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Silber wird nach Plymouth gebracht“, sagte Hasard entschieden. „Wenn ihr uns dabei helft, werde ich mich bei Kapitän Drake dafür einsetzen, daß ihr einen gerechten Anteil empfangt und eure Freiheit behaltet. Wenn nicht, habt ihr Pech gehabt und trefft in Eisen gelegt in Plymouth ein. Die Entscheidung liegt bei euch.“

      „Habgieriger Hund!“ schrie Bombarde, außer sich vor Wut. Aber Sekunden später hatte seine eiskalte Intelligenz wieder die Oberhand.

      „Hört zu, Engländer!“ rief er zu den Männern auf dem Achterdeck hinauf. „Laßt euch von diesem Piraten nicht einseifen. Was habt ihr davon, wenn ihr uns Widerstand leistet? Die meisten von euch werden dabei über die Klinge springen und ...“

      „Bis jetzt sind ein paar von euch über die Klinge gesprungen!“ schrie Dan O’Flynn Bombarde zu und deutete auf das Deck der Kuhl. Die Banditen, die nur bewußtlos geschlagen worden waren, hatten sich inzwischen wegge schleppt. Nur die drei Toten blieben zurück. „Und euer Oberbandit sorgt nicht einmal dafür, daß sie über Bord kommen!“

      Ein paar der Männer um Bombarde wollten an ihm vorbei, um die Toten wegzuräumen. Bombarde rief sie zurück. Er hatte jetzt Wichtigeres vor, als sich um ein paar Tote zu kümmern.

      „Und was habt ihr davon, falls es euch wirklich gelingen sollte, uns in Schach zu halten – was natürlich völlig unmöglich ist“, setzte er höhnisch hinzu. „Euer sauberer Kapitän wird Schiff und Silber diesem Drake abliefern und dafür eine dicke Prämie einstreichen. Und was kriegt ihr? Einen Dreck!“ Er trat noch einen Schritt vor. „Ich biete euch einen gerechten Anteil an der Beute.“

      „Was du einen gerechten Anteil nennst, kann ich mir vorstellen!“ rief Blacky und spuckte ihm vor die Füße.

      „Ihr erhaltet genau den gleichen Anteil von der Beute wie jeder von uns, wenn ihr mir euren Kapitän ausliefert!“ rief Bombarde und starrte die Männer an, die an der Balustrade lehnten.

      Wieder antwortete ihm nur ein höhnisches Gelächter.

      „Steck dir doch das Silber in den Hintern!“

      „Und schön tief! Wir helfen dir gern dabei!“

      „Scher dich doch zum Teufel!“

      A1 Conroy trat hinter Hasard, eine Pistole in der Hand. „Soll ich ihm eine verpassen?“ sagte er leise. „Er steht gerade so schön günstig.“

      Hasard schüttelte den Kopf. „Wir sind keine Mörder“, sagte er zum zweiten Male an diesem Nachmittag. Er wußte, daß dieser Edelmut falsch war, besonders einem so heimtükkischen und niederträchtigen Gegner gegenüber, wie Bombarde es war. Aber er konnte nun einmal nicht aus seiner Haut heraus.

      „Nein, A1“, sagte er. „Aber sorge auf alle Fälle dafür, daß Handfeuerwaffen bereitliegen.“

      „Sind bereit. Und alle vier Drehbassen sind mit Kettenkugeln und gehacktem Blei geladen. Wenn wir den Burschen nur eine Ladung damit verpassen, ist der ganze Spuk vorbei. Dann haben wir die Kerle vom Hals – eine Ladung Kettenkugeln und gehacktes Blei genügen.“

      „Es bleibt bei meinem Nein“, sagte Hasard und blickte zu den anderen hinüber. Bombarde war wieder zwischen die Banditen getreten und sprach erregt auf sie ein. Hasard wußte, daß der zweite Angriff nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. „Außerdem brauchen wir die Leute, A1. Wir sind nur dreizehn Mann, und davon ist ein Teil so geschwächt, daß sie kaum mit anpacken können. Du siehst doch selbst, daß eine ganze Reihe der Galeerensklaven sich von Bombarde fernhält. Wenn es uns gelingt, diese Männer für uns zu gewinnen ...“

      Ein Schuß krachte, und Hasard hörte die Kugel dicht an seinem Gesicht vorbeisausen.

      Als Gonroy riß seine Pistole hoch und drückte ab.

      Der Bandit, der auf Hasard geschossen hatte, brach tot zusammen.

      „Verdammt, die haben noch immer Waffen“, sagte Hasard wütend. „Ich dachte, sie hätten nur die beiden, die wir vorhin erwischt haben.“

      „Aufpassen!“ A1 Conroy stieß Hasard zur Seite. Aus der Deckung seiner Leute heraus hatte Bombarde ein Messer nach dem Seewolf geschleudert, das ihn bestimmt getroffen hätte, wäre nicht A1 Conroy schneller gewesen.

