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gelten und repräsentiert neben dem Alten Testament den zweiten Teil der Bibel. Für das Christentum ist dies der wichtigere Teil, weil es darin um das Leben und die Leiden Jesu Christi geht, die für die Christen die Erlösung darstellen. Während das Alte Testament sich auf die Begegnungen mit Gott und die Geschichte des Volkes Israel bezieht, wird im Neuen Testament über Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes, ein Mythos, der die Welt prägte, berichtet.

      Das Christentum ist die größte Religion der Welt. Und die Bibel ist das mittlerweile meist übersetzte und das am meisten verbreitete Buch der Welt. Im Christentum wird Jesus als der Erlöser, der Messias gesehen. Mit dem Glauben an den Messias wird die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Mensch und die Welt verbunden. Das ist eine Gemeinsamkeit zwischen Christentum, Judentum und dem Islam. Unterschied: die Christen sehen in Jesus Christus den Messias, der bereits auf Erden war. Die Juden sowie die Muslime erwarten ihn erst noch. Nicht, was ein Mensch namens Jesus gedacht, gewollt, getan hat, sondern was nach seinem Tode in seinem und unter seinem Namen, aber oft nicht in seinem Sinne, sehr oft gegen seine Intentionen gedacht, gewollt, getan worden ist, hat die christliche Religion und mit ihr die Geschichte des sogenannten christlichen Abendlandes bestimmt. Neben den vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes und denen, die vor ihnen Jesus-Geschichten gesammelt und weitergegeben, radikal verändert und erfunden haben – neben denen also, die aus dem Menschen Jesus die Kunstfigur Christus gemacht haben, war es ein Mann, der bestimmt hat, was als christliche Religion die Geschichte beeinflusst hat: der Apostel Paulus, ehemals „Schaul“ oder „Saulus“, ein Diaspora-Jude aus der römischen Provinzhauptstadt Tarsus (heute südliche Türkei). Paulus war, daran gibt es keinen Zweifel, einer der ganz großen Neuentwerfer des Urchristentums, also die Zeit vom Tod Jesu bis zum Jahr 150, in der die zentralen Gestalten Paulus und Petrus wirkten. Nicht Jesus, sondern Paulus war der eigentliche Religionsstifter des frühen Christentums. Für das Leben, die Worte und die Taten seines Herrn Jesus hat er sich wenig interessiert, dessen Lebensthema vom nahen „Reich Gottes“ war ihm in seinen zwischen 50 und 61 nach Christus verfassten Briefen nur ein paar Sätze wert, was später zu Zweifeln an den zahllosen Legenden um das Wirken des Wunderpredigers Jesus von Nazareth führte und bis heute weite Passagen der Bibel fragwürdig erscheinen und widerstreitende Interpretationen bei Forschern über die Person Jesu entstehen lassen.

      Jede christliche Religionsgemeinschaft, jede theologische Richtung propagiert ihren persönlichen Jesus: den Endzeitpropheten, den Sozialrevolutionär, den Weisheitslehrer, den Charismatiker. Das Christentum ist von Beginn an in zahlreiche Gemeinden und Bewegungen zersplittert. Und am Anfang des 2. Jahrhunderts haben viele dieser Glaubensgemeinschaften ganz eigene Vorstellungen von Jesus entwickelt. Dabei bringt die Suche nach der Wahrheit oftmals eigentümliche Ergebnisse hervor. Das wohl gegen Ende des 2. Jahrhunderts niedergeschriebene Philippus-Evangelium deutet Jesus gar zum Liebhaber einer seiner Anhängerinnen um: „Der Erlöser liebte Maria Magdalena mehr als alle Jünger, und er küsste sie oftmals auf ihren Mund.” Allerdings lassen sich anhand archäologischer Funde durchaus einige überlieferte und niedergeschriebene Textstellen verifizieren. Und wer sich heute dem historischen Jesus nähern will, dem bleibt zunächst nichts anderes, als diese unsicheren Berichte, die Evangelien, zur Grundlage zu nehmen – denn andere Quellen gibt es nicht für Jesus. Doch eines gilt als sicher: Wenn einer die christliche Kirche geprägt hat, dann war es Paulus und durch Augustinus (354-430), Heiliger und größter, aber auch umstrittenster Kirchenlehrer des christlichen Altertums, erhielt der christliche Glaube sein theologisches Fundament.

