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      Impressum

      © 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-508-8

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

      1.

      Es war eine Luft von eisiger Klarheit, wie sie die Seewölfe nur selten erlebt hatten. Der Himmel dehnte sich in kühlem Blau und ohne Wolken. Dennoch schien die Sonne ihre Kraft mit einem kaum erkennbaren Schleier zu dämpfen und die Freundlichkeit des Wetters nur vorzutäuschen. Die Temperatur war leicht angestiegen, lag aber immer noch unter dem Gefrierpunkt. Die Männer an Bord der „Isabella VIII.“ hatten rasch begriffen, daß blauer Himmel und Sonnenstrahlen allein noch keinen Anlaß gaben, sich der schweren, hinderlichen Kleidungsstücke zu entledigen.

      So arbeiteten sie, vermummt bis an den Hals. Ihre Atemluft kristallisierte zu rasch zerfasernden Wölkchen, und jene, die Bärte trugen, sahen ihre Manneszierde mit einer grauweißen Schicht durchsetzt, wie sie der Rauhreif an kalten Tagen auf Bäumen und Sträuchern im heimischen England hervorrief.

      Hammerschläge und das Kreischen von Sägen hallten weit über die endlose Wasserfläche, begleitet von den rauhen Stimmen der Männer. Doch es gab niemanden, der sie hörte. Keine Menschenseele. Die graugrünen Fluten waren ihnen so fremd wie die Sonne, die hier auf seltsame Weise anders leuchtete als über vertrauten Gewässern.

      Anders. Dieses Gefühl hatten sie alle. Doch keiner von ihnen vermochte es genau zu beschreiben. Vielleicht lag es daran, daß sie nicht die geringste Ahnung hatten, wo sie sich befanden. Es war das Gefühl, in einer fremden Unendlichkeit verloren zu sein. Von der Welt vergessen.

      Die schlanke Galeone segelte auf Südkurs, vor einem handigen Nordost. Das fremde Meer hatte sich beruhigt, und die eisigen Wogen trugen nur noch kleine Schaumkronen. Aber noch saß den Seewölfen die Erinnerung an den furchtbaren Sturm in den Knochen. Der Sturm hatte das Schiff fast zerstört. Fast. Denn trotz der grimmigen Kälte hatten sie es abermals geschafft, dem Teufel ein Ohr abzusegeln.

      Ja, er hatte es oft genug versucht, sie ins Verderben zu ziehen. Aber immer wieder hatte er sich mit eingezogenem Schwanz davonschleichen müssen. Und verdammt noch mal, solange Sir Philip Hasard Killigrew Kapitän der „Isabella VIII.“ war, hatte der Höllenfürst keine Chance, dieses Schiff als Beute zu schlagen. Daran glaubte jeder Mann an Bord – felsenfest.

      Die Arbeiten, die sie noch zu bewältigen hatten, waren Schönheitsreparaturen, wie Ferris Tucker, der hünenhafte Schiffszimmermann, es nannte. Da mußten Verstrebungen der Schmuckbalustraden erneuert werden, und Pete Ballies Ruderhaus wurde überholt, damit er bei überkommenden Seen auch künftig im Trockenen stand. Das Kombüsenschott mußte neu abgedichtet, die Jakobsleiter ausgebessert werden, und eins der Beiboote erhielt neue Duchten.

      Edwin Carberry, der bullige Profos der „Isabella“, überwachte die Betriebsamkeit an Bord und fachte den Arbeitseifer der Männer immer dann wieder an, wenn er es für nötig hielt. Was dazu führte, daß seine Donnerstimme beinahe pausenlos über Deck hallte. Niemand aus der Crew hielt indessen das Gebrüll des Profos’ für nötig. Jeder einzelne wußte, wann und wo er zuzupakken hatte. Und weil Carberrys Sprüche schon zur lieben Gewohnheit gehörten, ertrug man sie mit einem heimlichen Schmunzeln.

      Es war nach einem seiner unentwegten Rundgänge an Deck, als der Profos sich vor jener Gruppe aufbaute, die auf der Kuhl mit dem Beiboot beschäftigt war. Einige Atemzüge lang beobachtete er die Männer scheinbar wohlwollend, wobei er sein Rammkinn durch die Zotteln des Eisbärenfells vorschob, das er sich über die Schultern geworfen hatte.

