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die es in der Geschichte der USA je gab und 2014 vollendet sein soll, ist, nach dem Everglades-Projekt, gleichzeitig das zweitgrößte, um ein Ecosystem wieder herzustellen. Dass die 350 Millionen Dollar heute noch ausreichen, die 1992 veranschlagt wurden als Präsident Busch das diesbezügliche Gesetz unterschrieb, kann angezweifelt werden. Sicher ist jedoch, dass in naher Zukunft die Kings, Cohos und ihre Artverwandten wieder in die Bäche schwimmen werden, die sich auch zu Füßen der Berge McCartney, Sentinental, Anderson, Dana oder Wilder anschicken, ihre Wasser dem Elwha River zu übergeben. Der Abschied von dieser grünen Wunderwelt fällt uns schon ein wenig schwer, aber wir sind in ihr einen Tag lang gewandert und haben auch noch sehr viel Schönes vor uns. Und gleich dort, wo die „101“ auf der Höhe des Ruby Beach – dunkler Sand, Felsen und Treibholz kennzeichnen ihn – den Ozean erreicht und ihm folgt, steht etwa auf halbem Weg zum „Beach 4“ ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Big cedar tree“ und schickt uns sechs Kilometer in den Regenwald. Und diese gewaltige Zeder , die wegen der gleichnamigen Lodge in der Nähe auch als „Kalaloch-Cedar“ bekannt ist, hat ihre besten Tage zwar längst gesehen, denn vielmehr als ihr gewaltiges Wurzelwerk, der mächtige Stamm mit etwas Grün in einigen Metern Höhe ist von diesem Uraltriesen nicht geblieben. Sehenswert ist er dennoch, denn er schlug vor 550 Jahren seine Wurzeln, brachte es auf zwanzig Meter Stammdurchmesser und wuchs sechzig in die Höhe. Im Hoh Rainforest war sogar die Rede von einer gefallenen Zeder, die noch weit höher in den Himmel reichte, und deren dreißig Meter dicker Stamm den Stürmen der Zeit 1.500 Jahre getrotzt haben soll.

      Zurück auf der Straße begleiten uns bis zum South Beach Küste und Strände so weit das Auge reicht. Der „Vierer“ hat eine Zufahrt, die anderen erreicht man über kurze Wege. Wir selbst wählen den „Einser“, zwischen dessen ausgeblichenem Treibholz und dem Meer sich herrlich marschieren lässt. Ein paar „Geister“ treffen wir im windgepeitschten Klippenwald nach dort unten auch. Eigentlich sind es nur „Burls“ die entlang des Spruce-Burl-Rundweges auffallend häufig an den Fichten auftreten, doch zeichnen diese knollenartigen großen und kleinen Wucherungen an Stämmen und Ästen im Nebel geisterhafte, gespenstische Konturen. So, als wären hier Gnome unterwegs, die unerkannt vorüberhuschen möchten und nur kurz innehalten, wenn sich jemand nähert. Der Sand am Strand ist weiß und weich, das Wasser eisig kalt, doch wäre das hier gefährliche Meer auch bei wärmeren Temperaturen nicht zum schwimmen geeignet. Was hier reizt ist die raue Natur mit frischer, feuchter Salzluft und der Ursprünglichkeit der Klippen, Bergen von Treibholz, Steine aller Größen und der kräftige Wind, der das Rauschen des Meeres untermalt. Zwischen den Steinen, die die Wucht der Wellen am Strand hinterlassen hat, dominieren die Hellgrauen, während die Weißen hilflos in der Unterzahl sind. Und einen dieser „Exoten“, hühnereigroß, nehme ich mit nach Hause weil ihm seine sechs kleinen, glitzernden Löcher ein lächelndes Gesicht verleihen. Vielleicht gar einer der winzig kleinen Gnome, die ihren großen dunklen und mürrischen Gesellen die Freundlichkeit gestohlen haben?

      Nach diesem Abstecher führt uns die Küstenstraße über den Queens River und dann, südostwärts ziehend, durch die Quinault Indian Reservation zum Lake Quinault, wo sie nach Süden Richtung Aberdeen strebt. Auf der geschäftigen „8“ nach Olympia – Washingtons Hauptstadt mit der im Osten von ihr leuchtenden weißen Gletscherkappe, die auf den Riesen des Kaskadengebirges, den Mount Rainier hinweist – sind wir ebenso kurz Gäste wie danach auf der „5“ Richtung Tacoma, denn unser nächstes Ziel, der Mount Rainier, verlangt bei Puyallup die „7-Süd“ und danach bei Elbe die „706“. So richtig flott geht das allerdings nicht, denn auf den insgesamt sechs Spuren wird Richtung Olympia „Stopp and Go“ wie in Europa praktiziert. Schuld daran sind die unzähligen Einfahrten, die auf den nächsten zehn bis fünfzehn Kilometern in den Highway münden und deren Benutzer um diese Zeit nach Hause möchten. Richtung Elbe, durch Farmland und Wald, wird der Verkehr schnell geringer, und als wir am Silver Lake im Henley’s Resort – Wochenend-Domizil für Angler – nach 333 Tageskilometern um 22 Uhr schlafen gehen, regnet es in Strömen.

