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Empathie und Mitgefühl, sondern auch eine Einladung zu einem offenen, fürsorglichen, mutigen und zugewandten Leben.

      Ich empfehle dieses Buch von ganzem Herzen allen Menschen, die einen Verlust erlitten haben, Fachleuten für psychische Gesundheit und spirituell Suchenden, Studierenden und Lehrkräften in den Geisteswissenschaften und ganz normalen Menschen, die sich nach einem lebendigeren, erfüllteren Leben sehnen. Nach der Lektüre dieses wunderbaren Buches werden Sie nicht nur besser mit Ihrer eigenen Trauer und dem Kummer anderer Menschen umgehen können, sondern auch weiser leben und lieben.

      Dr. Jeffrey B. Rubin ist Autor von „Psychotherapy and Buddhism: Toward an Integration“ und „The Art of Flourishing: A New East-West Approach to Staying Sane and Finding Love in an Insane World“.

      Prolog

      Das Vergessenwollen verlängert das Exil – und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. Jüdisches Sprichwort, 1985 von Richard von Weizsäcker bei seiner Rede vor dem Bundestag zitiert

      I.

      Es gibt einen Ort, einen unantastbaren Ort in den tiefsten Winkeln meines Herzens, wo ihr Name eingebrannt, eingehämmert, eingemeißelt ist.

      Es war ein warmer Sommertag, als ich meine Tochter Cheyenne zu Grabe trug, die noch ein Baby war. Ich sah zu, wie Männer in grauen Anzügen weiche Erde auf den kleinen, mit rosafarbenem Satin ausgeschlagenen Sarg schaufelten, der ihren eingewickelten Leichnam enthielt. Es war eine kleine Trauerfeier; nur wenige hatten sie gekannt.

      Keine jungen Freunde waren da, um sich von ihr zu verabschieden und ihren frühen Tod zu beklagen. Keine Lehrer, um ihre Gutherzigkeit zu preisen. Keine frühere Nachbarin, um zu sagen, wie sehr sie ihr Lächeln vermissen würde. Nur ich war da, so fühlte es sich zumindest an, und meine Brüste, die im angestauten Widerspruch zu ihrem plötzlichen Tod brannten.

      Nur wenige Stunden zuvor hatte ich den Sargdeckel eigenhändig geschlossen. Es gibt keine Worte für diesen körperlichen, emotionalen und existenziellen Verlust – außer, dass ich an jenem Tag mit ihr starb.

      Ich hatte mir das nicht gewünscht.

      Ich hatte es nicht gewollt.

      Ich hasste alles daran.

      Ich weiß noch, dass ich mich fragte, wie sich die Welt nach dieser Tragödie überhaupt weiterdrehen konnte. Ich wollte die Autos anbrüllen, die am Friedhof vorbeifuhren. Ich wollte die Vögel in den Bäumen anschreien, die Schatten auf ihren Grabstein warfen. Ich wollte, dass das Gras aufhörte zu wachsen und die Wolken aufhörten vorüberzuziehen und die anderen Kinder, die dort begraben wurden, aufhörten zu sterben.

      Während die Stunden zu Tagen wurden und die Tage zu Wochen, wurde meine Trauer immer stärker und erfasste bald alle Ebenen meines Seins. Es fühlte sich an, als würde ich körperlich sterben, jeden Tag aufs Neue, sobald ich die Augen öffnete – in den seltenen Fällen, in denen ich überhaupt Schlaf gefunden hatte. Das Atmen tat mir weh und von Kopf bis Fuß breitete sich ein allumfassender Schmerz in mir aus.

      Tief in der Nacht strich ich wie ein gefangenes Wildtier durch die Flure, auf der Suche nach meinem Baby.

      Ihr Körper war nicht mehr da, aber alles in mir war evolutionär darauf programmiert, bei ihr zu sein, ihr die Brust zu geben, sie zu besänftigen, ihre Haut zu berühren. Die Sehnsuchtsanfälle waren unstillbar, machten mich verrückt und viele Male bezweifelte ich, überhaupt noch bei Sinnen zu sein. Was ich nicht wusste, war, dass ich mich gerade veränderte, eine qualvolle Verwandlung durchmachte – das Wissen darum hätte meinen Schmerz allerdings nicht im Geringsten gelindert.

      Und bis zum heutigen Tag würde ich all das mit Freuden wieder eintauschen, um sie hier bei mir zu haben …

      Wenn ein geliebter Mensch stirbt, kann das Leben für uns unerträglich werden.

      Und doch werden wir – vom Leben, vom Tod – aufgefordert, es zu ertragen, das Nichterleidbare zu erleiden, das Unaushaltbare auszuhalten. Das Unerträgliche annehmen ist ein Ausdruck meines Herzens und mein Lebenswerk – aufreibend und furchtbar, erfüllend und zutiefst lebendig.

