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in Idaho erlebt hatte? Oder durchdrang diese unsichtbare Lebendigkeit sogar die harsche Welt der Politik in Washington? Wie wichtig konnte etwas sein, das kaum greifbar und zugleich so reich an gefühlter Erfahrung war?

      Nach zwei Jahren in Washington war ich von der Machtpolitik desillusioniert und wollte etwas ganz Neues machen. Ich zog mit meiner Familie in die Bucht von San Francisco und fing an, mit einem kleinen Team aus erfahrenen Forschern in der »Futures Group« von SRI International, einer der größten Denkfabriken der Welt, zusammenzuarbeiten. Für die nächsten fünf Jahre untersuchten wir die langfristige Zukunft von Regierungsbehörden und Unternehmen. In dieser Zeit schrieb ich zusammen mit einem kleinen Team, zu dem auch der berühmte wissenschaftliche Forscher Joseph Campbell gehörte, das Buch Changing Images of Man (Die Kraft der Mythen: Bilder der Seele im Leben des Menschen, Artemis, 1994). Wir erforschten archetypische Bilder, die die Familie der Menschheit wie Lichtstrahlen in die Zukunft weisen. Ein zweites Projekt umfasste eine einjährige Studie zu den globalen Zukunftsproblemen des wissenschaftlichen Präsidentschaftsrats. In einem weiteren Projekt für die amerikanische Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency) blickten wir fünfundzwanzig Jahre weiter und projizierten eine Reihe alternativer Szenarien und ihrer jeweiligen Bedeutungen für die Umweltschutzpolitik der USA. All diese Forschungen machten mir deutlich bewusst, dass unsere Welt auf ein Zeitalter profunder Veränderungen unserer irdischen Lebensweise und wie wir das Universum, uns selbst und die Reise der Menschheit sehen, zusteuert.

      Während ich an der Erforschung der langfristigen Zukunft arbeitete, beschäftigte ich mich gleichzeitig mit einer intensiven Meditationspraktik, die im tibetanischen Buddhismus verwurzelt ist. Dann wollte es das Schicksal, dass ich als Forschungsobjekt für die früheste Seelenforschung am SRI ausgewählt wurde, die im Auftrag der National Aeronautics and Space Administration (Raumfahrtbehörde) durchgeführt wurde. Diese wissenschaftlichen Experimente ermöglichten es mir, über einen Zeitraum von fast drei Jahren die Grundsatzfrage zu untersuchen, die hier erhoben wird: Ist das Universum ein lebendes System? Die Kombination von intensiver Meditation und gleichermaßen intensiven Laborexperimenten gab mir eine ungewöhnliche Lernchance. Dieses Buch basiert auf der Sicherheit, die ich in diesen Jahren der inneren und äußeren Forschungen gewonnen habe.

      Die Untersuchungen des SRI zur globalen Zukunft ergaben eindeutig, dass die Welt schon bald unerbittliche Grenzen der jetzigen Wachstumsstufen und -muster erleben wird. Da ich das sah, wollte ich mehr tun, als nur auf der Wartebank der Geschichte zu sitzen und zuzusehen. So verließ ich SRI, um mich für kreative Veränderungen einzusetzen und zu meditieren.

      Mein Meditieren erfolgte in Form eines halben Jahres der nach innen gerichteten Reflexion und des Nachdenkens in meiner Hütte. Der Höhepunkt war eine transformierende Erfahrung, die seitdem mein ganzes Leben beeinflusst hat (wie in meinem Buch Awakening Earth, Anhang II beschrieben). Die Einsichten, die ich in dem halben Jahr des Meditierens gewonnen habe, fließen in das vorliegende Buch ein.

      Mein Ruf nach Veränderungen schließt das Verfassen von drei Ausgaben des Buchs Voluntary Simplicity ein und Reden, die ich weltweit über Themen gehalten habe, wie sich eine Zukunft aufbauen lässt, die das Leben unseres Planeten erhält. Außerdem bin ich Mitgründer dreier gemeinnütziger Organisationen, die sich überparteilich mit Medienverantwortung und der Stärkung der Macht der Bürger befasst.

      Im Rückblick haben diese vielfältigen Lebenserfahrungen mir verschiedene Sichtweisen der Welt vermittelt. Bisher habe ich in mindestens drei verschiedenen Wahrnehmungsparadigmen gelebt. Ich wuchs mit der Denkweise des Agrarzeitalters auf – auf einer Farm, auf der das Leben von den Jahreszeiten und den Naturzyklen geprägt ist. Dann wechselte ich zur Denkweise des industriellen Zeitalters über, während ich zusah, wie unser Familienbetrieb sich zu einem kleinen Agrarunternehmen entwickelte und wir von der Farm in ein Städtchen in der Nachbarschaft zogen. Später wechselte ich zur Denkweise des Kommunikationszeitalters über, als ich langfristige Zukunftsformen recherchierte und eine bewusstere Demokratie befürwortete. Ich habe erlebt, wie sich jedes Denkschema ganz logisch aus dem vorherigen entwickelt, und dass jedes von ihnen seine einzigartige Sicht der Welt und seiner selbst hat.

