ТОП просматриваемых книг сайта:
Opak. Matthias Falke
Читать онлайн.Название Opak
Год выпуска 0
isbn 9783957770486
Автор произведения Matthias Falke
Жанр Научная фантастика
Издательство Автор
»Ihr könnt euch das einfach nicht vorstellen.« Die Erste Offizierin hatte sich gefasst. »Ich war noch nie in meinem Leben so verwirrt. Höchstens als ich zum ersten Mal meine Tage hatte; aber das könnt ihr zwei euch ja auch nicht vorstellen. Ich lege meine Hand auf diese Oberfläche, spüre natürlich nichts. Kein Widerstand. Ich kann nicht einmal sagen, ob ich es berührt habe oder ob ich sogar durch die … Membran hindurchgestoßen bin. Aber meine Hand ist ganz warm – und diese Muster.« Sie schluckte wieder. »Es ist so … wunderschön.«
»Theresa, es ist, glaube ich, besser, du kommst jetzt zurück.«
»Lass sie doch. Vielleicht ist da tatsächlich so etwas wie eine Reaktion.« Silesio glotzte sich die Augen an den Videomonitoren wund, die nichts als Theresas stumme Pantomime zeigten.
»Und wenn es irgendwelche Strahlen aussendet?«
»Die hätten wir längst auf den Anzeigen und bis aufs letzte Hertz analysiert.«
»Trotzdem. Theresa, hast du gehört?«
»Ich könnte ewig hier sein und es betrachten. Es ist …«
Plötzlich schrie sie und die Übertragung knarrte einen Augenblick, bis die Automatik die Verstärkung herunterregelte.
»Es ist weg!«
»Es ist zurückgewichen.« Silesio glitt mit gleichmütigen Händen über seine Anzeigen. »Es hat die Kontraktion impulsiv beschleunigt und sich auf ein neues Minimum begeben. Es ist von dir aus fünfzig Meter zurückgeschnellt.«
»Aber so plötzlich. Ich muss wieder näher dran. Silesio!«
»Ich glaube, du kommst besser zurück.« Carlssen hatte eindeutigen Befehlston in der Stimme.
»Könnt ihr die EVA steuern oder muss ich erst wieder einsteigen?«
»Komm da weg, es will dich hinter sich herlocken.« Groenewold ließ die Instrumente nicht aus den Augen .
»Ich will es noch einmal sehen.«
»Offizierin der EVA, ich befehle Ihnen, an Bord der Dorset zurückzukehren!«
»Wie ein Traum, den man vergessen hat und der abstrakt und verworren war.« Theresa lag auf ihrem Lieblingssessel in der Messe der Dorset, den sie in die Waagerechte zurückgefahren hatte. Sie hielt die Augen geschlossen; ab und zu nippte sie an einem Cognac. »Hauchfeine Linien, die diese obsidianschwarze Oberfläche strukturierten. Eigentlich bildeten sie sie zugleich, denn außer den Linien war ja nichts zu sehen. Keine Reflexe, keine materielle Beschaffenheit. Nur diese Muster, die sich – so kam es mir vor – zu regelmäßigen Gebilden zusammenschlossen.«
»Keine der Kameras oder der sonstigen Instrumente hat irgendetwas registriert.«
»Ihr wollt mir einreden, dass ich halluziniert hätte.«
»Soweit wir wissen, bist du geistig und körperlich vollkommen …«
»Danke!«
»… gesund.«
»Warum ist es zurückgewichen?«
»Es hat sich vollkommen im Rahmen der bisherigen Fluktuationen verhalten.« Silesio war das Bedauern darüber anzuhören, dass er sämtlichen Spekulationen das Wasser abgraben musste. »Weder die Heftigkeit der Positionsänderung noch die Tiefe der Kontraktion gehen über das bisherige Maß an Oszillationen hinaus. Wir hatten zwei Minima, die noch um einige Meter hinter deinem Ereignis zurücklagen, und mehrere spontane Kontraktionen, die noch ruckartiger waren. Von mathematischer Seite lässt sich keine Handlung, die als Reaktion zu interpretieren wäre, erkennen.«
»Aber ich spürte etwas. Zumindest eine starke Wärme in der rechten Hand.«
»Groenewold hat dir Gewebeproben entnommen und deinen Arm kernspintomografiert. Nichts deutet auf externe Energieeinwirkung hin. Immerhin müsste sie stark genug gewesen sein, um deinen Schutzanzug zu durchdringen, dessen Sensoren im Übrigen auch nichts erfasst haben.«
»Also bin ich wohl einfach plemplem!«
