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des Tourismus politische Instrumentalisierung des Tourismus

       Ideologische Zielsetzung der NS-Organisation

      „Alles das, was wir tun, dieses Kraft durch Freude, alles, alles, alles dient nur dem einen, unser Volk stark zu machen, damit wir diese brennendste Frage, dass wir zu wenig Land haben, lösen können. Wir fahren nicht in die Welt hinaus zum Spaße, ich habe nicht einen Reiseverein gegründet, das lehne ich ab (…) nein, damit sie Nerven bekommen, damit sie Kraft haben, dass, wenn der Führer einmal diese letzte Frage lösen wird, dann 80 Millionen in höchster Kraft hintreten vor ihn“ (Robert Ley, der Leiter der NS-Organisation „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) auf einem KdF-Schiff im Sommer 1938).

       Seebad Prora auch als verdeckte Kriegsvorbereitung

      „Die Idee des Seebades ist vom Führer selbst. Er sagte mir eines Tages, dass man nach seiner Meinung ein Riesenseebad bauen müsse, das Gewaltigste und Größte von allem bisher Dagewesenen … Es ist der Wunsch des Führers, dass in der Mitte ein großes Festhaus entsteht … Der Führer gab gleichzeitig an, dass das Bad 20.000 Betten haben müsse. Alles soll so eingerichtet sein, dass man das Ganze im Falle eines Krieges auch als Lazarett verwenden kann“ (Robert Ley 1935).

      Textquelle: Dokumentationszentrum Prora (2010, Mappe C, Q68)

      Während dem sog. „Kalten Kriegs“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der vom Wettstreit zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen System geprägt war, wurden Reisen auch als Erfolgsindikator für die Überlegenheit der jeweiligen Systeme mit angesehen und insbesondere in den sozialistischen Ländern bewusst auch als Instrument zur Belohnung systemtreuer Personen eingesetzt.

      1.2.2 Theoretische Konzepte

      Die Tourismuswissenschaften als relativ junge Disziplinen, die sich aus ihren „Mutter“-Disziplinen heraus entwickelt haben und entwickeln, sind hinsichtlich der analytischen Konzepte einerseits noch stark von den „Mutter“-Disziplinen geprägt und andererseits in einem intensiven Austausch und Wechselspiel untereinander. Dementsprechend werden in der Tourismusforschung auch methodische und konzeptionelle Ansätze aus unterschiedlichen anderen Disziplinen adaptiert und umgesetzt. Vollkommen eigenständige theoretische Konzepte sind bislang in den Tourismuswissenschaften erst begrenzt entwickelt worden.

      Im Folgenden werden exemplarisch einige theoretische Konzepte vorgestellt, die die Grundprinzipien in der tourismusgeographischen Herangehensweise veranschaulichen.

      Der britische Geograph Peter HAGGETT (1983) beginnt seine Einführung in die Geographie mit dem bekannten Kapitel „On the beach“. Am Beispiel eines Strandabschnitts werden ausgehend von den naturräumlichen Grundlagen (feiner Sand, sumpfige Areale) und den Zugangsmöglichkeiten die Verteilung der Menschen in diesem Raumabschnitt und die dafür wirksamen Aspekte entwickelt. Mit der zeitlichen Perspektive auf den Tagesverlauf wird deutlich, dass zunächst günstig gelegene Strandabschnitte belegt werden und erst wenn diese weitgehend gefüllt sind, auch weniger günstig gelegene Abschnitte von den Badegästen aufgesucht werden.

      Die Überlegungen von HAGGETT können ergänzt werden um weitere subjektive Aspekte. So wird ein Liebespaar, das möglichst ungestört sein möchte, sicherlich andere Bereiche des Strandes aufsuchen als z. B. eine Familie mit Kindern, für die die Nähe zum nächsten Eisstand ein mögliches Entscheidungskriterium sein könnte. Aber auch die Frage wo eine zweite Strandbar – möglichst nahe an der ersten, um Agglomerationsvorteile zu nutzen oder möglichst exzentrisch zu dieser – angesiedelt wird, lassen sich anhand dieses simplen Beispiels entwickeln und so die zentralen Paradigmen der (Tourismus-)Geographie aufzeigen: die Analyse der durch das Handeln der Menschen im Raum entstehenden räumlichen Muster, die Beeinflussung des Handelns durch Rahmenbedingungen, und die Gestaltung der Rahmenbedingungen. Gleichzeitig wird deutlich, dass der Blickwinkel auf das Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage ausgerichtet ist.

