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eines historischen Prozesses, der sich blind aber dynamisch in die Zukunft entwirft. Insofern stehen selbst diese von Marx hinterlassenen gewaltigen Ruinen mit ihrem strengen Formbegriff – dem der Wertformen – quer zu allen Vorstellung einer „postmodernen“ Geschichtsauffassung, der Geschichte zu einer „riesigen formlosen Masse“ geworden ist, durch die sich jeder Historiker gleichsam „privat“ hindurchgraben kann.20 Mit anderen Worten: Man wird den Weltmarkt und seine das Einzelne allegorisierende Macht nicht dadurch los, dass man sich beleidigt von ihm abwendet. Vor diesem Hintergrund ist nach dem kritischen Umgang mit aller – wie Lukács es einmal genannt hat – „geschichtsphilosophischen Zeichendeuterei“ zu fragen.21

       IV. Geschichtsphilosophie und Kulturgeschichte

      Nun bin ich kein „Geschichtsphilosoph“; ich betreibe die Aufarbeitung ihrer Einsichten nicht als Selbstzweck. Es geht mir um eine neue, von geschichtsphilosophischen Fragestellungen angeleitete Kulturgeschichte. „Kulturgeschichte“ hat im Rahmen der zünftigen Geschichtswissenschaft nicht unbedingt einen guten Klang; das hängt zusammen mit ihrer Entstehungsgeschichte als Betätigungsfeld für Außenseiter, das hängt auch damit zusammen – Jacob Burckhardt bildet das beste Beispiel dafür – dass sie, bei aller Kritik an Hegel, den Kontakt zur Geschichtsphilosophie nie ganz hat abreißen lassen. Die zünftige Geschichtswissenschaft hingegen hat im Prozess ihrer Professionalisierung im 19. Jahrhundert das Band zwischen sich und der Geschichtsphilosophie zerschnitten. Was auf den ersten Blick wie eine Befreiung aus dem dialektischen Streckbett des Weltgeistes aussieht, musste aber teuer bezahlt werden, denn in der Folge hat sich die Geschichtswissenschaft dem bloß politischen Spektrum bei der Letztverankerung ihrer Fragestellungen ausgeliefert. Sie ist sozusagen vom Niveau des Weltgeistes auf das Niveau der Volksgeister hinabgestiegen – und sie hat es gerne getan. Fragen nach der Verlaufsform der Geschichte als Ganzer wurden als unwissenschaftlich ausgeschieden und damit auch die Einsicht in das Unterworfensein unter den nicht-machbaren Prozess. Ganz im Gegenteil: Das vermeintliche historische Machen-Können auf dem politischen Felde beherrschte das deutsche Denken im Zeitalter des Werdens des Nationalstaates – und die Historiker machten begeistert mit.

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