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aufbrausend. „Haben wir Altenmooser jemals nach Geld soviel gefragt? Haben wir eins, ist’s gut, haben wir keins, leben wir auch so, arbeiten vielleicht lieber und schlafen besser. Was wir brauchen, das wachst auf unserem Grund: das Brot auf dem Feld, Milch und Butter auf den Wiesen, die Leinwand auf dem Flachsacker, die Wolle auf den Schafen und das Leder auf den Rindern. Was braucht man da Geld?“

      „Ist so, ist eh so“, stimmten die anderen bei.

      „Wollen wir Fleisch“, fuhr der Jakob fort, „wir haben es in den Schweinen, Eier legen uns die Hühner. Die Handwerker haben wir im Haus. Salz, Tabak und sonstiges Kleinzeug, auch den Steuergulden zahlen wir von dem Erlös der paar Stückeln Vieh, die wir verkaufen, oder vom Hafer. Was brauche ich denn sonst noch?“

      „Wohl, wohl, ist eh so“, sagten die anderen.

      „Und die Leute jetzt alleweil nur Geld, mehr Geld, viel Geld! Verkaufen ihr Heu, ihren Wald und gar noch ihre Häuser und Hosen ums Geld. Mir graust!“

      „Wirst recht haben, Nachbar, wirst recht haben“, sagte der Rodel und machte eine Bewegung mit der Hand, als wollte er etwas in der Luft fangen. Wenn er diese Geste tat, da wußte man schon, er hat was Gescheites zu sagen. Und dumm war er nicht, der schlanke, hagere, etwas gebückte Mann; obgleich einäugig, sah er doch manches klarer und richtiger, als viele andere mit zwei Augen. „Verkaufen auch ihre armen Seelen!“ rief er aus, „es ist eine verdammte Sach’, es ist gerade, als ob das Geld ansteckend wäre, wie’s Nervenfieber.“

      „Rodel, das wird nicht wahr sein“, redete der Bauer Klachel drein. „Bei meinem Nachbar Knatschel sind seit vierzehn Tagen zwei Tausender gelegen. Wenn Geld ansteckend wär’, so hätt’ ich davon kriegen müssen. Ich hab’ mich nicht ausräuchern lassen und auch sonst kein Gegenmittel angewendet.“

      Der Rodel tat, als habe er den Witz nicht gemerkt, faßte den Klachel am Rockflügel, blieb mit ihm stehen und sagte: „Die anderen haben meine Red’ verstanden, dir sag’ ich’s deutlicher: Die Geldgier steckt an. Dagegen magst dich wohl brav räuchern lassen mit Wacholderstauden und Johanneskraut.“

      „Da laß ich mich lieber mit Tausendguldenkraut räuchern!“ darauf lachend der Klachel.

      „Hat denn dieser Kampelherr gar soviel Geld?“ fragte der Stindel.

      „Gottslästerlich viel soll er haben“, antwortete der Rodel, „ich hab’ gehört, wenn der seinen Reichtum in lauter Gulden hätte und tät’ nach einer guten Mahlzeit anfangen, die Gulden zu zählen, und schnell zählen, und nichts als zählen, und keinen Bissen essen, ehevor er mit dem Zählen fertig wär’, so müßte er bei seinem Geldzählen verhungern.“

      „Verdammter Kerl!“ knurrte der Sepp in der Grub.

      „Wer ist er denn eigentlich, dieser Kampelherr?“ fragte der Stindel im Stein.

      „Soviel ich gehört habe, soll sein Vater ein ungarischer Kornlieferant oder Sauhändler, oder so was gewesen sein“, wußte der Rodel zu berichten.

      „Und was hat der Sohn für ein Geschäft?“

      „Kein schlechtes“, sagte der Rodel, „der Sohn ist Millionär. Von Leuteschuldbriefen Papierschnitzeln abschneiden ist das einzige Handwerk, das in Wahrheit einen goldenen Boden hat. Früher hat er Gewerkschaften besessen, der Kampelherr, und eine ganze Eisenbahn soll er gehabt haben. Aber weil die Zeiten unsicher werden, so hat er die Sachen verkauft und will sich jetzt rechtschaffen breit auf Grund und Boden hinsetzen. Grund und Boden kann nicht zerstört werden und nicht davonlaufen. Und kostet auch nicht viel, man läßt Wald wachsen und braucht keine Leute dazu und zahlt für Wildnis nicht viel Steuergulden. Der Staat verliert dabei, aber das macht nichts. Einmal wird der Wald doch was wert. Kurz und gut, es ist ein sicher angelegtes Geld. Dazu das Jagdrevier, macht auch Spaß. Anschicken können sie sich’s, die Herren!“

      „Du kannst dir’s halt ausdenken, Rodel“, zollte der Sepp in der Grub dem Sprecher sein Lob.

      „Wissen möcht’ ich’s doch, wie er ausschaut, so ein Millionär“, meinte der Klachel.

