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Hat China schon gewonnen?. Kishore Mahbubani
Читать онлайн.Название Hat China schon gewonnen?
Год выпуска 0
isbn 9783864707742
Автор произведения Kishore Mahbubani
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Издательство Bookwire
Einst stritten sich Sonne und Wind darüber, wer von ihnen beiden der Stärkere sei. Und man ward sich einig: Derjenige solle dafür gelten, der einen Wanderer, den sie eben vor sich sahen, am ehesten nötigen würde, seinen Mantel abzulegen.
Sogleich begann der Wind zu stürmen; Regen und Hagelschauer unterstützten ihn. Der arme Wanderer jammerte und zagte; aber auch immer fester und fester wickelte er sich in seinen Mantel ein und setzte seinen Weg fort, so gut er konnte.
Jetzt kam die Reihe an die Sonne. Senkrecht und kraftvoll ließ sie ihre Strahlen herabfallen. Himmel und Erde wurden heiter; die Lüfte erwärmten sich. Der Wanderer vermochte nicht länger den Mantel auf seinen Schultern zu erdulden. Er warf ihn ab und erquickte sich im Schatten eines Baumes, indes die Sonne sich ihres Sieges erfreute.
Zehnmal sicherer wirken Milde und Freundlichkeit als Ungestüm und Strenge.33
Selbstverständlich wird die chinesische Regierung dem Volk ausführlich erläutern müssen, warum China seine Grenzen für mehr ausländische Unternehmen (inklusive jener aus Amerika) öffnet, wo doch chinesische Unternehmen in ausländischen Märkten verstärkt über Schwierigkeiten berichten, und das insbesondere aus Amerika. Der zentrale Punkt hier: Dem chinesischen Volk muss klar werden, dass es für Chinas strategische Langzeitinteressen vorteilhaft wäre, wenn das Land seine Wirtschaft weiter öffnete, ungeachtet dessen, dass die Regierung Trump höhere Hürden für ausländische Unternehmen aufgeworfen hat, die in Amerika investieren oder dort ihre Produkte verkaufen wollen. Mit der Zeit werden mehr Länder mehr Handel mit China betreiben als mit Amerika und dort mehr investieren als in Amerika. In vielerlei Hinsicht ist das bereits heute der Fall. Die Zahl der Nationen, die stärker Handel mit China als mit Amerika betreiben, liegt bei über 100. Und der Trend wird sich fortsetzen. Chinas Anbindung an die Weltwirtschaft ist zwar im Sinken begriffen, aber ein Bericht von McKinsey vom Juli 2019 wirft ein Schlaglicht darauf, wie die Anbindung der Welt an China spürbar zunimmt, was „Chinas wachsende Bedeutung als Markt, Lieferant und Kapitalgeber widerspiegelt“.34
Betreiben mehr Länder mehr Handel mit China, wird dieser Prozess China unter dem Strich einen großen strategischen Vorteil verschaffen. Viele Vertreter der Regierung Trump glauben offen oder insgeheim, Chinas Wirtschaftswachstum lasse sich am besten verlangsamen, indem man die Volkswirtschaften von China und Amerika Schritt für Schritt voneinander abkoppelt. Doch Bemühungen Amerikas, sich von China abzukoppeln, könnten durchaus dazu führen, dass sich Amerika von der Welt abkoppelt. MIT-Präsident L. Rafael Reif sagte: „Wenn wir als Reaktion auf Chinas Ambitionen nichts weiter unternehmen, als die Tür doppelt zu versperren, werden wir uns nach meinem Dafürhalten in der Mittelmäßigkeit einschließen.“35 Was er damit sagen möchte, sollte China gut nachvollziehen können. Als China sich vor der Welt zurückzog, schloss es sich in der Mittelmäßigkeit ein. Aus diesem Grund sollte China seine „Wir sind das Reich der Mitte“-Philosophie aufgeben und sich stattdessen stärker auf die Welt einlassen.
Ein Umdenken in der Philosophie muss mit praktischen Schritten einhergehen, die ein günstigeres Klima für ausländische Unternehmen in China erschaffen. Die chinesische Regierung könnte entsprechende Direktiven erlassen, aber obwohl China ein gut regiertes Land ist, wäre es ein Fehler, sich einzig auf Erlasse von oberster Stelle zu verlassen. Wichtiger ist, was vor Ort geschieht oder, um einen amerikanischen Ausdruck zu zitieren, dort, „wo der Reifen die Straße berührt“. Der Schlüssel liegt in der Umsetzung.