      Die Banditen hatten sich ein paar Schritte zurückgezogen. Ein paar von ihnen duckten sich hinter den Hauptmast und andere Deckungen in Erwartung von Hasards Gegenschlag. Sie wußten schließlich, daß die Engländer Schußwaffen hatten und waren sicher, daß sie die Waffen auch einsetzen würden.

      „Soll ich ihnen jetzt einen überbraten“, fragte A1 Conroy hoffnungsvoll.

      „Verdammt, nein!“ erwiderte Hasard. Aber er zögerte etwas, bevor er es sagte, und seine rechte Hand hatte unwillkürlich nach dem Griff der sächsischen Reiterpistole gegriffen, die in seinem Gürtel steckte.

      Einer seiner Männer schleuderte eine schwere Spake nach dem Haufen der Banditen. Sie mußte irgend jemanden treffen, und sie tat es auch, wie der heisere Aufschrei verriet.

      „Aufhören!“ sagte Hasard verärgert, ohne sich umzusehen. Er konnte die Wut seiner Männer verstehen, und er war stolz darauf, daß sie durch die Angriffe auf ihn ausgelöst worden war. Aber er wußte noch nicht, ob es gut war, den Gegner zu reizen, ihn zu einer unbesonnenen Handlung herauszufordern.

      Eins war ihm jetzt klar: Bombarde war intelligend genug, um zu erkennen, daß die englische Crew ein ernstzunehmender Gegner war, den man nicht einfach überrollen konnte. Bombarde wußte jetzt, daß er einen taktischen Plan entwickeln mußte, um die Engländer zu besiegen, und es sah so aus, als hoffte er, mit ihnen fertig zu werden, indem er ihn, Hasard, ausschaltete. Seine verbrecherische Intelligenz hatte ganz richtig erkannt, daß er, der Kapitän, Mittelpunkt und Zusammenhalt der Crew war, daß die Engländer zumindest einen großen Teil ihrer Kampfkraft verlieren würden, wenn es ihm gelang, ihren Führer auszuschalten.

      „Ben“, sagte Hasard halblaut, ohne sich umzudrehen.

      „Ja?“ Ben Brighton trat neben ihn an die Balustrade.

      „Was schlägst du vor?“ fragte Hasard, den Blick auf die Banditen gerichtet. Der Haufen hatte sich etwas aufgelöst. Nach dem Pistolenschuß waren einige der Banditen in Dekkung gegangen, und die „Neutralen“ hatten ihren Abstand von den anderen vorsichtig vergrößert.

      „Ich meine, wir sollten unsere günstigere Position hier oben ausnutzen“, sagte Ben Brighton. „Wenn die Hälfte von uns mit Handspaken und Belegnägeln bereitsteht, um alles abzuwehren, was den Niedergang heraufstürmt, liegt die Hälfte von den Burschen an Deck, bevor sie merken, was lost ist.“

      Hasard nickte. Genau das hatte er auch vorgehabt. Der Ausfall auf das Deck der Kuhl war notwendig gewesen, um Dan O’Flynn und Batuti zu Hilfe zu kommen, hatte jedoch ihre Position unnötig geschwächt.

      „Und was soll die andere Hälfte tun?“ fragte er.

      „Die steht mit Pistolen bereit für den Fall, daß einer der Burschen wieder auf den Gedanken verfallen sollte, auf dich zu ballern.“

      „Richtig, Ben. Aber ich glaube, dafür reichen drei Männer. Die anderen könnte man zu einer Art Sonderaufgabe verwenden.“

      Er blickte sich kurz um. Die meisten der Männer benutzten die Pause, um ihre angeschlagenen Kräfte zu erholen. Sie lagen und hockten um den Besanmast und am Schanzkleid. Smoky hatte, noch immer halb groggy, den Kopf in beide Hände gestützt. Dan O’Flynn kühlte sein zugeschwollenes Auge mit einem nassen Lappen. Ferris Tucker schien zu schlafen, und der Kutscher lag ausgestreckt wie ein Toter hinter dem Backbord-Schanzkleid.

      Drei seiner Männer fielen also völlig aus. Blieben Dan O’Flynn, Batuti, Ben Brighton und er selbst, die voll einsatzfähig waren, und sechs bedingt verwendungsfähig. Für seine „Sonderaufgabe“ brauchte er eigentlich mindestens zwei ausgesucht harte Kämpfer. Aber er konnte die beiden anderen Gruppen nicht ganz von den wirklich einsatzfähigen Männern entblößen. Sein Blick fiel auf Batuti, dessen angeschlagener Kopf mit einem durchbluteten Fetzen umwickelt war. Er sah aus, wie

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