      „Ist zu sehen“, belehrte der Sepp, „zu Sandeben beim Fleischhacker soll er sich jetzt aufhalten.“

      „Was gilt’s!“ rief der Klachel, „was gilt’s, ich meld’ mich heut’ bei ihm! Kosten tut’s nichts. Vielleicht schenkt er mir was.“

      „Schenken?“ lachte der Rodel, „Narr, wenn der schenken tät’, wär’ er kein Millionär geworden.“

      „Einen Hunderter kunnt er mir schon schenken“, meinte der Klachel, „ein Hunderter ist bei so einem gerade soviel, wie bei unsereinem ein Groschen, wenn man ihn dem Bettelmann schenkt. Vergelt’s Gott sag’ ich gern dafür. Und wirft er mich hinaus, so macht’s nichts, denk’ mir halt: bin eher auch draußen gewesen.“

      „Klachel, du bist ein Wichtling!“ rief jetzt der Jakob, „wär’ doch eine Schand’, wenn sich ein Altenmooser Bauer von so einem fremden Herlaufer bei der Tür hinauswerfen lassen tät’! Was geht uns der Kampelherr an!“

      „Man wird doch reden dürfen“, brummte der Klachel.

      „Wenn du glaubst, mein lieber Klachel“, sagte der Rodel, „der Kampelherr selber sitzt draußen beim Fleischhacker, so bist wieder auf dem Holzweg. Der Kampelherr weiß sich was Besseres, als in einem Dorfwirtshaus tagelang zu warten auf die Gimpel, die ihm zufliegen sollen. Der da draußen, das ist nur sein Unterhändler, mußt du wissen.“

      „Unterhändler oder Kampelherr!“ rief der Klachel und schlug mit den Armen um sich, als wollte er in der Luft anfangen zu schwimmen, „ist mir alles eins, wenn er nur Geld hat.“

      Unter solchen Gesprächen waren sie hinausgekommen durch den Steppenwald; dieser gehörte nicht mehr zu Altenmoos, sondern der Herrschaft Rabenberg, was man schon den schönen schlanken buschigen Bäumen ansah, die keinem Bauern wirtschaften helfen mußten. Als unsere Kirchgänger zur Hirschenklamm kamen, wo an beiden Seiten die Wände aufsteigen, mußten sie still sein. Hier führte die Sandach das große Wort. Sie war da schon ein stattlicher Fluß, sie rauschte in ihrem wilden Bette, und das Rauschen hallte in den Wänden so sehr, daß keiner sein eigenes Wort verstand. Der Jakob war des schier froh, ihm hatte das Gespräch schon lange nicht gefallen.

      Weiter hin begegnete ihnen der Rabenberger Waldförster mit der Büchse. Der Klachel rückte vor ihm den Hut, der Waldmann dankte herrisch und schritt vorüber.

      „Das ist mir auch einer!“ sagte der Sepp in der Grub, „an so einem Tag, wenn der Christenmensch in die Kirche geht, steigt er im wilden Wald um. Jetzt möcht’ ich erst fragen, was der Wald, wenn er wachsen soll, notwendiger braucht, den Förster mit der Büchsen, oder den Segen Gottes!“

      „Das ist derselbige“, wußte der Rodel zu erzählen, „der vor kurzem im Steppenhaus gesagt haben soll, die Bauern müßt’ man totschlagen. Wo ein Bauer wär’, kunnt’ sein Lebtag kein Wald wachsen.“

      „Ich bin auch für den Wald“, sprach der Jakob, „und weiß recht gut, daß der Wald für den Menschen da ist, und nicht umgekehrt. Ich zügele den Wald, daß ich ihn schlagen kann. Mein Vater hat’s auch so gemacht. Unter siebzig Jahren stocke ich keinen Baum. Meine Vorfahren haben zwei- und dreihundertjährige stehen gehabt. Der Reuthof wird’s beweisen, daß Bauer und Baum recht gut nebeneinander stehen können.“

      „So ist’s!“ stimmten die anderen bei.

      Endlich lichteten sich die Berge, es kam der erste Holzrechen der Sandach. Hinter einer grünen Höhe, die sich als Ausböschung des Berges ins Tal hineinbog, reckte ein ziegelroter Riesenzwiebel seine Spitze in die Luft. Das war der Kirchturm zu Sandeben. Das Dorf steht auf einer sachten Anhöhe, denn der Talgrund ist ein graues Sandmeer, über das sich die Sandach in zahlreichen Bächlein ergießt. Über den Sand hin sind Holzrechen gezogen, um das aus den Steppenwäldern hervorgeschwemmte Holz aufzufangen. Am jenseitigen Gelände stehen rauchende Kohlenstätten, die ihr Rauchen und Rußen freilich auch an diesem Fronleichnamstage nicht unterbrechen konnten. Vom Kirchturme der Pfarre zum heiligen Michael klangen jetzt

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