      1.2.2.1 Standort-/Destinationsbezogene Konzepte

      Stellvertretend für auf die Standorte bzw. die Destinationen bezogene Konzepte werden in diesem Abschnitt drei Ansätze vorgestellt:

      1 Die Theorie der Zentralen OrteTheorie der Zentralen Orte von CHRISTALLER als Beispiel für die Verteilung von Angebotsstandorten.

      2 Das Polarization ReversalPolarization Reversal-Konzept als Beispiel für die geplante Intervention in Raumstrukturen.

      3 Der DestinationslebenszyklusDestinationslebenszyklus von BUTLER als Beispiel für die Adaption grundlegender ökonomischer Ansätze in der Tourismusgeographie.

      Theorie der Zentralen Orte von Christaller

      Theorie der Zentralen OrteDieZentrale Orte (Theorie) ursprüngliche Zielsetzung der Arbeit von Walter CHRISTALLER (1933/1968) war, eine systematische Erklärung für die unterschiedlichen Größen von Städten zu finden. Als zentrale Schlüsselgröße identifizierte er die Verteilung von Dienstleistungen. Für die Nachfrage nach Dienstleistungen sah er den Raumüberwindungsaufwand (aufgefasst als Zeit-Kosten-Mühe-Relation) als zentrale Größe an. Je weiter entfernt ein Angebot von den potentiellen Nachfragern ist, desto weniger häufig wird dieses nachgefragt (vgl. Abb. 4).

      Abb. 4:

      Idealschema einer NachfragekurveNachfragekurve (Quelle: eigener Entwurf)

      Die Bereitschaft zur Raumüberwindung hängt dabei auch von der Wertigkeit der nachgefragten Dienstleistungen ab. Für eine des Öfteren nachgefragte Leistung, wie z. B. den Besuch eines Freibades oder eine Wanderung am Wochenende ist die Distanzüberwindungsbereitschaft geringer als z. B. für den Besuch einer Wellness-Therme oder eine mehrwöchige Trekking-Tour. Gleichzeitig gibt es Dienstleitungen, die von breiten Teilen einer Bevölkerung nachgefragt werden (z. B. Kinovorführung), und solche, die nur von Wenigen nachgefragt werden (z. B. Ballettaufführung). Grundprämisse von CHRISTALLER ist, dass sich Angebote so im Raum verteilen, dass möglichst wenig Konkurrenz besteht. Aus der Nachfragekurve (vgl. Abb. 4) ergeben sich kreisförmige Einzugsbereiche. Damit keine unterversorgten Gebiete von nebeneinander liegenden kreisförmigen Einzugsbereichen zurückbleiben, wird von CHRISTALLER ein hexagonales Wabenschema als sowohl Anbieter als auch Nachfrager zufrieden stellendes Verteilungsmuster von Einzugsbereichen entwickelt (vgl. Abb. 5).

      Abb. 5:

      Idealschema des Systems der Zentralen Orte (Quelle: eigener Entwurf nach CHRISTALLER 1968)

      Unmittelbar einsichtig ist bei diesem Konzept auch, dass die technische Entwicklung von Verkehrsmitteln und deren Verfügbarkeit einen direkten Einfluss auf die Nachfrageorientierung besitzt. Jede technische Innovation, von der Eisenbahn über den privaten Pkw bis hin zum Flugzeug hat die Reichweite für Freizeitaktivitäten erhöht. Mit der weiten Verbreitung von privaten Pkws wurden die Aktionsradien genauso erweitert wie durch die Preisreduzierungen im Luftverkehr durch die sog. Low Cost Carrier (vgl. Kap. 3.1.3) in den 1990er Jahren. Der Einzugsbereich eines (freizeit-)touristischen Angebots ist damit keine feste kilometrische Größe sondern hängt auch von der für die Raumüberwindung aufzuwendenden Zeit, der damit verbundenen Mühe und den aufzubringenden Kosten ab. Als Faustformel wird z. B. bei Angeboten für Tagesausflüge davon ausgegangen, dass das Einzugsgebiet sich auf den Quellraum erstreckt, von dem aus das Angebot (z. B. ein Freizeitpark) innerhalb von zwei Stunden zu erreichen ist. Während vor der Verfügbarkeit von motorisierten Verkehrsmitteln für einen Tagesausflug nur wenige Kilometer zurückgelegt worden sind, ist es mit den Low Cost Carriern prinzipiell möglich für einen Tagesausflug auch nach Mallorca oder in eine der europäischen Metropolen zu fliegen.

      Das ursprünglich als reines Analysekonzept entwickelte Zentrale Orte-Schema wurde seit den 1970er Jahren dann auch normativ gewendet und intensiv in der räumlichen Planung eingesetzt. Insbesondere im Bereich der Freizeitstättenplanung wurde von der öffentlichen Hand das Prinzip

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