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schon von Berufs wegen total in Saft gangen und hat gsagt, er zeigt den Feilerbuben an. Na, und da hat der Feilerbub natürlich eine Mordstrumm Angst kriegt. Die ganze Nacht hat er ned schlafen können, und gleich in der Früh ist er noch einmal hin zum Nkonkwo und wollt ihn überreden, dass er auf die Anzeige verzichtet. Er würd auch nie wieder gifteln, wollt er ihm noch sagen. Und sogar einen von diese Riesenfeiteln von seinem Vater, wie sagt man, Dolch, genau, hat er mitbracht. Den wollt er dem Nkonkwo schenken. So quasi als Entschuldigung. Aber offenbar ist der dadurch erst recht narrisch worden und hat gmeint, jetzt warat des ned nur Drogenmissbrauch, sondern Bestechung aa noch. Na und stechen war das Stichwort. Also hat ihn der Feilerbub abgstochen in seiner Panik. Und drum ist er, wie ich ihn gfunden hab, heulend in der Ecken gsessen.

      Warum ich das ned der Kieberei erzählt hab? Na warum sollt ich? Bin i die Heh? Die Wappler solln ruhig selber draufkommen! Kriegen ja zahlt dafür, ned wahr! Na, na, ich misch mich da nicht ein. Ich bin Hausmeister und ned die Dorftratschen. Apropos, siehst, ich muss eh wieder weiter. Stiegen waschen, ja. Das erledigt sich nämlich ned von allein. Alsdern, bis die Tag dann, gell. Servus.

       III.

      Servus, Ferry! Na, wie geht’s dir? Kannst ned klagen, gell! Ja, wie auch. Seitst hinig bist, san unsere Unterhaltungen ein bissi einseitig, ich weiß. Aber wenigstens redtst mir jetzt nimmer dauernd zruck. Obwohl, manchmal geht mir dei ewige Keiferei direkt ab. Aber bild dir jetzt bloß nix drauf ein, gell, ich komm sehr gut ohne dich zrecht, brauchst gar ned erst glauben! Schau, neue Stiefmütterchen hab ich dir mitbracht, die setz ich dann gleich ein, aber jetzt, jetzt muss ich mich erst einmal ein wengerl ausrasten.

      Hast du das da oben mitkriegt mit dem Nkonkwo? Ja, weißt eh, der Bimbo aus dem dritten Stock, den haben s’ meia gmacht. Ja, der kleine Feiler war’s. Aus einer Art Notwehr heraus. Du, der hat mir so leid tan. Das reinste Häuferl Elend war der. Ja, die Angst ist ein Hund, da macht man halt oft einmal eine Blödheit, ich mein, erinner dich, wie wir zwei damals den Rinnsaldampfer von der depperten Vejvoda …, na, wurscht. Jedenfalls hab i mir denkt, das hat er si ned verdient, der Feilerbua, dass er jetzt sitzen geht für a halbertes Leben, weil simma uns ehrlich, deswegen stangert der Nkonkwo aa nimmer auf, ned wahr. Also hab i mein Aufreibfetzn gnommen, hab des depperte Messer drin eingwickelt – weißt eh, der war no pitschnass, des gibt sicher a Batzn Korrosion oder wie das heißt. Dann hab ich den Feilerbuben gschnappt, bin mit eam zum Lift gangen, hab die Schutzklappen unten, weißt eh, die, mit der das Loch zwischen Lift und Boden überbrückt wird, zruckdruckt und das Messer in den Schlitz fallen lassen. Das liegt jetzt ganz unten im Schacht, und da liegt’s gut. Da finden s’ es frühestens bei der nächsten Liftüberprüfung, und die ist erst in zwei Jahr. Und bis dahin interessiert sich für die Gschicht keine Sau mehr.

      Jetzt fragst dich sicher, wieso die Kieberei dann den Bösel als Mörder vom Nkonkwo arretiert hat, gell? Ja, recht hast. Des war aa i. Vorgestern rennt mir die Sevgi in d’ Arm, total durchn Wind, und i frag s’ natürlich gleich, was s’ denn hat um Himmels willen. Erzählt s’ mir nach einer ganz schönen Weil, dass s’ in der Waschküch unten war, Wäsch waschen, ned. Auf einmal kommt der Bösel eine und stellt si gleich hinter sie. Du, dera war das richtig peinlich, dass s’ mir das alles erzählen muss, aber sie hat si halt ned anders zum Helfen gwusst, und als Hausmeister bist ja eine Respektsperson, ned! Also sagt s’ mir, dass ihr der oide Hurenbock sei Körpermitten gegen ihren Hintern druckt hat, sodass deutlich gspürt hat, dass er einen Steifen hat. Nein, natürlich hat sie das ned so gsagt, dafür ist s’ viel zu gschamig. Aber nach einer Weil hab ich schon kapiert, was sie meint, ned. Na, und dann hat er ihr offenbar aa no auf die Dutteln griffen, der Saubartl der. Und sie is in voller Panik aus der Waschkuchl grennt und hat ned gwusst, was jetzt machen soll. Und grad da bin i daherkommen.

