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Geheimsprache her“, beharrte der Profos.

      Hasard seufzte, und um den Profos, der so Feuer und Flamme war, nicht zu kränken, sagte er: „Du könntest ja mal deine Geheimsprache niederschreiben, Ed, damit wir alle wissen, was du meinst – also alphabetisch geordnet die uns bekannten Begriffe und daneben deine – äh – Fummelausdrücke.“

      Wenn Hasard gedacht hatte, den Profos mit einer solchen Schreibarbeit verschrecken zu können, dann sah er sich getäuscht. Der Kerl stieg voll ein.

      „Wird gemacht, Sir!“ dröhnte der Profos.

      Bei den Arwenacks ging das große Grinsen um. Sie stellten sich ihren Profos vor, wie er, einen Federkiel in der mächtigen Pranke, vor einem Pult hockte und am Pinseln von Buchstaben war, das Narbengesicht zerfurcht, das wüste Rammkinn vorgeschoben.

      Nein, es war eben nicht vorstellbar – eher spielte ein Walroß auf der Flöte Hirtenlieder.

      Daß Matt Davies in keiner Weise von den Schreibkünsten des Profos’ überzeugt war und Ferris Tucker stark bezweifelte, daß „der liebe Ed“ jemals einen Federkiel angespitzt hatte, perlte an Carberry ab wie Tau von Gräsern.

      Leider war es Old Donegal, der die Wette vorschlug. Hier muß gesagt werden, daß es bei irgendwelchen Wetten der Arwenacks bisher immer hoch hergegangen war. In zwei Fällen hatte der Gewinner dem Verlierer eine Glatze schneiden dürfen. Zuletzt hatte der Profos vor Abu Dhabi im Persischen Golf dem Decksältesten Smoky den Kopf kahlgeschoren.

      Also – Old Donegal schrie: „Wetten, daß du bis zum nächsten Hafen noch nicht mal zwei Seiten vollgeschrieben hast, Mister Carberry?“

      Was irgendwelche Wetten betraf, da war der Profos immer mißtrauisch und keineswegs so wettbesessen wie Smoky. Und wäre die Wette von einem anderen vorgeschlagen worden, hätte ihn der Profos abfahren lassen. Aber nun war es ausgerechnet Old Donegal gewesen, der mit ihm wetten wollte, und mit dem alten Zausel lag der Profos in einer Art Dauerfehde.

      Nein, nein, sie waren einander nicht spinnefeind, ganz im Gegenteil, der eine würde sich für den anderen in Stücke schlagen lassen. Aber sie versäumten kaum eine Gelegenheit, einander liebevoll auf die Füße zu steigen – ganz nach dem Motto, was sich liebt, das neckt sich.

      Carberry drehte sich langsam zu Old Donegal um und musterte ihn aus schmalen Augen.

      „Du willst mit mir wetten, Mister O’Flynn?“ fragte er lauernd.

      „So ist es, Mister Carberry.“ Und der Alte feixte bis zu den Ohren.

      Etwas gestelzt fragte der Profos: „Soll ich daraus schließen, daß du der Ansicht huldigst, ich sei der Kunst des Schreibens nicht mächtig, Mister O’Flynn?“

      Immer noch feixend bestätigte Old Donegal, daß er dieser Ansicht „huldige“. Und er fügte hinzu, daß er sehr sicher sei, die Wette zu gewinnen.

      Carberry drehte den Kopf zu Dan O’Flynn, der neben Hasard auf dem Achterdeck stand.

      „Wie heißt der nächste Hafen, Dan?“ fragte er.

      „Palermo, Ed.“

      „Wann erreichen wir ihn?“

      „Morgen nachmittag.“

      Jetzt grinste auch Carberry, als er sich wieder zu Old Donegal umwandte.

      „Bis Palermo, Mister O’Flynn“, sagte er genüßlich, „habe ich mehr als zwei Seiten vollgeschrieben. Die Wette hast du schon so gut wie verloren!“

      In diesem Moment flüsterte Hasard Dan ins Ohr: „Haben wir noch Federkiele an Bord?“

      „Nur noch einen, den ich für die Logbucheintragungen brauche“, flüsterte Dan zurück.

      In Hasards Augen blitzte es auf. Und er legte flüchtig den rechten Zeigefinger auf die Lippen. Dan nickte – und grinste. Denn damit stand der Ausgang der Wette fest. Nicht der Profos würde sie gewinnen, sondern Old Donegal, Dans Vater.

