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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-442-5

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

      1.

      „Was ist denn mit Donegal los?“ fragte Smoky den Profos, der kopfschüttelnd auf den alten O’Flynn blickte, der bleich und verstört am Schanzkleid lehnte.

      „Keine Ahnung, vielleicht fühlt er sich nicht wohl“, meinte Carberry.

      „Dem alten Rauhbein geht es gut“, versicherte Smoky, „sonst würde er sich nicht ständig bekreuzen.“

      Das alte Rauhbein benahm sich in der Tat sehr merkwürdig. Er hatte die Augen geschlossen, zitterte ein wenig und murmelte unverständliches Zeug vor sich hin. Vor ein paar Minuten, als er nach vorn aufs Vordeck gegangen war, hatte er noch ganz normal gewirkt, aber jetzt war er wie verwandelt.

      „Ich werde ihn fragen“, sagte der Profos, der sich das merkwürdige Benehmen des Alten ebenfalls nicht erklären konnte.

      „Ich habe es geahnt“, hörte er O’Flynn zähneklappernd murmeln, „ich habe es gewußt, das konnte nicht gutgehen.“

      „Was, zum Teufel, konnte nicht gutgehen?“ fragte der Profos und stieß den Alten leicht an.

      O’Flynn öffnete die Augen. Seine Stimme klang zittrig.

      „Wir sind an einem Freitag in See gegangen“, sagte er matt, „das haben wir jetzt davon. Es wird ein Unglück geben.“

      „Quatsch“, unterbrach Carberry grob. „Wir sind schon oft an einem Freitag in See gegangen, und nichts ist passiert. Und diesmal wird auch nichts passieren“, setzte er hinzu.

      Aber damit kam er bei O’Flynn schlecht an.

      „Glaubst du vielleicht, ich habe ihn nicht gesehen?“ fragte er. „Schau nur unter den Bugspriet, dann wird dir dein verdammtes Grinsen schon vergehen.“

      Smoky, der sich den beiden genähert hatte, verstand gerade noch den letzten Satz.

      Carberry deutete mit dem Daumen nach vorn.

      „Er will wieder mal was gesehen haben“, erklärte er. „Bloß was es ist, das sagt er nicht.“

      „Der Höllengeist ist es“, sagte Old O’Flynn heiser, „er hockt direkt unter dem Bugspriet, ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen, er hockt immer noch dort!“

      Carberrys Stirn umwölkte sich. Gegen den Aberglauben war er auch nicht ganz gefeit, obwohl er wußte, daß Donegal manchmal mächtig übertreiben konnte.

      „Wie sieht er denn aus?“ fragte er und schluckte.

      „Er hat einen Fischkopf zwischen den Schultern“, flüsterte der alte O’Flynn, „und langes struppiges Haar, einen blutigen Rachen mit langen, fletschenden gelben Zähnen. Er wird uns mindestens schlechtes Wetter bringen, wenn nicht gar ein Unheil!“

      Der eiserne Profos reckte unbehaglich das Rammkinn vor. Old O’Flynn sprach mit einer solchen Bestimmtheit, daß man an seinen Worten eigentlich gar nicht zweifeln konnte. Außerdem war der Alte um Mitternacht an einem neunundzwanzigsten Februar geboren, und der Profos wußte, daß diese Leute immer mehr sahen als andere.

      Er gab sich einen Ruck und blickte Smoky an.

      „Los, wir gehen nachsehen, Smoky!“ sagte er dann.

      Dem Decksältesten wurde es ein wenig mulmig, aber das wollte er sich vor Carberry nicht anmerken lassen. Etwas mußte an dieser verfluchten Geschichte dran sein, und so entgegnete er: „Geh du schon vor, Ed, ich muß noch einmal nach achtern, etwas mit Ben besprechen.“

      Carberry durchschaute den Decksältesten sofort.

      „Deine Besprechung hat noch Zeit, Mann. Zuerst sehen wir uns den Wassergeist an.“

      „Ein Höllengeist“, widersprach O’Flynn, „die sind viel schlimmer als die Meermänner und Wassergeister.“

      Smoky lief übellaunig hinter dem Profos her, der entschlossen immer weiterging, bis er den Bugspriet und die Blinde erreichte. Mit einiger Überwindung beugte er sich vor, hielt aber vorsorglich ein paar Sekunden lang die Augen geschlossen.

      Es war noch nicht sehr hell. Am fernen Horizont verschwand die Dämmerung nur allmählich und wich einem trüben Grau.

      Smoky prallte zurück, als der Profos einen Fluch zwischen den Zähnen zerbiß und zurückfuhr, als hätte ihn eine Natter gebissen.

      „Was ist denn?“ fragte er beklommen.

      „Sieh es dir selbst an!“

      Auch Smoky kriegte im ersten Augenblick einen Schreck, doch dann sah er genauer hin und atmete erleichtert auf, ganz wie der Profos es vor ihm schon getan hatte.

      Vorn, unter dem Bugspriet, knapp ein Yard über dem Wasser, hatte die Bugwelle des Schiffes einen langen zotteligen Bart aus Seetang angehäuft, in dem zu allem Unglück ein halbzerfetzter Fisch hing.

      Sah man nur flüchtig hin, konnte man es ohne weiteres für einen alten Kerl mit zotteligem Bart und einem Fischkopf halten, der unter dem Spriet hockte.

      Kein Wunder, daß dem alten O’Flynn daraufhin der Schrecken gehörig in die Knochen gefahren war.

      „Na – habe ich recht?“ fragte O’Flynn zaghaft, als der Profos nach einem kleineren Bootshaken griff.

      Carberry nickte ernst, legte dann den Zeigefinger auf die Lippen und blickte O’Flynn todernst an.

      „Ja, dort unten hockt er“, sagte er leise, „er kämmt sich gerade seinen verlausten Bart und fletscht die Zähne.“

      „Gott steh uns bei“, sagte Old O’Flynn stammelnd. „Willst du ihn etwa mit Gewalt vertreiben, Ed?“

      „Nein, nur mit dem Haken hier“, sagte Carberry ernst.

      O’Flynn wurde von Zweifeln und Ängsten gemartert.

      „Du – du kannst einem Höllengeist nicht einfach mit dem Bootshaken zu Leibe rücken, Ed. Er ist unverwundbar, und er wird sich fürchterlich rächen. Du mußt ihn um Barmherzigkeit anflehen oder ihm etwas schenken, dann verläßt er uns wieder.“

      „Ich werde ihm den Haken hier schenken“, erwiderte Ed und fletschte ebenfalls die Zähne, bis Old O’Flynn ein kalter Schauer nach dem anderen über den Körper rann.

      „So, jetzt werden wir Donegal mal mit seinen Geistern kurieren“, sagte Ed zu Smoky, während er sich mit dem Oberkörper nach vorn lehnte und

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