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      Doch dann – schneller als das Auge zu folgen vermochte – hatte Hasards Kurzsäbel sein Ziel erreicht. Aus der nur für einen Sekundenbruchteil ungeschützten Kehle des Dons schoß ein Blutstrahl. Ungläubig blickten seine Augen, als er wie eine Puppe in sich zusammensackte.

      Batuti hatte seine Waffen in der Pinasse vergessen und wollte nur mit einem Messer zwischen den Zähnen einem finster aussehenden Herkules an die Gurgel springen. Doch der hielt ihn sich mit einer zwei Yards langen Konquistadorenlanze, die vorn an der Spitze mit ekelhaften Widerhaken versehen war, vom Leibe.

      Aber Batuti wollte nicht aufgeben. Mit den bloßen Händen versuchte er, diese scheußliche Waffe dem Spanier zu entreißen. Doch bei einem neuerlichen Hieb stürzte er und fühlte schon die Spitze der Lanze auf seiner Brust.

      Da krachte die Muskete Smokys. Unter entsetzlichem Fluchen brach der spanische Herkules zusammen.

      Batuti hatte sich bei dem Sturz verletzt.

      Thomas Moone befahl: „Hau ab, Batuti! Versteck dich hinter den Weinfässern, bis alles vorbei ist.“

      Batuti kroch über das Deck. Aber er war nicht froh. Zu gern hätte er mit seinem Messer diesen schrecklichen Don massakriert. Er schwor sich, beim nächsten Kampf ein ganz langes Messer mitzunehmen.

      Daniel O’Flynn hatte einen Gegner, der ihm im Gebrauch seiner Waffen weit überlegen war. Er setzte Dan mit seinem Degen ziemlich zu. Doch der Kleine gebrauchte seinen Säbel, so gut es ging. Dazu spie sein Mund immer neue und schrecklichere Schimpfworte aus – wie eine Kanone, die man nicht nachzuladen braucht.

      „Du dreckige Kröte! Du Bastard von einem Don! Du Indianerschinder! Du Silberaffe!“

      Doch die meisten gingen unter in dem Geschrei und dem Getümmel ringsum. Dann eilte Al Conroy ihm zu Hilfe. Mit einem Hieb seiner Muskete streckte er den Spanier zu Boden.

      Der Rest war eine Kleinigkeit. Drei Spanier hoben die Arme: „Bastante! Genug! Wir ergeben uns.“

      Sie bluteten und sahen erbärmlich aus.

      Thomas Moone zeigte auf eine saubere Stelle an Deck: „Hier die Waffen her!“ Die Spanier sammelten ohne Widerspruch alle Waffen, auch die der toten Kameraden, ein und brachten sie an die angegebene Stelle.

      „Ihr seid Gefangene des Don Franzisco Draque!“

      „Lausige, dreckige, stinkende Dons!“ Dan konnte es nicht lassen.

      Hasard fluchte, als er bemerkte, daß ein Spanier fehlte. Während des Kampfes mußte er unbemerkt über Bord gesprungen sein.

      „Verdammt, der wird den Hafen alamieren!“

      Die Araukaner, die ihnen mit ihren Kanus gefolgt waren, stiegen an Bord. Sie waren enttäuscht, daß die Arbeit schon getan war. Sie hatten den Flüchtigen gesehen. Aber auch mit den Kanus hätten sie ihn nicht mehr einholen können. Inzwischen hatten Hasards Männer die Gefangenen gut verschnürt vor den Großmast gelegt und die Leichen über Bord geworfen. Die Indianer stürzten sich auf das eine Weinfaß, kippten es um und hielten ihre Hände darunter. Dann schlürften sie das köstliche Getränk in sich hinein.

      Von der „Golden Hind“ hatte man den Kampf beobachten können. Francis Drake stand auf dem Achterkastell in der Nähe des Kolderstocks und ließ die „Los Reyos“ keinen Augenblick aus den Augen.

      „Verdammt!“ Er schlug sich auf die Schenkel. „Jetzt haben die Kerle da drüben nicht bemerkt, daß ihnen einer entwischt ist. Das wollen nun meine besten Leute sein!“

      Fluchend sprang er auf die Kuhl und kletterte an den Wanten hoch in den Mars.

      Von dort sah er den Spanier an Land waten. Der mußte so voller Todesangst sein, daß er sich keine Zeit für eine Pause nahm. Über Steine und Geröll lief er zu den wenigen Fischerhäusern. Denn aus mehr bestand das Fischerdorf Valparaiso nicht. Es war nur ein kleiner Hafen der Provinz Santiago. Die Bevölkerung bestand aus Nachkommen der ersten Konquistadoren und Indianer. Sehr viele Mischlinge lebten dort.