Was die effektive Umsetzung von Anweisungen zur Steigerung der Investitionen anbelangt, kann China durchaus noch von anderen Ländern lernen. Zum Beispiel könnte es sich einiges bei Singapur abschauen, dessen Economic Development Board (EDB) erfolgreicher als jede andere Behörde weltweit in der Unternehmensförderung ist. Es ist schlichtweg atemberaubend, wie erfolgreich das EDB darin war, Investitionen aus Amerika anzulocken. Singapur ist, was die Fläche anbelangt, der kleinste Staat in Südostasien, und von den 650 Millionen Menschen in Südostasien leben gerade einmal fünf Millionen in Singapur. Dennoch ist es dem Land gelungen, mehr amerikanische Investitionen anzulocken als das restliche Südostasien insgesamt. 2017 betrugen die amerikanischen Direktinvestitionen in Singapur 274,3 Milliarden Dollar.36 Singapurs Außenminister Vivian Balakrishnan sagte: „Das entspricht rund 80 Prozent der insgesamt 328 Milliarden Dollar an amerikanischen ausländischen Direktinvestitionen in ASEAN-Mitgliedstaaten.“37 Amerikanische Firmen haben mehr Geld in Singapur investiert als in größeren Volkswirtschaften wie Australien (169 Milliarden Dollar), Japan (129 Milliarden Dollar), Indien (45 Milliarden Dollar) und Südkorea (41 Milliarden Dollar).38,39,40,41
Dass Singapur amerikanisches Kapital anlockte, geschah aus wirtschaftlichen Zwängen heraus. Bei China ist diese wirtschaftliche Notwendigkeit nicht gegeben. Die Wirtschaft kann auch ohne amerikanische Investitionen gut wachsen. Im Falle Chinas gilt deshalb, dass das Land aus strategischen Notwendigkeiten heraus amerikanische – und überhaupt westliche – Investitionen anlocken sollte. Der strategische Grund besteht darin, im Verhältnis zu Amerika und der westlichen Welt für einen wichtigen stabilisierenden Effekt zu sorgen. Deshalb sollte China es wie Singapur machen und eine zentrale staatliche Anlaufstelle erschaffen, die wie das EDB Investitionen nach China anlockt und Investoren die Arbeit erleichtert. China ist ein gewaltiger Staat und der Umgang mit ausländischen Investitionen bleibt einzelnen Provinzen und Städten überlassen. Das führt zu regionalen Schieflagen beim Umgang mit Investitionen.
Sollte es als strategisch notwendig erachtet werden, amerikanische Investitionen zu generieren, wäre es logisch, dass China auf nationaler Ebene eine Superbehörde ins Leben ruft, die gleiche Chancen für sämtliche ausländischen Investitionen gewährleistet. Dieser Superbehörde sollten klar formulierte Ziele mit auf den Weg gegeben werden und es wäre klug, wenn sich diese Superbehörde bemühte, Investitionen aus so vielen amerikanischen Bundesstaaten einzuwerben wie möglich. Das würde das prochinesische Lager in Amerika auf ein breiteres Fundament stellen. Auch wenn in Washington die chinafeindliche Stimmung hochkocht, sind glücklicherweise viele Gouverneure und gesetzgebende Versammlungen von Einzelstaaten weiterhin an chinesischen Investoren für ihre Staaten und an engeren Verbindungen zu China interessiert. Der Gouverneur von Kentucky, Matt Bevin, beispielsweise sagte im Mai 2017: „In China ist eine gewaltige Menge an Kapital auf der Suche nach einer Anlagemöglichkeit in einem sicheren und verlässlichen Umfeld. Die Vereinigten Staaten bieten diese Möglichkeit. In diesem Land herrscht ein gewaltiges Bedürfnis an Infrastruktur. Die beiden größten und mächtigsten Volkswirtschaften der Welt sind die der Vereinigten Staaten und Chinas. Die Vorstellung, wir würden nicht zusammenarbeiten, wirkt unvorstellbar.“42
Auch der Bundesstaat Washington, die Heimat von Boeing, ist sich bewusst, wie bedeutsam enge Verbindungen zu China sind. In einem Bericht von The Diplomat heißt es: „Mit China als seinem wichtigsten Exportmarkt ist sich der Staat Washington sehr wohl bewusst, wie wichtig sich langfristig strategisch ein gesundes Handelsverhältnis zu China auf Staats-, Bezirks- und Stadtebene auf Washingtons Wirtschaft auswirkt. Washingtons Exporte nach China unterstützten 2015 83.800 Arbeitsplätze und seit 2000 hat der Staat Investitionen aus China in Höhe von 611 Millionen Dollar erhalten.“43
Gegenüber ihren amerikanischen Kollegen haben die Chinesen den Vorteil, dass sie sich das große ganze strategische Bild ansehen können, während sie ihre politischen Entscheidungen treffen. Sollten amerikanische Unternehmen sich wieder dafür begeistern können, mit China Handel zu betreiben und dort zu investieren, würde dies einen politisch wertvollen Puffer erschaffen, der möglicherweise einen schweren Rückschlag im amerikanisch-chinesischen Verhältnis abwenden könnte. Die westlichen Unternehmerschaften zurückzugewinnen ist aber nicht nur für Chinas kurzfristige nationale Interessen von Vorteil, es dient auch den langfristigen nationalen Interessen. Chinas rasches Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahrzehnten wurde vor allem von der Globalisierung begünstigt. In den vergangenen Jahrzehnten war Amerika der Vorreiter der Globalisierung, getragen von einem Zeitgeist, der besagte: Je offener die Welt ist, desto besser wird Amerika dastehen.
Inzwischen jedoch ist