      Die jüngste der drei monotheistischen Religionen ist der Islam, der auf dem Christentum und dem Judentum aufbaut. Gegründet wurde der Islam um 610 nach Chr. durch den Propheten Mohammed. Der Prophet wurde 570 nach Chr. in Mekka geboren und wird auch als Fürst der Schöpfung genannt. Mohammed erhielt nach dem Glauben der Muslime durch den Erzengel Gabriel den Auftrag, den Menschen von dem einen Gott zu erzählen, wobei er die Menschen zur radikaler Umkehr und einem geänderten Lebenswandel bekehren sollte. Diese Botschaft Gottes ist im Koran (Vortrag, Lesung) niedergeschrieben und stellt die „Heilige Schrift“ der Religion dar. Für die Muslime ist der Koran der wichtigste Glaubensinhalt und hat im Vergleich zu der Bibel im Christentum eine viel größere Bedeutung. Der Koran soll das unverfälschte Wort Gottes darstellen und keine menschliche Überlieferung sein. Im Koran sind über 6.200 Verse und 114 Kapitel, Suren genannt, die Regeln für das Zusammenleben der Menschen sowie Gebote und Verbote enthalten. Muslime sollen in ihrem Leben einige Grundpflichten erfüllen, die sogenannten fünf Säulen des Islam: Im Glaubensbekenntnis soll sich der Muslim zu dem Glauben an den einen und einzigen Gott bekennen. Ein Muslim soll fünf Mal am Tag zu Gott beten. Im Fastenmonat Ramadan sollen Muslime zwischen Sonnenauf- und - untergang nichts trinken und essen. Muslime, die Geld verdienen, sollen Bedürftigen Unterstützung gewähren, indem sie einen Teil ihres Geldes spenden. Sofern für einen Muslim möglich (finanziell und gesundheitlich), soll er mindestens einmal im Leben zum Geburtsort Mohammeds nach Mekka pilgern.

      Vergleicht man den Koran mit den heiligen Schriften des Judentums und des Christentums, so sind im Koran Parallelen zum Neuen Testament sowie der hebräischen Bibel zu finden. Dennoch besteht die größte Nähe zwischen Judentum und Christentum vor allem aufgrund der Analogien zwischen der hebräischen Bibel und dem Alten Testament. Die Ähnlichkeiten sowie aber auch die Unterschiede zwischen den drei Religionen sollten den Menschen eigentlich als Gelegenheit zum Dialog dienen.

      Judentum, Christentum und Islam werden im Allgemeinen als Weltreligionen bezeichnet. Ihre Unzahl von Verhaltenskodizes, niedergeschrieben in der Tora, der Bibel und dem Koran enthalten in etwa gleichlautende Vorschriften und Strafen für diejenigen, die gegen ihre Grundprinzipien und Regeln verstoßen. Dabei schüren viele Religionen Hass untereinander, um ihre Anhänger zusammenzuhalten. Kein Wunder bei etwa 10.000 verschiedenen Religionen und etwa 400 Freikirchlern in 238 Staaten. Ein irritierendes Phänomen. Gleichwohl gehören etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung weder einer Kirche, noch einer religiösen Gemeinschaft an. Was nicht heißen muss, dass diese Menschen keinen Glauben haben. Diejenigen, die die Existenz Gottes ausdrücklich ablehnen, sind nur eine kleine Minderheit.

      Neben den Gemeinschaften großer Weltreligionen existiert eine große Anzahl kleinerer Gruppen unterschiedlichster Glaubensausrichtungen. Die Spannweite geht von neuen religiösen, ideologischen und weltanschaulichen Gemeinschaften und Bewegungen bis zu konfliktträchtigen Psychogruppen. Diese sogenannten Sekten sind Gemeinschaften, die nur sich für alleinseligmachend halten. Wenn auch das Christentum als Sekte aus dem Judentum hervorgegangen ist (die ersten Christen wurden als „Sekte der Nazarener“, eine Richtung des Judentums, bezeichnet), so bekam während der allmählichen Entstehung und Ausbreitung das Wort Sekte im kirchlichen Sprachgebrauch abwertenden Charakter und verbindet sich heute mit negativen Vorstellungen. Unzählige religiöse Gruppierungen mit autoritär-charismatischen Führergestalten (insbesondere in den USA) fordern von ihren Anhängern radikale Disziplin und Unterwerfung.

      Die klassische Religion hat längst ihren gesellschaftlichen Stellenwert verloren und befindet sich in einem Bewusstseins- und Strukturwandel. In einer Welt, in der moralischer Anspruch und gesellschaftliche Wirklichkeit weit auseinander klaffen, hat sich unser Glaubensverständnis im Laufe der Zeit verändert. Religion ist plötzlich von bemerkenswertem Widerspruch geprägt. Und allen ist eines gleich. Es ist dieser feste Glaube im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein und der damit verbundenen Unfähigkeit, andere Weltbilder zuzulassen. Allerdings scheinen fast sämtliche Religionen und Sekten schiere Angst vor einer Weiterentwicklung der Gesellschaft zu haben. Über den Glauben lässt sich kaum streiten, über Religion aber schon.

      Die Entwicklung der Kirche geht heute in die falsche Richtung, in Richtung Fundamentalismus. Und zwar weltweit und in allen Offenbarungsreligionen. Fundamentalismus – ob jüdischer, christlicher oder islamischer Prägung – mag Bildung und Aufklärung nicht. Und wenn eine Religion einen alleinigen Besitzanspruch auf die Wahrheit erhebt, dann kommt sie auch schnell in die Gefahr eines Fundamentalismus, der andere abwertet.

      JUDENTUM UND SEXUALITÄT

       Gesetze und Riten – Religiöse Vorschriften – jüdische Moralvorstellungen – Die Rolle der Frau im Judentum – Homosexualität im Judentum – Wie steht die Tora zum Thema Schwangerschaftsabbruch

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