      Die Männer blickten nicht auf, sondern arbeiteten unverdrossen weiter.

      „Warte mal, Batuti“, sagte Ferris Tucker, ließ seine Säge sinken und richtete sich auf. „So kriegst du den Zapfen nie im Leben paßgenau.“

      „Wie denn?“ Der riesenhafte Gambia-Neger zog die Lippen zurück, daß seine perlweißen Zähne blitzten.

      „Warte, ich zeig’s dir.“ Der Schiffszimmermann ging hinüber auf die andere Seite des Bootes, wo Batuti unmittelbar vor den Füßen des Profos hockte. „Diese Feile ist zu grob. Nimm die andere. Und dann mußt du sie so mit den Händen führen …“ Ferris Tucker führte es ihm vor und drückte ihm dann die Feile in die Hand.

      „Wollt ihr einschlafen?“ brüllte Edwin Carberry just in diesem Moment. „Das hab ich schon schneller gesehen, ihr Kakerlaken! Wie lange gedenkt ihr euch noch an diesem verdammten Beiboot festzuhalten? Bewegt euch gefälligst, oder ich ziehe euch die Haut in Streifen von euren Affenärschen!“

      Ferris Tucker zog ungewollt den Kopf ein Stück tiefer zwischen die Schultern. Dann legte er dem schwarzen Herkules die rechte Hand auf die Schulter und richtete sich langsam auf. Batuti und die anderen wechselten verstohlene Blicke.

      Es sah gemächlich aus, wie Ferris Tucker sich umdrehte. Doch der Blick, mit dem er den Profos musterte, strafte diesen Eindruck Lügen. Und das Kreuz des Schiffszimmermanns, ohnehin schon breit wie ein Rahsegel, wirkte durch die dicke gefütterte Jacke noch imposanter. Sein rotes Haar leuchtete im Sonnenlicht.

      Verblüffung malte sich in Edwin Carberrys wüstem Narbengesicht. Er öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. Und es geschah selten, daß ausgerechnet der Profos der „Isabella“ sprachlos war.

      Jeder der beiden Hünen sah für sich allein schon furchterregend aus. So aber, wie sie sich gegenüberstanden, war es ein Grund, den Atem anzuhalten.

      „Damit eins klar ist, Mister Carberry“, sagte Ferris Tucker gedehnt.

      „Wie, was?“ schnappte der Profos.

      „Ich bin verantwortlich dafür, daß die Männer ordentliche Arbeit leisten. Und verdammt noch mal, ich lasse mir nicht ins Handwerk pfuschen. Ist das klar?“

      Carberry schluckte trocken hinunter. Sein Narbengesicht rötete sich, und er stemmte die Fäuste in die Hüften.

      „Kein Mensch spuckt dir in die Suppe, Mister Tucker! Verstanden? Wenn du dir das einbildest, ist das deine gottverdammte eigene Schuld.“

      „So? Ist es das?“ brüllte der Schiffszimmermann zurück. „Ich sage dir eins, Mister Carberry: Zimmermannsarbeit will sauber und ordentlich erledigt sein. Wenn die Jungens wegen deiner dauernden Antreiberei zu flatterhaften Pfuschern werden, dann fällt dir eines Tages der Großmast auf die Zehen. Möchte wissen, was du dann sagst!“

      „Rede nicht so einen Stuß, Mister Tucker. Ich kann es besser beurteilen, wann die Stinte einen faulen Lenz schieben oder nicht. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, was, wie?“

      Die Männer hatten mittlerweile aufgehört zu grinsen. Die Tatsache, daß sich der Profos und der Schiffszimmermann mit ihren Nachnamen und ‚Mister‘ anredeten und das auch noch bei jedem Satz betonten, sprach für sich.

      Aber sie erhielten keine Gelegenheit, es zu einer wirklich ernsten Sache ausarten zu lassen.

      „Deck!“ ertönte eine donnernde Stimme vom Achterkastell.

      Alle

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