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       Frank Moorfield

Der Feind aus dem Bayou

      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-742-6

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       1.

      Über dem Lake Pontchartrain lag eine geradezu unheimliche Stille. Sie wurde nur vereinzelt vom Gebrüll der Alligatoren und von den Schreien der Nachtvögel unterbrochen, die im sumpfigen Ufergelände nach Beute jagten.

      Stellenweise lagerten dichte, grauschwarze Nebelschwaden über der Wasserfläche des Sees, der nordwestlich der Mississippimündung in die flache Landschaft eingebettet ist. Am Horizont zeigten sich bereits die ersten hellen Schatten, die Nacht neigte sich ihrem Ende entgegen.

      Das kleine Beiboot der englischen Dreimastgaleone, die wie ein schwarzes Ungeheuer in der Dünung schaukelte, wurde in jener gespenstischen Septembernacht des Jahres 1593 mit kraftvollen Riemenschlägen vorangetrieben. Die Jolle folgte einer merkwürdigen Erscheinung, die von Old Donegal Daniel O’Flynn als „Teufelsspuk“, von den übrigen Seewölfen aber als „Mummenschanz“ bezeichnet worden war.

      „Hoffentlich löst sich dieser verdammte Spuk-Kübel bei Tagesanbruch nicht in Luft auf“, stieß Edwin Carberry hervor. „Ich lasse mir nämlich nicht gern etwas vorgaukeln.“

      „Ich glaube nicht an Gespenster“, ließ sich der blonde Stenmark vernehmen, der als Steuerbord-Schlagmann fungierte. „Vielleicht gibt es hier Indianer, die uns zum Narren halten wollen.“

      Big Old Shane, der Mann an der Ruderpinne, lachte verhalten.

      „Bestimmt pullt der Teufel seine Großmutter auf einem buntbemalten Nachttopf durch die Gegend. Die Alte muß ja wohl auch mal an die frische Luft.“

      Die meisten der sieben Männer an Bord der Jolle brachten eine ähnliche Meinung zum Ausdruck. Nur Smoky, dem es schwerfiel, seinen Aberglauben zu überwinden, schwieg eisern. Er pullte mit verbissenem Gesicht und zog es vor, sich seinen Teil zu denken. Schließlich hatte er das merkwürdige Gebilde einigermaßen deutlich gesehen, und wie allen anderen klang ihm jetzt noch das geisterhafte Trommeln und Singen, das Stöhnen und Wehklagen in den Ohren, das von der spukhaften Erscheinung ausgegangen war. O heiliger Patrick – wie das Heulen der armen Seelen im Fegefeuer hatte das geklungen!

      Auch Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, schwieg zunächst. Aber nicht, weil er die nächtlichen Vorgänge auf dem Lake Pontchartrain für Geisterspuk hielt, sondern weil er bereits zu einer ganz bestimmten Überzeugung gelangt war. Diese hatte ihn letzten Endes veranlaßt, die kleine Jolle von der „Isabella IX.“ abfieren zu lassen und der „Erscheinung“ zu folgen.

      Seiner Meinung nach mußte es sich bei jener in allen Farben schillernden Hütte, die im Nebel den Eindruck vermittelt hatte, als schwebe sie über dem Wasser, um eine Art Hausboot handeln. Doch das mußte erst noch bewiesen werden, deshalb setzte er alles daran, jenes seltsame Wasserfahrzeug einzuholen.

      Aye, Sir, dieses „schwebende Haus“ – oder was immer es auch sein mochte – hielt die Seewölfe seit Stunden in Atem. Dabei hatten sie gehofft, an den stillen und abgelegenen Ufern des Lake ein Plätzchen zu finden, an dem sich die fieberkranken Timucua-Indianer erholen konnten. Dies war nämlich die Grundvoraussetzung für die geplante Übersiedlung des Stammes in die Karibik. Vorgesehen war eine Plantageninsel, die zur Gruppe der Caicos-Inseln gehörte und in der Nähe der von den Seewölfen als Schlupfwinkel benutzten Schlangen-Insel lag.

      Die Timucuas suchten aus zwingenden Gründen eine neue Heimat, deshalb waren sie bereit, alles zu tun, um das Schreckgespenst des Sumpffiebers zu bannen. Die „San Donato“, die sie den spanischen Unterdrückern bei ihrer Rebellion weggenommen hatten, diente als „Lazarettschiff“ und war mit der „Isabella“ unter Mithilfe einiger Dons, die von ihren Vorgesetzten die Nase endgültig voll hatten, in den Lake Pontchartrain gesegelt worden.

      Aber Marcos, der sich zusammen mit vier Landsleuten an Bord der „San Donato“ aufhielt, hatte sich wohl geirrt, als er von diesem See als einem Ort gesprochen hatte, an dem man „so sicher wie in Abrahams Schoß“ sei. Er war über die rätselhaften Vorgänge genauso verblüfft wie alle anderen und hatte bislang keine Erklärung dafür gefunden.

      Zwar wußte niemand, ob von dem „schwebenden Haus“ besondere Gefahren ausgingen, aber sein Auftauchen war auf jeden Fall dazu geeignet, unter den abergläubischen Indianern für Unruhe zu sorgen. Aus diesem Grund hatten sich die Seewölfe dazu entschlossen, die Vorgänge zu untersuchen und dem „Spuk“ notfalls ein Ende zu bereiten.

      Es wurde zunehmend heller, die Nebelschwaden lösten sich mehr und mehr auf, und der Morgen brach herein.

      Die Männer in der Jolle, zu denen außer dem Seewolf, Edwin Carberry, Big Old Shane, Smoky und Stenmark auch noch Roger Brighton und Dan O’Flynn gehörten, verloren die aufsehenerregende Erscheinung nicht aus den Augen.

      Die merkwürdigen Lichter, die zuckend in den Fensteröffnungen des Gebildes tanzten, erleichterten es ihnen, Fühlung zu halten. Auch wenn sie manchmal in einer Nebelbank verschwanden, tauchten sie gleich Irrlichtern immer wieder auf und verrieten den Kurs, den das „schwebende Haus“ eingeschlagen hatte.

      „He!“ sagte Big Old Shane plötzlich. „Die Gespenster fallen nach Backbord ab!“

      „Dann tun wir es eben auch“, bemerkte der Seewolf.

      Big Old Shane nickte und legte sanft Ruder. Das Beiboot drehte in die gewünschte Richtung.

      Da sich die Rudergasten mächtig ins Zeug legten, holte die Jolle mehr und mehr auf. Die eigenartigen Geräusche, die längst nicht mehr zu hören gewesen waren, drangen jetzt erneut an die Ohren der Seewölfe.

      „Das Leben als Gespenst muß verdammt anstrengend sein“, sagte Dan O’Flynn. Er hielt im Gegensatz zu seinem Erzeuger ziemlich wenig von den Dingen, die sich „hinter der Kimm“ abspielten. „Eine ganze Nacht lang singen, heulen und trommeln“, fuhr er fort, „vielen Dank, da bleibe ich doch lieber bei unserer Art der Seefahrt.“

      „Ich auch“, pflichtete ihm der Profos bei und holte mit Bärenkräften den Riemen durch.

      Hasard lächelte, was jedoch in der Morgendämmerung niemand sehen konnte.

      „Das ist auch besser so, Ed“, sagte er. „Du wärst mit Sicherheit der Schrecken aller Gespenster, wenn du erst damit drohen würdest, ihnen die Haut in Streifen von gewissen edlen Körperteilen abzuziehen, die sie vielleicht

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