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wird schon wieder, ruhe dich aus“, und sie drückte ihre Schwiegermutter vorsichtig zurück auf den Stuhl.

      Doch Gerlinde war schon im Begriff sich wieder an den Herd zu stellen.

      Helene verstand in diesem Moment, wie schwer es ihr fiel, von ihren Aufgaben loszulassen. Sie sahen sich an und Helene drückte sie herzlich an sich. Gerlinde spürte es: Mit Ihren Kräften war es endgültig vorbei.

      Es war Zeit, der Schwiegertochter ihren Platz ganz zu übergeben. Stillschweigend plante Gerlinde den Wechsel im Haus.

      So überließ sie auch bald an den Wochentagen ihrer Schwiegertochter die Küche.

      Gerlindes Aufgabe, das Mittagessen für die Familie zu kochen, war zu schwer geworden. „Zu anstrengend für mich, mach du das jetzt“, sagte sie kurz und knapp zu ihrer Schwiegertochter.

      Es war auch immer öfter vorgekommen, dass sie etwas vergaß. Bei den ersten misslungenen Braten konnte sie es noch vertuschen. Doch bemerkte auch der Sohn schon bald, dass bei seiner Mutter die Kräfte versagten. Den Herd mit dem Feuer zu bestücken überließ Helene noch in ihrer Zuständigkeit.

      Helene und Gerlinde waren ein eingespieltes Team geworden. Das war der Klugheit von Helene zu zuschreiben. Sie nahm Rücksicht auf die Frau, die nichts anderes kannte, als auf dem Hof ihrem täglichen Dasein nachzugehen. Helene ging erst dann an den Herd, wenn Gerlinde mit ihrer Arbeit fertig war. So kamen sie sich nicht in die Quere.

       Tradition

      Die Bauernküche hatte Gerlinde so gelassen, wie sie sie damals übernommen hatte; in der auch seit Jahrzehnten ihr Leben statt fand.

      Dort rupfte sie die Hühner, wenn ihr Ehemann ihr das geschlachtete Huhn auf den Küchentisch geschmissen hatte. Das geschah ohne viele Worte, sie verstanden sich eben; es war der normale Umgangston auf dem Hof. Gerlinde hatte nichts anderes kennengelernt. Sie kannte die Nachbarn vom Hof nebenan. Zu den Geburtstagen trafen sie sich, sonst blieb jeder für sich. Zur nächsten größeren Stadt waren sie selten gefahren, sie blieben in ihrer Welt.

      Nach der Flucht waren sie hier gelandet. Es war ein Zufall. Der Treck löste sich damals langsam auf. Die Menschen gingen verschiedene Wege. Gerlinde blieb bei der Familie mit dem Leiterwagen – Gerlindes einziger Halt in jener Zeit. Die Mutter, die sie auf dem Weg hierher verlor, blieb irgendwo vor Erschöpfung zurück. Sie hatte sie nie wiedergesehen. Die Familie mit dem Leiterwagen war zu erschöpft, um sie abzuwimmeln. Nach vielen Irrwegen kamen sie auf diesem Hof an. Verloren waren sie in der weiten Einsamkeit und ohne Orientierung. Der Bauer vom Hof bot ihnen damals Wohnraum an. Er lebte allein.

      Im Gemüsegarten, direkt vor der Haustür, hatte er nur zum Eigenverbrauch Gemüse und Kartoffeln angebaut. Davon blieb bald nichts mehr für ihn übrig. Die Flüchtlinge waren ausgemergelt. Von Hunger heimgesucht und nach Wochen der Entbehrungen fielen sie über die restlichen Kohlköpfe, Kartoffeln und ein paar Möhren gleich bei ihrem Einzug her. Schon nach einigen Tagen waren die Beete abgeerntet. Der Bauer sah es mit Geduld. Am Markttag fuhr er mit seinem Trecker ins Dorf und kaufte gleich Säcke mit Wintergemüse und Kartoffeln ein. Halt machte er bei seinem Nachbarn. Von dort bekam er gepökeltes Bauchfleisch aus der Tonne.

      Er sorgte gut für seine neuen Mitbewohner.

      Gerlinde war nur mit dem angekommen, was sie auf dem Leib trug. Einige Kleidungsstücke bekam sie vom Hausherrn. Es waren die gebrauchten Kleider seiner verstorbenen Frau. Gerlinde schlüpfte nicht nur in ihre Kleider, sondern übernahm auch bald deren Rolle.

      Es gab ein kleines Zimmer für sie, ein Holzbett und einen Stuhl für die Ablage der Kleider.

      Für Gerlinde war es damals mehr, als sie jemals erwartet hatte. Auch wenn die Matratze müffelte, für sie wurde es ein zu Hause.

      Im Haus gab es in der oberen Etage fünf kleine Räume, die nur als Schlafräume bestimmt waren. Für die Familie zu klein – die Wohnräume, das waren die Diele, das Wohnzimmer und die Wohnküche. Damals machte der Bauer gleich als sie ankamen, darauf aufmerksam, dass es die Räume waren, die er für sich wollte. Obwohl er eher „mundfaul“ war, sprach er doch die wichtigsten Dinge klar und deutlich aus.