      Und weißt, irgendwie hab ich mir dann denkt, jetzt reicht’s mir mit dem Puderanten. Ich mein echt jetzt, die Blauen wählen und alles nageln, was ned von da ist, des is zvü. Hab ich der Sevgi gsagt, sie soll sich beruhigen. Sogar einen Tee hab ich ihr gmacht. Und dann, wie ma so zsammgsessen san, hab ich gsagt zu ihr, sie soll dem Hassan beiläufig erzählen, dass den Bösel am Morgen von dem Mord aus der Wohnung vom Nkonkwo kommen gsehn hat. Der Hassan mog den Ausländerhasser eh überhaupt ned, und daher, so hab i mir denkt, wird der sofort zur Kieberei rennen und das melden. Und die Heh is eh total froh, wenn s’ endlich an Täter hat, also wird die ned lang fackeln, hab i mir denkt. Na, und so war’s auch. Gestern in der Früh sind s’ angrückt, zehn Funkstreifen, volles Programm. Und der Bösel hat die Achter kriegt. Für den spielt’s jetzt den Herrgott aus Staa.

      Na, wurscht. Da sitz i und red, und die Stiefmuatterl pflanzen sie ned selber ein. Also, gemma’s an.

       Lisa Lercher

      Die Tatort-Fini hat einen Verdacht

       Oder: Ana hod imma des Bummerl

      Wieder eine weniger – war mein erster Gedanke, als ich den Menschenauflauf bei der Siebenerstiege sah. Hoffentlich nicht die Erni – schoss es mir als Zweites durch den Kopf. Gleichzeitig befiel mich eine innere Unruhe, die ich schon von anderen Anlässen her kannte. »Wos is gschegn?«, fragte ich den hatscherten Ferdl, der am Rand der Gruppe stand, weil ich meinen unguten Vorahnungen einfach nicht trauen wollte.

      »Erlauben!«, kam die eindringliche Aufforderung von hinten. Ich wollte protestieren, weil ich nicht einsah, warum sich einer, der später als ich gekommen war, vordrängen wollte. Doch als ich den Mund öffnete, wurde ich von einer resoluten Mittfünfzigerin am Ärmel zur Seite gezogen. Ein Uniformierter der Wiener Bestattung schob sich mit ernster Miene an mir vorbei. Die beiden Kollegen, die ihm folgten, trugen einen Blechsarg, der in der Vormittagssonne aufblitzte.

      Das Tuscheln der Umstehenden wich betretenem Schweigen und ich war gewiss nicht die Einzige, die beim Anblick des grauen Behältnisses in trübe Endzeitstimmung verfiel.

      Geistesgegenwärtig schloss ich mich den Männern an, bevor sich der Durchlass, den sie sich schufen, wieder schließen konnte, und gelangte unbehelligt in den ersten Stock, wo die Tür zur Wohnung Nummer vier sperrangelweit offen stand. Davor und die Stufen hinauf bis zum Halbstock drängte sich ein kleines Grüppchen Neugieriger, deren Blicke den Uniformierten folgten, bis die Wohnungstür hinter ihnen ins Schloss fiel.

      Ich stellte mich zu den teilnahmsvoll dreinschauenden und teilweise schniefenden Frauen, die nun wieder zu tuscheln begannen. Die alte Pospischil wischte sich mit einem Stofftaschentuch über die Nase und schaute mich aus geröteten Augen an. »Sie hod ned leidn miassn«, flüsterte sie. Als ob das ein Trost wäre!

      »Wos is passiert?«

      »Ihr Nichte hod s’ gfunden. Des oame Madl woa gaunz deschparat. Augleit hod s’ bei mia, i hob eh glei den Dokta augruafn, oba der hod a nimma höfn kenna«, berichtete die Pospischil.

      »Im Schlafzimmer is glegn. Es muss schnell gangen sein«, mischte sich die junge Neumeister von der Dreierstiege ein, die, wie mir schon öfter aufgefallen war, immer gleich auftauchte, wenn irgendwo irgendwas geschehen war.

      »Die Erni?«, versicherte ich mich, obwohl die Umstände eigentlich keine Zweifel ließen.

      »Ja, die Frau Novacek«, bestätigte die junge Frau mit einem mitfühlenden Nicken.

      Mir kam plötzlich vor, als würden die Steinsplitter im Terrazzoboden zu tanzen beginnen, gleichzeitig setzte das Stiegenhaus zu sanftem Schaukeln an, wie ich es von den Bootsfahrten auf der Alten Donau kannte. Gerade noch rechtzeitig bekam ich das Geländer zu fassen. Das Nächste, woran ich mich erinnere, war der besorgte Gesichtsausdruck der Pospischil, die sich über mich beugte und meine Wange tätschelte. »Geht schon wieder«, murmelte ich peinlich berührt.

      »Gleich zwei am selben Tag wärn a bissl viel«, hörte ich die Neumeister sagen. Dann waren die Frauen wieder abgelenkt, weil sich die Vierertür öffnete und die Männer Erni mit den Füßen voraus im Sarg aus ihrer Wohnung trugen. Ganz so, wie sie es sich immer gewünscht hat, dachte ich. Denn Erni hatte nicht nur einmal gesagt, dass sie lieber zu Hause sterben wollte, als in einem Heim dahinzuvegetieren.

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