»Ich vermute einen Effekt nach Art des autogenen Trainings. Durch die extreme Konzentration, die du im Augenblick der vermeintlichen Berührung auf die Hand bündeltest, erzeugtest du eine verstärkte Durchblutung und damit Wärmeempfindung. Tibetische Mönche haben auf diese Weise nasse Tücher getrocknet, die man ihnen in eisigen Winternächten über die nackten Körper breitete.«
»Dann muss ich eben noch mal raus. Oder am besten, wir gehen zu mehreren.«
Die nächsten Tage vergingen ereignislos. Commander Carlssen rieb sich in unendlichen Verhandlungen mit Luna auf, die nicht nur ergebnislos verliefen, sondern bei denen auch kaum festzustehen schien, worum man sich überhaupt stritt. Silesio äußerte, als der Commander nach einer zwölfstündigen Marathonsitzung völlig entnervt auf die Brücke wankte, den Verdacht, das Opak könne seine Umgebung doch beeinflussen, zumindest erscheine ihm das Verhalten Carlssens und der Behörden, mit denen er im Clinch lag, allmählich genauso undurchsichtig und opak wie das unerklärliche Objekt, das die Unannehmlichkeiten ausgelöst hatte, einen Kilometer neben unserem Schiff. Sie blieben weiterhin längsseits und setzten die robotische Überwachung des fremdartigen Phänomens fort. Theresas Gequengel, dass sie – allein oder in Begleitung – einen weiteren Weltraumspaziergang unternehmen wolle, ging den anderen auf die Nerven und selbst Gus protestierte kaum noch, sondern trottete ergeben aufs Drohnendeck, wenn Carlssen ihn eine weitere Routine durchführen oder eine neue Sonde fertig machen schickte. Auch seine ätzende Negativität erlahmte und fast hätte uns seine neuartige Gleichgültigkeit unheimlich sein sollen. Sie klinkten noch einen Spezialsatelliten aus, der sich exakt im Inneren des wolkigen Objekts positionierte. Aber außer einer geringfügigen Verschlechterung des Funkverkehrs, die in etwa der Abschirmung der Lambda-III-Module entsprach, die sie auf der anderen Seite des Opak in Stellung gebracht hatten, ergab auch diese Maßnahme keine Resultate. Terabyte um Terabyte an leeren Daten, sinnlosen Informationen wurden in die Speicher der Dorset geladen. Messungen und Überwachungen, die sich in nichts von denen unterschieden, die sie registriert hätten, wenn sie einen x-beliebigen Quadranten leeren Raumes untersucht hätten. Zwei Wochen nach dem Rendezvous drohte sich ein Lagerkoller auszubreiten. Eine dumpfe, verstockte Schweigsamkeit beherrschte die Crew, die nur noch zu einzelnen gereizten Wutausbrüchen ihr schwerfälliges Brüten unterbrach. Selbst die alltäglichen Manöver und Kontrollen wurden wortlos oder unter aggressivem Genuschel durchgeführt. Und dann geschah es.
»Kommt schnell, so kommt doch! Warum hört mich denn niemand?«
Die Alarmanlage schrillte elektrisch, aber sie war nicht von Durchsagen der Automatik begleitet. Jemand musste sie manuell betätigt haben.
»Wo bleibt ihr denn? Theresa! Commander! Oh mein Gott!« Groenewold rannte über den Gang des Wohntraktes, in dem sich eben die ersten Türen öffneten. Sie trug nur einen fleischfarbenen BH und eine Stretchhose, in der sie anscheinend zu schlafen pflegte. Ihre Augen waren rot und ließen vermuten, dass sie sonst Kontaktlinsen benutzte. »Er dreht durch! Wir müssen ihn sofort zurückholen.«
Carlssen stürzte aus Theresas Kabine und lief, ohne seine Zweite Offizierin eines Wortes für würdig zu erachten, auf die Brücke hinaus.
»Automatik: Meldung!«
Seit ein paar Tagen war der Schichtbetrieb gelockert worden, sodass das Cockpit während der Nacht unbesetzt blieb, und natürlich passierte es kurz nach Mitternacht.
»Schadensmeldung und Selbstkontrolle! Aus welchem Grund wurde der Alarm aktiviert?«
»Ich war das.« Groenewold hatte den Commander eingeholt und betrat neben Theresa die Brücke.
»Was ist los? Ich habe keine Fehlermeldung?«
»Gus! Er ist auf dem Drohnendeck!«
»Als Bordingenieur ist das sein gutes Recht. Der Zeitpunkt ist allerdings etwas exzentrisch gewählt.« Carlssen ließ einen Monitor aufflammen und auf die Innenkamera des Drohnendecks