      Nach einiger Zeit zog die Familie, mit der Gerlinde aus Schlesien gekommen war, weiter.

      Sie fanden Arbeit in der Nachbarschaft, und somit eine andere Unterkunft.

       Der Bauer hielt um ihre Hand an

      Einsam war es um ihn herum gewesen, bis die Fremden in seinem Haus einzogen und von allem Gebrauch machten. Vom Krieg hatte er nicht viel mitbekommen. Sein Hof blieb vom großen Flüchtlingsstrom verschont, und der Zufall, den Gerlinde hierherführte, bestimmte ihr weiteres Leben. Der Bauer, ein geduldiger Mensch, schaute schon in den ersten Tagen auf Gerlinde und war sich gleich nach dem Einzug der Vertriebenen sicher, die würde mal seine Bäuerin. Er wartete ab, bis die anderen aus seinem Haus verschwunden waren. Sofort wollte er handeln.

      An einem Sonntag, Gerlinde brachte gerade das Essen auf den Tisch, legte er ihr seine Papiere auf den Platz. „Wollen wir heiraten?“ Er sprach es so aus, als wolle er noch einen Kaffee eingeschenkt bekommen. Gerlinde, die sich gerade auf die andere Seite vom Tisch setzte, sah ihn an und nickte ihm zu.

      Ohne viel drum herum zu reden, gingen der Bauer und Gerlinde nach Kriegsende zum Standesamt. Sie hatte ihr Zuhause gefunden.

      Am Tage ihrer Heirat wurde nicht gearbeitet. Die Hofnachbarn wurden als Trauzeugen zum Standesamt gebeten. Die einfache Feier wurde im Bauernhaus still gefeiert und am Abend mit einer Flasche Sekt besiegelt. Den Kartoffelsalat nach Art des Hauses, von Gerlinde am Vortag zubereitet, hatte sie aus dem Rezeptbuch ihrer Vorgängerin übernommen. Handschriftlich war alles, was auf dem Hof auf den Tisch kam, in einem Buch festgehalten. Die verstorbene Bäuerin hatte es damals niedergeschrieben. Das Rezeptbuch fand sie im Küchenschrank.

      Es war eine einfache Art zu kochen. Auf die letzte freie Seite schrieb Gerlinde das Rezept der schlesischen Klöße hinzu. Es war das, welches sie von ihrer Mutter übernommen hatte. Als Bäuerin, die sie an diesem Tag wurde, wollte sie die Tradition vom Hof übernehmen.

      Einen Schweinebraten mit Kruste schob sie am Morgen in den Backofen; als sie aus der Stadt als Ehepaar zurückkamen, war der Hochzeitsschmaus fertig. Die Feier verlief ohne besondere Ereignisse.

      Der Bauer, der jetzt ihr Ehemann war, hatte am Abend vorher die Ehebetten zurechtgerückt. Ein mulmiges Gefühl kam in ihr hoch. Gerlinde wusste nicht, was auf sie zukam. Sie war jungfräulich in die Ehe gegangen.

      Als die Nachbarn sich auf dem Nachhauseweg befanden, stiegen Gerlinde und der Bauer gemeinsam die Treppe ins Schlafgemach hinauf. Von den Pflichten einer Ehefrau war ihr nichts bekannt. Gerlinde schaute nicht in seine Richtung, als er sich seiner Kleidung entledigte.

      Das übergroße Nachthemd, das sie sich auf die Schnelle überzog, schützte sie vor seinen Blicken. Sie legte sich in das Ehebett, in dem er schon mit seiner verstorbenen Ehefrau geschlafen hatte.

      Kaum dass er sich in seinem Bett auf die Seite gelegt hatte, zog er auch schon ungeniert seine graue Unterhose vor ihr aus. Damit demonstrierte er ihr seine Rechte, mit ihr sofort den Geschlechtsverkehr zu vollziehen.

      Gerlinde traute ihren Augen nicht, wie klein doch sein Glied war. Er schob ihr das Nachthemd bis an ihren Busen. „Mach mal die Beine etwas mehr auseinander“, und schon lag er auf ihrem Bauch. Er berührte sie an ihren Genitalien so, als würde er das erste Mal eine Frau dort berühren. Sein Penis war noch nicht ganz in sie eingedrungen, da war es mit seiner ganzen Männlichkeit schon vorbei.

      Gerlinde spürte einen warmen Guss an ihrem Oberschenkel fließen, den sie mit einem Tuch versuchte, abzuwischen. War das alles?, dachte sie und drehte sich auf die andere Seite des Bettes.

      Mit einem kurzen Gutenachtgruß, mit dem sie ihm zu verstehen gab, müde zu sein, schliefen sie in ihrer ersten Nacht zusammen ein.

      Der nächste Tag verlief nicht

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