      Dieses Buch wird Ihnen keine seelische Umgehungsstraße anbieten; es wird nicht dazu führen, dass Sie sich nicht mit dem Trauerschmerz auseinandersetzen müssen, und das soll es auch nicht. Wenn wir zutiefst lieben, trauern wir zutiefst; außergewöhnliche Trauer ist ein Ausdruck außergewöhnlicher Liebe. Trauer und Liebe spiegeln einander; das eine ist ohne das andere nicht möglich.

      Was dieses Buch aber hoffentlich tun wird, ist, Ihnen einen sicheren Raum zu eröffnen, damit Sie fühlen und bei Ihrem zu Recht gebrochenen Herzen sein können. Es ist eine Einladung, den qualvollen Schmerz auszuhalten, in der tiefen Nacht der trauernden Seele zu verweilen und bewusst bei dem zu sein, was ist – so schwierig und schmerzvoll es auch ist.

      Das englische Wort bereave leitet sich von dem altenglischen Wort befearfian ab, das „entziehen, wegnehmen, berauben“ bedeutet. Wenn der Tod uns unserer Lieben beraubt, dann hallt unsere Trauer, unser Verlust durch die Zeit. Wir trauern um die Momente von morgen und die Momente des kommenden Monats und Jahres, wir trauern bei Abschlussfeiern und Hochzeiten, bei Geburten und darauffolgenden Todesfällen. Trauer besteht aus zahllosen Einzelteilen, zahllosen Momenten, die alle für sich betrauert werden können. Und durch sie alle wissen wir immer zutiefst, dass jemand fehlt, dass es einen Ort in unserem Herzen gibt, der niemals wieder ausgefüllt werden kann.

      Mit dem Tod eines geliebten Menschen verschwindet auch die Person, die wir einst waren, und wir werden zu einer irgendwie abweichenden Form unserer selbst, die auf eine fremde Art und Weise in der Welt ist. Wir wollten das nicht, es war so nicht geplant, so sollte es nicht sein – und doch ist es jetzt so, auch wenn unser Herz immer wieder wispert: „Nein, nein, nein.“ Da sind wir nun, fühlen uns wie ausgestoßen, mit dem Gesicht am Boden, auf blutigen Knien oder mit ausgestreckten, um Hilfe flehenden Armen.

      Der Tod fühlt sich brutal an und in gewissem Maße ist er das auch – aber Trauer muss deshalb nicht verteufelt werden.

      Wir mögen es niemals akzeptieren, dass unser Kind, Elternteil, Lebenspartner, Enkel, Freund oder Geliebter gestorben ist, aber wir können lernen zu akzeptieren, wie wir uns mit diesem Verlust fühlen, wo in uns der Schmerz am stärksten ist, wie er beschaffen ist, wie sein Grundtenor ist und wie tief er geht. Und mit der Zeit kann die Trauer sich dann von einem gefürchteten, unerwünschten Eindringling in etwas Vertrauteres und weniger Furchterregendes verwandeln – in einen Begleiter vielleicht.

      Machen wir uns nichts vor: Jemanden zu verlieren, den wir lieben, verändert uns zutiefst, unausweichlich und für immer, und der Schmerz ist jenseits aller Vorstellungskraft. Der Psychologe Rollo May schrieb: „Man kann nicht vollkommen menschlich werden ohne schmerzlichste Erfahrungen.“ Erst wenn wir, oft unter Schmerzen, in unseren Gefühlen leben, können wir vollkommen menschlich werden. Durch Trauer können wir eine alchemistische Verwandlung erfahren, die niemand anderes erdenken, beschleunigen oder bewirken kann.

      Ganz in der Trauer zu leben bedeutet, die Widersprüchlichkeiten des großen Mysteriums in uns zu tragen, dass ein Verlust uns vernichtet, uns aber auch ganz werden lässt. Trauer macht uns leer, aber wir sind voller Gefühle. Angst lähmt uns, aber wir machen anderen Mut. Wir betrauern die Abwesenheit unserer geliebten Menschen, aber beschwören sie uns herbei. Wir hören auf zu sein, wie wir einst waren, aber werden menschlicher. Wir kennen die dunkelste aller Nächte, können aber so das Licht unserer geliebten Menschen in die Welt tragen.

      Wir sind das Paradoxon.

      Wir sind die, die das Unerträgliche ertragen.

      II.

      Herzstück dieses Buches ist der Tod meiner Tochter, aber mit dem Schreiben begann ich auf einer sechswöchigen Vortragsreise an der Ostküste der USA. Meine Erfahrungen auf dieser Reise, vor allem auf der langen Zugfahrt zurück, zeigten mir einmal mehr, wie wichtig und wirksam es ist, sich mit seiner Trauer auseinanderzusetzen.

      Meine Reise hatte mich zunächst nach Richmond, Virginia,

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