      Ich glaube, dass viele Leute wie ich mit einem Fuß in mindestens zwei Welten leben: Sie bewegen sich zwischen zwei oder mehr verschiedenen Wahrnehmungsperspektiven hin und her und bemühen sich krampfhaft, das Universum zu begreifen. Vielleicht fühlen Sie sich – wie ich – hin und her gezogen zwischen der Verwundbarkeit, sich der subtilen Lebendigkeit der natürlichen Welt zu öffnen, und dem Versuch, Ihr Erleben der Lebendigkeit vor der Leblosigkeit einer materiell besessenen Kultur zu schützen.

      Bevor wir die Vorstellung eines lebendigen Universums näher untersuchen, ist es wichtig, seine Antithese ernst zu nehmen – eine extreme Sichtweise, die das Universum in seinem Fundament als leblos oder tot betrachtet. Ich glaube, das Universum als eine Materie, die zum größten Teil tot ist, als leeren Raum ohne Lebensformen anzusehen, stellt eine wichtige Phase in der menschlichen Individuation und Stärkung der Selbstbestimmung dar. Auch bin ich überzeugt, dass das noch nicht die ganze Wahrheit ist, sondern nur ein Kapitel in einer viel größeren Geschichte unseres Erwachens – und irgendwann auch unserer Wiederkehr – in ein lebendiges Universum.

      Als eine Perspektive ist es wichtig, die Vorstellung von einem toten Universum sorgfältig zu untersuchen. Vor allem in der Welt der Wissenschaft trifft man auf die Sichtweise, dass wir in einem Universum leben, dessen Grundlagen Emotion, Bewusstsein und Lebendigkeit fehlen. Diese Ansicht ist nicht ungewöhnlich und kommt zum Beispiel bei der Autorin Susan Blackmore, die über das menschliche Bewusstsein schreibt, deutlich zum Ausdruck, wenn sie sagt: »Wir leben in einem sinnlosen Universum. Es gibt keinen Grund für unser Dasein. Es gibt keine Seele. Es gibt keinen Geist. Wir werden nicht ewig in irgendeiner Art von Himmel leben … es gibt keine übernatürlichen Phänomene, auch wenn ich das nicht mit Sicherheit sagen kann.«2

      Blackmore liefert die ernüchternde Beschreibung eines leblosen oder toten Universums – und steht damit nicht allein da.3 Es ist seit dreihundert Jahren die etablierte Überzeugung vieler Wissenschaftler. Seit dem betrachtet die Wissenschaft das physische Universum als »alles, was es gibt«: Alles, was existiert, sind unterschiedliche Verbindungen lebloser Materie, und wer etwas anderes suggeriert, verfällt zurück in den Aberglauben. Es wird davon ausgegangen, dass Materie auf der Ebene der Atome von sich aus kein Leben enthält. Im Gegensatz dazu sind Leben, Gedanken und Gefühle Phänomene, die auf mysteriöse Weise auftauchen, wenn Materie sich in ihrer physischen Struktur zu höheren Stufen der Komplexität entwickelt und Wesen wie uns hervorbringt. Die ganze Existenz wird allein auf materieller Ebene erklärt (außer dem Teil, bei dem sich Leben spontan organisiert und sich seiner selbst bewusst wird). Anscheinend besteht keine Notwendigkeit eines unsichtbaren Bewusstseins, da sich die Prozesse des gesamten Universums durch die Prozesse von Materie erklären lassen. Da davon ausgegangen wird, dass Leben, Gedanken und Gefühle der Menschen aus chemischen Reaktionen zwischen leblosen Arten von Materie hervorgebracht werden, wird der Tod des physischen Körpers als das Ende des Bewusstseins angesehen. Verständlicherweise enthalten »primitivere« Formen von Materie (Atome und Moleküle) nach dieser Vorstellung vom Universum offensichtlich weder Leben noch irgendeine Art von Bewusstsein.

      Wenn die Grundlagen des Universums als leblos angesehen werden, dann scheint »Leben« erst vor relativ kurzer Zeit entstanden zu sein, das sich irgendwie aus Materie zu immer höheren Stufen der Komplexität entfalten konnte – das sich aus Atomen zu Molekülen zu Zellen zu Organismen entwickelt hat. Das Bewusstsein – oder eine wissende Fähigkeit – wird als ein biologisches Phänomen angesehen, das im physischen Gehirn angesiedelt ist.

      Wenn wir davon ausgehen, dass das Universum in seinen Fundamenten leblos und ohne Wissen ist, nehmen wir automatisch an, dass das Leben keinen höheren Sinn und auch keine Bedeutung hat. Liebe und Glücksgefühle sind dann reine chemische Reaktionen im Körper, die weder von Bedeutung noch von Wichtigkeit sind. Dann gibt es auch keine Aussicht auf eine Zukunft, die über unsere körperliche Existenz hinausgeht. Da das Universum sich zerstreuen und die Sterne erlöschen werden, wird alles Leben irgendwann absterben und in Vergessenheit geraten. Es wird keine Bedeutung mehr haben. Materielle Besitztümer und Leistungen

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