      „Und um was wetten wir, Mister O’Flynn?“ donnerte der Profos.

      „Ich schlage vor“, erwiderte Old Donegal, „daß der Verlierer auf seine Kosten den Gewinner in Palermo an Land zu führen und für alles aufzukommen hat, was der Gewinner zu verzehren, zu trinken oder zu erleben wünscht.“

      „Zu erleben?“ knurrte der Profos erbost. „Heißt das, ich soll – falls ich verliere – dir dabei helfen, deine Mary Snugglemouse zu betrügen?“

      „Aber nein, Mister Carberry!“ rief Old Donegal. „Und da sieht man mal wieder, auf was für sündigen Pfaden deine Gedanken wandeln! Ich dachte vielmehr daran, mir künstlerische Darbietungen anzusehen!“

      Der Profos starrte mißtrauisch. Künstlerische Darbietungen? Was sollte das denn nun wieder sein? Aber dann dachte der Profos an die „künstlerischen Darbietungen“ Fatimas, der Blume von Istanbul, die mit dem Bauch gewackelt hatte, und dagegen hatte er nichts einzuwenden, überhaupt nichts, im Gegenteil.

      Aber die Wette war annehmbar, zumal Old Donegal sie verlieren würde. Und der Profos grinste, als ihm so durch den Kopf ging, wie er Old Donegal melken würde, insbesondere bezüglich der Getränke. Denn als großer Zecher vor dem Herrn war er, der Profos, von keinem der Arwenacks zu schlagen, auch nicht von Old Donegal, der in dieser Beziehung eine scharfe Klinge schlug.

      Carberry verkündete dröhnend: „Vor allen Arwenacks als Zeugen – die Wette gilt! Und ich verspreche jetzt schon, daß ich dem Mister O’Flynn ein Loch in die Geldkatze saufen werde.“

      „So du die Wette gewinnst, Ed“, sagte Hasard trocken.

      „Natürlich gewinne ich sie.“

      „Da wäre ich nicht so sicher, mein Guter“, sagte Hasard.

      Old Donegal kicherte und rieb sich die Hände. Sicherheitshalber aber fragte er noch einmal: „Die Wette gilt also, Mister Carberry? Du willst bis Palermo mehr als zwei Seiten mit deiner Fummel-Geheimsprache vollschreiben?“

      „Die Wette gilt!“ donnerte der Profos. „Und du wirst dich noch wundern, Mister O’Flynn!“

      Mit Handschlag bestätigten sie ihre Wette.

      Und als sich ihre Hände lösten, sagte Old Donegal mit so richtig infamer Freundlichkeit: „Hast du denn Federkiele, mein lieber Mister Carberry?“

      Hasard und Dan wechselten einen Blick. Da hatte der alte Zausel also auch erfaßt, daß der Profos auf Glatteis marschierte.

      Carberry fühlte sich immer noch auf der Gewinnerseite.

      „Die besorge ich mir!“ verkündete er.

      „Ach ja?“ meinte Old Donegal höhnisch. „Und wo, wenn ich fragen darf? Hattest du vor, deiner Kracheule ein paar Federn auszureißen?“

      Der Profos runzelte die Stirn. „Hier werden ja doch wohl Federkiele an Bord sein, was, wie?“

      „Ich seh keine!“ Old Donegal schaute sich um, als suche er nach den Dingern.

      „Die hole ich mir bei deinem Sohnemann, Alter!“ brüllte ihn Carberry an, der allmählich in Rage geriet.

      „Irrtum, Mister Carberry“, sagte Dan O’Flynn kühl. „Ich habe nur noch einen Federkiel, und den brauche ich für meine Eintragungen im Logbuch. Tut mir leid, den kann ich nicht hergeben, zumal zu befürchten ist, daß von ihm nach deiner Schreiberei nicht mehr viel übrig ist. Die Logbucheintragungen sind wichtiger als dein Fummel-Alphabet, nicht wahr?“

      „Aber ich habe mit deinem Alten gewettet!“ brüllte Carberry, hochrot im Gesicht, denn ihm begann zu dämmern, daß er sich offenbar in die Nesseln gesetzt hatte.

      „Erstens“, sagte Dan O’Flynn weiterhin kühl, „bin ich nicht schwerhörig, Mister Carberry, zweitens ist das nicht meine Wette, und drittens sollte man, wenn man schon wettet, vorher darüber nachdenken, ob man die Bedingungen der Wette einhalten kann. Das bezieht sich in diesem Fall auf Papier, Tinte, Federkiel

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