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Kletterstange hatten, an deren Ende eine Bananenstaude baumelte. Das Problem war, dass immer dann, wenn sich ein Affe der Bananenstaude näherte, dieser eine kalte Dusche bekam. Alle Affen probierten es aus und aufgrund ihrer Erfahrungen kletterte nie mehr einer der Affen die Stange hinauf, um die Bananen zu pflücken. Das Erleben hatte ihnen gezeigt, dass sie ihr Ziel so nicht erreichten.

      Als ein neuer Affe hinzukam, wollte dieser sofort die Stange hochklettern und die Bananen holen, doch seine Affenbrüder hinderten ihn daran. Denn sie hatten ja so ihre Erfahrungen. Was die Affen nicht wussten, war, dass die Dusche inzwischen abgestellt worden war.

      Ich möchte die Geschichte weitererzählen. Es kam noch ein junger Affe dazu, und ehe die alten Insassen im Käfig überhaupt reagieren konnten, war er die Stange hinaufgeklettert und hatte sich die Bananen geholt. Mal abgesehen davon, dass seine Affenkollegen ziemlich sauer waren, dass der Neue jetzt die Bananen verzehrte, mieden sie ihn auch in Zukunft, weil er sich nicht an die Spielregeln gehalten und ihre hilfreichen Erfahrungen einfach ignoriert hatte.

      Lernen und Vergessen, Umlernen und Entlernen sind keine Prozesse in Gruppen, sondern werden von jedem Einzelnen vollzogen. Wir können nicht erkennen, ob ein Mensch lernt oder verlernt. Nur an seinem veränderten Verhalten, an seinen neuen Entscheidungen können wir erkennen, ob ein (Ver)Lernverhalten stattgefunden hat.

      Nach unserer „Überzeugung“ gibt es in einem Unternehmen fünf Möglichkeiten, sich von überholtem Wissen, falschen Überzeugungen und unbrauchbaren Erfahrungen zu befreien:

      • Das normale Vergessen – Man muss nur lange genug warten (dann hat der Kunde vergessen, dass wir einmal …).

      • Das Verhindern von Lernen – Man sorgt rechtzeitig dafür, dass man Unbrauchbares gar nicht erst lernt (etwa 80 Prozent aller E-Mails müssen wir nicht lesen, sie sind Schrott …).

      • Das Umlernen, indem man neue Erfahrungen macht und die alten sich als nicht nützlich erweisen (wir haben den Chef ganz anders kennengelernt, als wir einmal mit ihm gemeinsam …).

      • Das Umlernen durch bewusste Manipulation – Der falsche Glaubenssatz wird in einen anderen Kontext gestellt und/oder es werden Alternativen aufgezeigt und/oder die vorhandenen Informationen sinnvoll ergänzt (ein Trainer macht deutlich, welche Konsequenzen eine bestimmte Überzeugung hat, und wir üben neue, bessere Umgangsformen mit ihm ein …). Das Neurolinguistische Programmieren (NLP) ist eine bewährte Methode, dies zu praktizieren.

      • Das bewusste Löschen (aktives Verlernen) von unnützen Erfahrungen und falschen Überzeugungen (z. B. durch Rituale, psychotherapeutische Methoden und Praktiken, die sich bewährt haben).

      Unser Wissen ist vergangenheitsorientiert. Mit einer globalen Krise haben wir keine Erfahrungen, gerade in der momentanen Situation ist deshalb das Entlernen wichtig. Ein bewusst initiierter Entlernprozess kann helfen, zu einer konstruktiven Unzufriedenheit mit den derzeitigen Situationen bzw. den herrschenden Umständen zu gelangen und neue Ideen und Strategien zur Vorbereitung und Bewältigung zu entwickeln. Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen, selbst zu entlernen und Entlernprozesse bei Ihren Mitarbeitern und Geschäftsfreunden zu initiieren.

      So manche Idee und einige Handlungsalternativen des Chancenmanagements sehen Sie vielleicht vollkommen anders, sie widerspricht Ihrem eigenen Verständnis von Unternehmensführung und betriebswirtschaftlicher Ausbildung. Wenn dies so ist, dann fängt auch für Sie das Entlernen und Neu-Lernen an, nämlich das Infragestellen von vorhandenem Wissen und Kenntnissen. Dass es schwierig ist zu entlernen – Therapeuten brauchen dazu mit ihren Patienten oft zig Stunden –, steht außer Frage. Doch scheint es eine wichtige persönliche Voraussetzung zu sein, um krisenrelevantes Chancenmanagement zu akzeptieren, zu lernen und vor allem, es zu praktizieren.