      Vor den hohen Bergen der Anden lag nur ein schmaler Landstreifen in der Ebene. Dahinter stieg es sanft an und verlor sich dann in schroffen Felsen.

      Die einzige Abwechslung der Dorfbewohner war der Kirchgang. Trotz der Armut der Einwohner beherbergte die Kirche viele Kostbarkeiten, Kelche und Leuchter aus Silber, wertvolle Altardecken und Gemälde. Doch in den Gewölben unter der Kirche, die auf natürlichem Felsen erbaut war, hatte man auch Gold versteckt.

      Francis Drake war es nicht sehr wohl unter der Haut. So hatte er den Überfall nicht geplant. An Land sollten die Einwohner nichts davon bemerken.

      Der Spanier hatte die erste Hütte erreicht. Drake konnte genau erkennen, wie er wild gestikulierte.

      Doch was er dann sah, konnte er kaum glauben. Aus allen Häusern stürzten die Menschen. Die Weiber mit fliegenden Röcken liefen voran, ihre Kinder hinter sich her zerrend, dahinter die Männer, die einen Teil ihrer Habseligkeiten mitschleppten. Anscheinend hatten sie die Absicht, sich in den Bergen in Höhlen zu verstecken, denn sie liefen landeinwärts.

      Francis Drake rief alle an Bord zusammen. „Nun seht euch das an! Wenn die Dons erst Bescheid wissen, kriegen wir Zunder. Wir müssen die Zeit nutzen! Sobald unsere Pinasse zurück ist, gehen wir mit den anderen Booten an Land. Holt eure Waffen! Macht die Boote klar!“

      Auf der „Los Reyos“ war man indessen nicht untätig. Hasard holte den Kutscher, der nicht nur Koch, sondern auch Feldscher war, und befahl ihm, sich um die Gefangenen zu kümmern. Der Kutscher holte Wasser, lockerte, wenn es sein mußte, die Fesseln und begann die Wunden zu säubern und zu verbinden, Gleichzeitig versuchte Hasard, die Gefangenen auszuhorchen.

      Einer von ihnen war vornehmer gekleidet, hatte ein edles Gesicht, und seine Hände sahen aus, als ob sie nicht zuzufassen brauchten.

      „Soy tenente – ich bin Leutnant, aus mir kriegst du nichts heraus.“

      Die beiden anderen wirkten eingeschüchtert, denn der tenente funkelte sie an, sobald sie nur Luft holten.

      So gab Hasard es auf. Er ließ die drei ins Kabelgatt schaffen und stellte Blacky als Posten davor auf.

      Dann entdeckten sie Batuti. Er war immer noch hinter den Weinfässern und stöhnte vor Schmerzen. Er hatte sich beim Kampf den Rücken verrenkt. Wieder mußte der Kutscher seine Kunst unter Beweis stellen.

      Batuti mußte sich auf den Bauch legen, daß heißt, sie drehten ihn mit drei Mann um, da er sich allein nicht bewegen konnte. Dann tastete der Kutscher die Wirbelsäule ab.

      Batuti erhielt von ihm einen Fußtritt ins Kreuz. Es war genau die richtige Stelle. Es knackte, ein fürchterlicher Schrei des Schwarzen. Dann sprang Batuti auf, lachte und klopfte dem Kutscher auf Arme und Schultern.

      „Du großer Medizinmann. Du alle machen gesund“, rief er.

      Davon war der Kutscher auch überzeugt. Er war ja nicht umsonst Kutscher und Hilfsmann bei dem besten Arzt von Plymouth gewesen, bevor ihn die Preßgang an Bord der „Marygold“ geholt hatte.

      Während die Araukaner um das große Weinfaß saßen, tranken und schwatzten, stand ihr großer Häuptling mit dem weißen Schaffell um die Schultern unbeweglich daneben. Doch jetzt sagte er einige unverständliche Worte, hob die Hände und ließ sie fallen.

      Die Araukaner verstummten und standen auf.

      Der Häuptling ging zu Hasard und sagte: „Genug der Feier, wir gehen zurück zu eurem Schiff, Lobo del Mar.“

      Hasard konnte vor Verblüffung nicht antworten.

      Die Indianer kletterten bereits zu ihren Kanus hinunter.

      In der Zwischenzeit waren Thomas Moone mit Ben Brighton und den anderen Männern Hasards bereits schwer an der Arbeit. Sie trugen alles auf dem Deck zusammen, was für die „Golden Hind“ nur irgendwie von Wert war. Zuerst einmal holten sie die Schätze aus dem Schiffsbauch, vor allem eine beträchtliche Ladung Gold, doch natürlich auch die kostbaren Dinge aus den

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