Скачать книгу

Traditionen finden: Wahrheit (des gegenwärtigen Augenblicks), Liebe und Gewahrsein. Jedes dieser Tore öffnet uns unmittelbar für Heilung und spirituelle Freiheit. Diese Tore enthalten die Schlüssel zur Überwindung weit verbreiteter Schwierigkeiten wie zwanghaftes Denken, begrenzende Überzeugungen und traumatische Ängste. Mit ihrer Hilfe können wir uns tiefer mit Selbstmitgefühl verbinden und mehr Intimität in Beziehungen erleben. Sie sind auch der Schlüssel zu Frieden und Glück und dazu, uns in unserem Leben zu Hause zu fühlen.

      An jenem Tag in Cape Cod wusste ich nicht, ob ich angesichts einer Zukunft voller Schmerzen und körperlicher Einschränkungen je wieder meines Lebens froh werden könnte. Während ich weinte, setzte sich Cheylah, einer unserer Pudel, neben mich und stupste mich besorgt an. Cheylahs Gegenwart tröstete mich und verband mich wieder mit dem Hier und Jetzt. Nachdem ich sie eine Weile gestreichelt hatte, erhob ich mich, um mit ihr ein Stück spazieren zu gehen. Ich überließ ihr die Führung, und wir schlenderten einen bequemen Fußweg entlang, von dem aus man die Bucht überschauen konnte. Das Weinen hatte mich ruhig und offen gemacht. Mein Herz umfasste alles – die Beschwerden in meinen Knien, die Weite des glitzernden Wassers, Cheylah, meine unbekannte Zukunft, das Schreien der Möwen. Nichts fehlte, nichts war falsch. In diesen Momenten wahrer Zuflucht erahnte ich eines der größten Geschenke des buddhistischen Wegs: die Fähigkeit, »grundlos glücklich« zu sein; das Leben zu lieben, wie es ist.

      Wenn Sie sich zu diesem Buch hingezogen fühlen, haben Sie sich einem Weg wahrer Zuflucht bereits geöffnet. Vielleicht haben Sie gegen sich angekämpft und sehnen sich danach, freundlicher mit sich selbst umzugehen. Vielleicht ringen Sie mit einer Abhängigkeit und sehnen sich danach, ein Leben ohne Zwang und Scham zu führen. Vielleicht sind Sie mit einem Verlust konfrontiert worden – einer Arbeitsstelle, eines lieben Menschen, Ihrer Gesundheit – und fragen sich, ob sich Ihr Herz je wieder davon erholen wird. Vielleicht belastet Sie die ungeheure Menge an Leiden in unserer Welt, und Sie suchen nach einem Weg, zu dessen Heilung beizutragen. Wie schwierig die Situation auch immer ist – der Weg der Zuflucht in eine heilsame und befreiende Präsenz steht immer offen.

      Das Verfassen dieses Buches war eine Entdeckungsreise. Jeden Tag lernte ich aus meinen eigenen Erfahrungen und aus den Erfahrungen der Menschen in meiner Umgebung. Mögen Ihnen diese Lehren und Übungen während unseres gemeinsamen spirituellen Weges als Gefährten dienen und Ihnen Zuversicht schenken.

       Teil I

       Unsere Suche nach Zuflucht

       1

       Winde der Heimkehr

      Ach, nicht getrennt sein,

      nicht durch so wenig Wandung

      ausgeschlossen vom Sternen-Maß.

      Innres, was ist’s?

      Wenn nicht gesteigerter Himmel,

      durchworfen mit Vögeln und tief

      von Winden der Heimkehr.

      Rainer Maria Rilke

      Am Ende eines eintägigen Meditationsseminars nahm mich Pam, eine Frau Ende sechzig, beiseite. Pam und ihr Mann Jerry befanden sich am Ende eines schweren Weges, der drei Jahre zuvor begonnen hatte. Nun stand Jerry kurz davor, an seinem Lymphom zu sterben. Er hatte Pam gebeten, ihn durch diese letzte Phase seines Lebens zu begleiten.

      »Tara«, flehte sie, »ich brauche dringend Hilfe.« Pam versuchte verzweifelt, alles Menschenmögliche für ihren Mann zu tun. »Ich möchte ihn so gerne retten«, erklärte sie mir. »Ich habe mich mit Ayurveda, chinesischer Medizin, Kräuterheilkunde und jeder alternativen Therapiemethode beschäftigt, die ich finden konnte. Ich habe alle Studien durchforstet …, ich war mir sicher, wir kriegen das hin.« Sie lehnte sich erschöpft zurück und ließ ihre Schultern hängen. »Und jetzt bleibt mir kaum mehr, als alle auf dem Laufenden zu halten und die Pflegekräfte zu koordinieren. Wenn er nicht schläft, versuche ich, es ihm angenehm zu machen, ihm vorzulesen …«

      »Das klingt, als hättest du alles in deiner Kraft Stehende getan, um gut für Jerry zu sorgen«, antwortete ich mit mitfühlender Stimme. »Und warst damit sehr beschäftigt.«