      Ein sonnenüberstrahlter Tag war am nächsten, sehr frühen Morgen zwar noch nicht ganz verbürgt, aber es sah danach aus. Für uns wäre es ein regelrechtes Geschenk, denn wir sind auf dem Weg zu dem majestätischen, weißköpfigen Mount Rainier, den wir gern in seinem besten Kleid sehen würden. Richtung Elbe passieren wir den Alder Damm, wo 1912 am Nisqually River eines der ersten Wasserkraftwerke im amerikanischen Westen entstand, wechseln dann zur „706“, und die bringt uns über Ashford schon mit Sonnenschein zum Nisqually-Parkeingang des Mount Rainier Nationalparks. Sie wird sich durch den gesamten Südteil des Parks mühen, um im Ostzipfel des Schutzgebietes, beim Stevens Canyon Eingang, auf die von Norden kommende „123“ zu treffen, die in nördlicher Richtung am Cayuse Pass an den über den Chinook Pass (1.657 m) kommenden und in Richtung Seattle ziehenden Mather Memorial Parkway („410“) anknüpft. Und dieser schickt, auf der Höhe des Wild River Einganges, eine nur von Juli bis September offene Straße, zum „Sunrise“, dem mit 1.950 Meter höchsten Punkt im Park (Visitor Center; Lodge), der mit dem Auto erreichbar ist. Nach Süden verlässt die „123“ am Ohanapecosh Visitor Center den Mount Rainier National Park und verbindet dort auch zum nächsten wichtigsten Naturdenkmal, dem Mount St.Helens.

       Mount Rainier, ein aktiver Vulkan, der sich in den Cascade-Bergen 4.392 Meter in die Höhe reckt

      Der Nationalpark ist ein Bergwunderland mit dichten Wäldern, klaren, eiskalten Bächen, bunten Wildblumenwiesen, gewaltigen Schneefeldern und zerklüfteten Gletschern, von denen es um den Gipfel des Mount Rainier sechsundzwanzig gibt. Mit blauem Himmel, Sonne, der von Bäumen, Blumen und Erde gewürzten frischen Luft, mit intensivem Grün ringsum und der weißen Kappe des Königs der Cascade Range ist es ein Tag wie gewünscht. Aber dieser friedliche Riese ist ein aktiver Vulkan, der als Symbol für die Schönheit und Kraft der Natur steht, doch jederzeit sein Gesicht radikal verändern kann. Sein letzter großer Auftritt liegt zwar etwa zweihundert Jahre zurück, doch brachte er sich im 19. Jahrhundert auch zweimal in Erinnerung, zuletzt 1963. Und seine Familie, die Cascade Bergkette, die schon seit Millionen von Jahren vulkanisch aktiv ist, weil sie sich dicht an der Westflanke der nordamerikanischen tektonischen Platte befindet. Der Berg selbst ist allerdings noch ein Jüngling, denn geologisch betrachtet sind 500.000 Jahre nur ein Atemzug. Aber wie die anderen Vulkane der Cascades auch, hat er jederzeit das Potenzial zu einem neuen Ausbruch. Ähnlich unberechenbar ist hier auch das Wetter, denn wenn die vom Pazifik kommenden Regenfronten gegen die Hänge des Berges treffen, dann laden sie enorm viel Regen ab, und in den höheren Lagen auch Rekordmengen an Schnee. Und diese Niederschläge gestalten alles, was der Besucher hier sieht. Von den Gletschern, die sich an die Bergspitzen krallen, bis hin zu den dichten Wäldern, in denen uralte Douglas-, Hemlocktannen und Zedern die Altbestände sichern. In den subalpinen Abschnitten und an den Schultern der Berghänge, wo sich genügend Feuchtigkeit mit vulkanischem Boden und intensivem Sommerlicht verbindet, bedanken sich grandiose Wildblumenwiesen für diese Kombination. Die wenigen Straßen sind schmal und eng, und besonders in den Niederungen reicht der Wald fast bis an die Räder, denn die Parklandschaft sollte so wenig als möglich belastet werden. Im Winter sind alle geschlossen. Nur die achtzehn Meilen zwischen dem Südwesteingang und „Paradise“, als auch die Zufahrt an der Nordwestecke des Schutzgebietes zum Carbon River-Eingang sind frei. Aber dort gibt es auch die größten Niederschläge, die die Carbon River Road oft überschwemmen.

      Als wir durch den Nisqually-Eingang fuhren und kurz darauf den Sunshine Point Campingplatz passieren sind wir äußerst gespannt, denn der Abschnitt bis zum Longmire Museum, das neben dem Hotel „National Park Inn“ zu finden ist und nur wenige Schritte vom Wilderness Information Center entfernt seinen Standort hat, gilt als eine der schönsten Waldstraßen, die man auf unserem Globus finden kann. „Longmire“, erhielt seinen Namen von James Longmire, der 1888/89 mit seiner Familie dort Heilquellen entwickelte, und dessen Standort nach der Parkgründung 1899 vorerst zum Hauptquartier der Verwaltung wurde, ehe es zum Museum mutierte. Viel Zeit schenken wir diesen Einrichtungen nicht, denn uns hat längst der Blick auf den Berg fasziniert, und somit genießen wir „den Weg und diese Natur“ und halten dort, wo die Straße den Kautz Creek überbrückt für die ersten Fotos an. Auf der Weiterfahrt zur Hochebene „Paradise“ reißen die schönen Blicke nicht ab, und auch der Hauptakteur des Parks zeigt

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