      Wir müssen in der Lage sein, das Wissen, das gerade noch nützlich erschien, aufzugeben, um etwas Neues zu lernen. Prof. Peter Wippermann

      Dieses erste Kapitel würde ich gern mit einer Kolumne abschließen, die ich vor etwa zwei Jahren für den Haufe-Verlag geschrieben habe, der mir die Genehmigung gab, dass sie in diesem Buch nochmals veröffentlicht werden kann. Sie soll deutlich machen, in welcher Situation wir uns in Deutschland befinden und wie groß die Chancen sind, dass wir mit einem „blauen Auge“ davonkommen können. Aber lesen Sie selbst und bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil.

       Neulich fragte mich mein achtzehnjähriger Sohn Max, wie lange es wohl dauern wird, bis man den Schuldenberg in Deutschland wieder abgebaut hätte.

       „Wow“, meinte ich, „das dauert bestimmt eine Ewigkeit.“

       „Wie lange dauert diese Ewigkeit“, fragte er mich.

       Darauf wusste ich keine Antwort: Wie lange dauert eine Ewigkeit, wie lange dauert es, bis der Schuldenberg nicht mehr existiert?

       Da fiel mir ein Märchen ein. Nämlich – vielleicht kennen Sie es – von einem Prinz – oder war es ein Tölpel? –, der eine Prinzessin freien wollte. Jedenfalls musste der drei Rätsel lösen. Eines ist mir in Erinnerung geblieben, nämlich auch er wurde gefragt: Wie lange dauert die Ewigkeit? Seine Antwort: „Die Ewigkeit dauert so lange, als ein Vögelein, das alle tausend Jahre blos einmal kommet und sein Schnäbelchen an einem Berg wezt, Zeit braucht, bis es den ganzen Berg weggewezet hat.“

       Der Schuldenberg in Deutschland steigt und steigt in einem atemberaubenden Tempo auf ungeahnte Höhen und es hilft wenig zu wissen, dass es in anderen Ländern noch schlimmer ist. Dabei sind die offiziell eingestandenen 1,5 Billionen Staatsschulden (oder sind es doch schon 2 Billionen?) ja nur die Spitze eines Eisberges. Denn dazu muss man noch die sogenannte implizite Schuldenlast (Straßenreparaturen, Beamtenpensionen, irgendwelche Rettungsfonds usw.) rechnen, die ein Vielfaches des offiziellen Schuldenberges ausmacht. Unter der Hand spricht man von über 7 bis 8 Billionen, die in den kommenden Jahren „fällig“ werden. Na ja, und dann kommen noch die deutschen Verpflichtungen für europäische Rettungsschirme, Bürgschaften, Badbanken usw.

       Es war noch die Frage meines Sohnes offen und ich dachte mir, vielleicht sollten wir doch einmal diese Ewigkeit berechnen. Also stellte ich ihm die folgende Rechenaufgabe: Wenn ein Schuldenbetrag 5 Billionen beträgt, der mit jährlich 3 Prozent verzinst werden muss, wann ist das Darlehen getilgt, wenn monatlich 20 Milliarden aus den Steuereinnahmen zurückgezahlt werden?

       Er holte sich was zum Schreiben, dachte nach, fing an zu rechnen und fragte mich dann: „Du glaubst wirklich, dass man so viel jeden Monat zurückzahlen kann?“

       Ich antwortete: „Weiß ich nicht, jetzt fang endlich an zu rechnen!“

      Der erste Engpass, den es zu lösen gilt, ist eine gute Vorbereitung auf die möglichen Auswirkungen des Crashs. Es ergibt wenig Sinn (es bewirkt nichts) wenn wir uns um den falschen limitierenden Faktor kümmern, ein Hindernis beiseite räumen, welches einen anderen Weg versperrt, den wir im Moment nicht gehen wollen. Kümmern wir uns zunächst um die Probleme (die dicken Brocken) der nahen Zukunft, das heißt, erst lösen wir die Aufgaben von heute, dann die von morgen – danach die von übermorgen.

      Die wichtigste Aufgabe, die momentan für das Management ansteht, ist die der Informationsbeschaffung. Welche Erklärungen und Kommentare gibt es über die Wirkkräfte und die möglicher Entwicklungen der nahen Zukunft? Was sind Krisen, was sind Chancen, was sind Bedrohungen? Warum reagieren wir oft so spät? Gibt es ähnliche Situationen, die uns helfen können, das Phänomen „Weltwirtschaftskrise“ zu begreifen?

      Worum man sich kümmern muss, ist, mögliche Ursachen und die Bedeutung von Krisen einschätzen zu können, um so zu den notwendigen Erkenntnissen und danach zu den wirksamen Gegenmaßnahmen zu gelangen. Praktizierte Ehrlichkeit zu sich selbst, aber vor allem auch gegenüber den sich abzeichnenden Entwicklungen. Diese Offenheit – auch wenn sie

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