      Bei diesen Worten lächelte sie mir bestätigend zu. »Ja, sehr beschäftigt. Klingt verrückt, oder?« Sie hielt einen Moment inne. »So lange, wie ich mich erinnern kann, bin ich immer sehr beschäftigt gewesen, sogar jetzt, aber ich kann mich nicht einfach zurücklehnen und ihn kampflos gehen lassen.« Pam schwieg ein Weilchen, dann sah sie mich ängstlich an. »Er könnte jetzt jeden Tag sterben, Tara. Gibt es nicht irgendeine buddhistische Praxis, die ich lernen sollte? Oder etwas, was ich lesen sollte? Vielleicht das Tibetische Totenbuch? Wie kann ich ihm bei diesem … Sterben … helfen?«

      Bevor ich versuchte, ihr zu antworten, bat ich sie, nach innen zu lauschen und mir zu sagen, was sie fühlt.

      »Ich liebe ihn so sehr und habe solche Angst, ihn im Stich zu lassen.« Sie begann zu weinen. Nach einer Weile sprach sie weiter: »Mein ganzes Leben lang habe ich gefürchtet, nicht zu genügen. Ich glaube, ich habe immer so geschuftet, um es besser zu machen. Und jetzt fürchte ich, da zu versagen, wo es am meisten darauf ankommt. Er wird sterben, und ich werde mich total einsam fühlen, weil ich ihn im Stich gelassen habe.«

      »Pam«, erwiderte ich sanft, »du hast schon so viel getan, doch die Zeit für all die Aktivität ist jetzt vorbei. Du brauchst zu diesem Zeitpunkt nichts mehr in Gang zu setzen, du brauchst jetzt gar nichts mehr zu tun.« Ich wartete einen Moment und fügte dann hinzu: »Es geht darum, einfach bei ihm zu sein. Vermittle ihm deine Liebe durch deine volle Präsenz.«

      In dieser schweren Situation bezog ich mich auf eine einfache Lehre, die in meiner Arbeit mit meinen Meditationsschülern und Therapieklienten eine zentrale Rolle spielt: Wenn wir liebevolle Präsenz als unsere eigentliche Essenz erkennen, wenn wir diese Essenz sind, entdecken wir wahre Freiheit. Angesichts eines unausweichlichen Verlustes kann diese zeitlose Gegenwärtigkeit unserem eigenen Herzen und dem Herzen anderer Heilung und Frieden bringen.

      Pam nickte. Jerry und sie seien Katholiken, erklärte sie mir, und die Achtsamkeitsübungen aus meinen wöchentlichen Kursen hätten ihnen zu einer tieferen Erfahrung ihres Glaubens verholfen. Doch die dramatische Verschlechterung von Jerrys Zustand überwältigte Pam. »Ich weiß, dass die Hospiz- und Pflegekräfte alles tun, um zu helfen, aber ich finde einfach, all dies sollte nicht so sein – so viel Erschöpfung, so viel Schmerz. Niemand sollte so etwas durchmachen müssen. Es ist einfach verkehrt.« Wie so viele Menschen empfand auch Pam Krankheit als ungerecht, als einen Feind, dem es zu widerstehen gilt. Sie war mit Dukkha konfrontiert, dem Leiden, das mit dem Leben einhergeht.

      »In diesen besonders schwierigen Momenten könntest du innehalten und dir bewusst machen, was du fühlst – die Angst, den Ärger oder den Kummer«, schlug ich ihr vor. »Und dann könntest du dir innerlich zuflüstern: ›Ich stimme zu.‹« Ich hatte diesen Satz kürzlich von Pater Thomas Keating gehört und dachte, als Katholikin könnte Pam damit vielleicht etwas anfangen. Wenn wir »Ich stimme zu« sagen – oder einfach »Ja«, wie ich meistens lehre –, entspannt sich unser Widerstand gegen den gegenwärtigen Augenblick, und wir können den Herausforderungen des Lebens mit einem offeneren Herzen begegnen.

      Pam nickte, aber sie wirkte immer noch besorgt. »Ich möchte das gerne tun, Tara, aber wenn ich aufgeregt bin, wird mein Denken immer schneller. Ich fange an, mit mir selbst zu reden, mit ihm zu reden – wie kann ich mich daran erinnern, innezuhalten?«

      Das ist eine gute Frage, und ich höre sie oft. »Du wirst es höchstwahrscheinlich immer mal wieder vergessen«, antwortete ich, »das ist ganz normal. Alles, was du tun kannst, ist, getreulich an der Absicht festzuhalten, innezuhalten, zu spüren, was gerade vor sich geht, und es so sein zu lassen.«

      Pams Gesicht wurde weicher, als sie verstand. »Das kann ich. Ich kann von ganzem Herzen beabsichtigen, für Jerry da zu sein.«

      Unser Ruf um Hilfe

      »Alle

Скачать книгу