke überquert hatte, kam das kleine Leuchten vom Himmel hinunter und führte sie.

      Nach einem langen Fußmarsch hatte sie ihr Ziel endlich erreicht. Der siebte Tag war noch nicht ganz vergangen und die Welt war noch recht gut zu erkennen. Vor ihr lagen drei große Steine. Nein, sie waren nicht groß, sondern riesig. Fragend sah das Dollchen ihr Licht an und hoffte, es würde ihr den weiteren Weg weisen. Der klitzekleine Stern jedoch schwebte wieder zum Himmel hinauf, denn sie war schon längst angekommen.

      „Wo sind die Sterne?“, so rief sie in die Stille hinein, wusste jedoch selbst nicht, was Sterne sind. Niemand antwortete. Sie ging zu den drei Steinen und ließ sich enttäuscht auf den Boden sinken, so niedergeschlagen war sie.

      „All das war nur ein Reinfall? Die Sterne gibt es nicht und der Buchbinder erzählte mir Unsinn? Wo bin ich hier? Wie kam ich hierher? Abgemagert und nackt, doch erreicht habe ich nichts?“ Und kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, so verschwand ihr kleiner Begleiter am Himmel und es wurde dunkel, denn sie hatte ihren Glauben verloren und war nun wie alle anderen auch.

      Sie wollte nichts mehr. Nicht essen, nicht schlafen, nicht bleiben, doch erst recht nicht gehen. Sie wollte überhaupt nichts mehr. Die ganze Nacht über weinte sie so bitterlich, dass selbst die Kinder in ihrem alten Waisenhaus glaubten, es zu hören. Plötzlich war da eine Stimme, die zu ihr sprach, und so unterbrach sie ihr Schluchzen.

      Kind! So bin ich doch hier,

      denn du hast mich gefunden.

      Nun bleibe ich bei dir.

      War jahrelang verschwunden …

      Es war die Stimme ihres lieblichen Vaters, noch nie zuvor hatte sie diese gehört und doch wusste sie, dass es seine ist. Der Stern am Himmel fand sein kleines Leuchten wieder. Und erneut hörte man:

      Mein liebes Kind!

      Gutmütig zu jedermann,

      so stolz bin ich auf dich.

      Drum Sterne fangt zu Leuchten an!

      Der König rechtmäßig – bin ich!

      Ein strahlendes Leuchten erhellte die Dunkelheit. Heller als alles, was das Mädchen sich je hätte denken können. Die Steine hinter ihr, die doch in Wahrheit tote Sterne waren, begannen sich zu bewegen. Es war, als hätte jemand den Himmel neu geformt. Tausend Lichter erschienen in der finsteren Nacht und das Königreich der Sterne konnte wieder neu wachsen. Das Dollchen löste sich auf, doch sie starb nicht, sondern zog zu ihrem rechtmäßigen Vater ins Sternenreich, wo sie als Sternenprinzessin noch lange regieren sollte.

      Als am nächsten Tage die Leute erwachten, so war die Welt voll Licht erfüllt. Das erste Mal seit Tausenden von Jahren hörte man die Menschen wieder lachen, man sah die Kinder wieder träumen und Wünsche konnten

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