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      Doch da hört er es plötzlich wieder. Es klingt wie das klare, feine Lachen einer jungen Frau. Der schon etwas ältere Herr wendet sich in alle Richtungen, um die Quelle dieses Geräusches ausfindig zu machen. Und als er schon meint, sein Verstand habe ihn erneut getäuscht, taucht hinter den Bäumen, wie aus dem nichts eine ihm wohlbekannte Gestalt auf.

       Junge Frau

      Jetzt schaun’s doch net so, Herr Josef

      Ein wohlwollendes Lächeln spielt auf den Lippen ihres hübschen Gesichts.

      Dem Angesprochenen Josef Bratfisch fehlen die Worte, als er erkennt, wem er gerade gegenüber steht.

      Josef Bratfisch (voller Erstaunen)

      Maria und Josef, du bist doch net die Sissi! Ich mein’ natürlich, Eure Majestät, Kaiserin Elisabeth von Österreich, Königin von Ungarn, Königin von…

       Sissi

      Is schon gut, Josef. Ich kenn’ doch alle meine Titel. Aber so förmlich brauchen wir doch nimmer zu sein. Nach all den Jahren, die du als Kutscher bei Hof warst, kennen wir uns doch schon gut genug, dass wir du sagen können.

      Sissi, die ein elegantes, schmal geschnittenes Kleid aus himmelblauer Seide und darüber einen dunklen, eng anliegenden Mantel trägt, hält dem Fiaker ihre behandschuhte Hand entgegen und wird von ihrem Gegenüber mit einem standesgemäßen Handkuss begrüßt.

       Josef Bratfisch

      Da haben Eure Majestät recht… ich mein, Sissi.

      Ein nachdenklich nostalgischer Blick huscht ihm übers Gesicht.

       Sissi

      Ich seh’ schon. Du fragst dich, was mich hierher bringt. Dabei könnt’ ich dir dieselbe Frage stellen!

       Josef Bratfisch

      Ja weißt du, ich konnt das Kutschersein net lassen. Zu gern dreh ich am Ring mit meinem Zeigl (Fiaker) meine Runden und sing und pfeif, weil’s mich so glücklich macht!

      Sissi (lacht vergnügt)

      Oh ja, das kann ich verstehen!

      Nun ja, was mich betrifft, ich hatte Sehnsucht nach meinem Wien. Ich weiß, die Leute reden immer davon, dass ich hier nicht glücklich war. Das Leben bei Hofe war auch wirklich net immer leicht. Aber trotzdem habe ich Wien und seine Bewohner immer geliebt und tue es noch.

      Der Kutscher lacht verschmitzt und nimmt liebevoll Sissis Hand in seine.

       Josef Bratfisch

      Sissi, ich glaub in dir steckt noch a echt’s Weanakind!

      Sissi lächelt zustimmend und sieht sich in ihrer neuen Umgebung um.

       Sissi

      Oh schau doch, Josef, wie schön! Die Sonne geht auf. Wie herrlich das Schloss Schönbrunn doch am Morgen aussieht. Ich kann mich noch erinnern, wie gern ich um diese Zeit durch die Gärten spaziert oder tagsüber mit dem Pferd durch den Park galoppiert bin. Da hat die Erzherzogin Sophie ganz schön böse geschaut, wenn sie das gesehen hat. Aber eine riesige Freud hatte ich dabei!

       Josef Bratfisch

      Ach Sissi, wenn ich dich so reden hör’, scheint’s mir, als sei kein Tag vergangen, seit du als junges Mädel nach Wien gekommen bist. Und schau sich dich einer an, noch genauso schön und anmutig wie damals.

      Sissi (lächelt und legt eine Hand an ihre Wange)

      Geh’ Josef, ich werd noch rot! Aber sag, hast du heute Morgen schon eine Kundschaft?

       Josef Bratfisch

      Schön wär’s! Um die Uhrzeit schlafen’s alle noch!

      Sissi (klatscht erfreut ihre Hände zusammen)

      Fein Josef, dann sei doch so lieb und zeig mir doch ein bisserl was vom heutigen Wien. Ich war viel zu lange nimmer da.

      Josef Bratfisch (lacht vor Freude)

      Es wird mir eine Ehre sein, Sissi, dich wieder mit meinem Fiaker zu kutschieren!

      Wie ein echter Kavalier, hält er der Kaiserin seinen Arm zum Einhaken hin und geleitet sie zu seiner Kutsche mit zwei eingespannten Rappen, die vor den prunkvollen Toren Schönbrunns wartet.

       2. Wo die Welt zusammenkommt

       (Naschmarkt)

      „So reden oft in Wien die Leut

      Vor lauter G’müthlichkeit.“

      (Naschmarktlied, A. Fritz)

      Der Naschmarkt ist mit 2,3 Hektar und ca. 170 Verkaufsständen der größte innerstädtische Markt Wiens. Er befindet sich im 6. Bezirk an der Wienzeile, zwischen Kettenbrückengasse und Getreidemarkt auf dem überbauten Wienfluss.

      Schon im 18. Jahrhundert befand sich an den Ufern des Wienflusses ein Bauernmarkt, auf dem hauptsächlich mit Milchprodukten gehandelt wurde.

      Früher wurde der Markt von der Bevölkerung noch als „Aschenmarkt“ bezeichnet, was zum einen von der Nutzung des Areals als Deponie für Asche herrühren kann, zum anderen könnte der Name auch von der alten Bezeichnung „Asch“ für die aus Eschenholz gefertigten Milchbehälter abgeleitet sein.

      Seit 1820 ist der Markt unter dem Namen „Naschmarkt“ bekannt, was mit dem reichhaltigen Angebot von teils exotischen Süßigkeiten und Waren zu tun haben könnte.

      Das stadtauswärts an den Markt anschließende Gelände, das 1916 vorübergehend als Viktualienmarkt ausgebaut wurde, dient heute als großflächiger Parkplatz, auf dem seit den 1970er Jahren jeden Samstag ein stadtbekannter Flohmarkt stattfindet.

      Mit einer warmen Decke auf dem Schoß und voller Vorfreude nimmt die Kaiserin die vielen neuen Eindrücke in sich auf und schwelgt in so mancher Erinnerung, während die Pferde in bravem Trab die Kutsche ziehen.

      Josef Bratfisch sitzt voller Stolz auf dem Kutschbock und schnalzt ab und zu mit der Zunge, um die Rösser anzutreiben. In alter Fiakermanier erklärt er seinem heute ganz besonderen Fahrgast die vorbeiziehenden Sehenswürdigkeiten Wiens.

      Josef Bratfisch (wendet seinen Kopf und deutet zu seiner Linken)

      Schau Sissi, neben uns verläuft der Wienfluss!

       Sissi

      Wie schön es hier heute aussieht! Zu meiner Zeit wurde hier noch viel umgebaut.

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