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Hoffnung ruhte nun darauf, mich zum Fachsportlehrer mit Schwerpunkt Sportfechten ausbilden zu lassen.

      So fuhr ich, wie schon so oft in den letzten zwei Jahren, die rund vierhundert Kilometer nach Bad Karlshafen, wo die Ausbildung in regelmäßigen Abständen in Wochenend-Blöcken stattfand.

      Obwohl ich damals schon längst Christ war und viele positive Erfahrungen und Erlebnisse mit meinem Gott gemacht hatte, war ich an einem Punkt angelangt, an welchem ich einfach nicht mehr weiterwusste. Wer sich unter dem Begriff „Schwermut“ etwas vorzustellen vermag, kann vielleicht ein wenig nachvollziehen, wie es in meinem Herzen aussah.

      Einige Tage zuvor hatte ich nachts eine Panikattacke gehabt, die ich rückwirkend nur so beschreiben kann:

      Ich lag wach im Bett und fühlte aus der Ferne eine schwarze Riesenwelle auf mich zurollen. Ich wusste, dass sie mich kurz darauf erreichen und erfassen würde. Sie würde mich überrollen und in tiefste Tiefen ziehen, um mich dort zu ersticken.

      Mein Herz hämmerte bis unter meine Schädeldecke und ich lag schweißgebadet in den zerwühlten Decken. Meine damalige Frau und unser Sohn waren übers Wochenende in Dresden bei den Schwiegereltern, und ich hatte Besuch vom Keyboarder meiner Band, welcher im Stockwerk unter mir auf der Gästecouch schlief. Er war der Engel, der mich in dieser Nacht gerettet hat, als ich ihn panisch mitten in der Nacht aufweckte, um mit mir auf den Morgen zu warten, bis sich die Panikattacke verzogen haben würde. Ich weiß im Nachhinein nicht, was passiert wäre, wenn ich in dieser Nacht alleine gewesen wäre. Vielleicht haben mich nur das Gespräch und das Zusammensitzen mit meinem Freund damals vor Schlimmerem bewahrt …

      Doch nun zurück zu meiner Fahrt nach Bad Karlshafen zur Fachsportlehrer-Ausbildung:

      Die dunkle Landschaft zieht an mir vorbei. Der Schneeregen hat noch zugenommen und fordert meine volle Konzentration beim Autofahren. Das Radio habe ich längst ausgeschaltet; die nichtigen Diskussionen und die seichte Musikberieselung rauben einem ja noch das letzte bisschen Nerv …

       Was mache ich hier eigentlich? Was wartet auf mich, und wohin möchte ich eigentlich? Warum ist plötzlich alles so dunkel für mich? Und warum kann nicht alles wieder hell, freundlich und positiv sein, wie es früher doch mal war?

       Warum lässt Gott mich durch diese schwere Zeit gehen? Früher konnte ich doch auch mit ihm sprechen und mit ihm zusammen immer eine gemeinsame Lösung finden. Warum muss ich diese Prüfung erdulden? Weiß Gott denn nicht, dass ich kein Hiob bin? Wenn er mich wirklich kennen würde, müsste er doch wissen, dass ich niemals so stark sein werde, um das alles weiter zu ertragen.

       Schlafen, schlafen ... Ruhe und Frieden ... das wäre jetzt so wunderschön!

      In diesem Moment weiß ich keinen Ausweg mehr. Ich stelle mir vor, wie einfach es wäre, den Gurt zu lösen, auf 200 km/h zu beschleunigen und gegen den nächsten Brückenpfeiler zu fahren … Wie schmerzlos es wohl wäre, frontal mit einem entgegenkommenden LKW zu kollidieren … Oder eine Flasche Schnaps zu trinken und im Vollrausch von einem hohen Gebäude zu springen … Halt!

       Herr Jesus – du siehst meine Gedanken und weißt um meine Nöte. Du warst schon in manch dunkler Stunde an meiner Seite, hast mir Engel geschickt, die mich aufgefangen und getragen haben. Du siehst auch jetzt meine Gedanken und weißt, welche destruktiven Ideen mir durch den Kopf schwirren. Schicke mir ein Zeichen – irgendetwas, das mich davon abhält, meine Fantasien hier und jetzt in die Tat umzusetzen!

       Sei DU jetzt bei mir!!!

      Ich habe bei vielen Anlässen berichtet, was in diesem Augenblick passierte. Manch einer hat gelächelt; viele haben gelacht. Wieder andere haben den Vorfall analysiert und gemeint, dass es halt einfach verrückte Zufälle gibt. Mancher war berührt; einige haben geweint.

      Im Moment der tiefsten Dunkelheit in meinem Leben – dort auf der Autobahn, im Schneeregen – tut sich links plötzlich eine Lichtung auf. Darauf eine riesengroße Werbetafel. Unzählige Scheinwerfer erhellen die Worte:

      ICH HALTE DICH!

      – Dein Gott

      Ich weiß nicht, wer diese Tafel mit der Anzeige hat bestücken lassen, aber eines weiß ich: Gott selbst hat mir diese Nachricht an diesem schicksalsschweren Abend auf die Lichtung gesetzt. Genau in dem Augenblick, als ich nicht mehr weiterwusste. In dem Moment, als ich nicht mehr alleine weiterlaufen konnte, hat er mir zu verstehen gegeben, dass er mich halten und tragen wird. Dass er das schon immer getan hat und es immer weiter tun wird!

      Johannes Berthold | Jg. 1974 | verheiratet | 3 Kinder | Pfinztal | Produkt- & Artist-Relations-Manager | www.illuminate.de

      Gott sagt: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch (Hesekiel 36,26) – Das war 2017 mein Taufspruch, und ich durfte es auch so erleben: Jesus gab mir ein neues Herz und einen neuen Geist, der mein Wesen und mein komplettes Leben veränderte.

      Schon früh ging ich zur Förderschule für Lernbehinderte, wo ich auch viel gemobbt wurde und oft als Hippie-Schüler, Baumschüler oder als Taugenichts bezeichnet wurde. So wurde mir schnell alles egal. Scheißegal. Ich hatte kein Lieblingsfach – außer Sport.

      Mit dreizehn Jahren zog ich mir die ersten Flaschen Bier rein, als gäbe es kein Morgen mehr, und mit vierzehn rauchte ich das erste Mal Cannabis. Bob Marley war mein täglicher Musikrhythmus; ich hörte Reggae und hing ab wie ein Faultier. Der Gruppenzwang, aber auch die Neugier brachten mich dahin, mit fünfzehn dem Teufel komplett die Hand zu reichen, und so zog ich weiße Kristalle durch die Nase. Ich schoss mich auf andere Planeten, um von der Realität nichts mehr mitzubekommen.

      Mit den Drogen und allem, was damit einhergeht, versklavte ich mich einer Macht, die man nicht mehr so einfach loswird. Die Drogen waren eine Ersatzbefriedigung für das, was mir kein Mensch geben konnte: Liebe. Nicht nur meine Seele, sondern auch mein Körper fing an, sich durch die Drogen zu zersetzten. Mit vierzehn erlitt ich das erste Mal Krampfanfälle. Mein „Ausbrechen“ war am Ende meine Gefangenschaft.

      Im Drogensumpf begann meine kriminelle Karriere: Aggressionen, geringe Hemmschwelle, Diebstahl, Sachbeschädigungen … Durch die ganze Beschaffungskriminalität bekam ich mit 22 Jahren meine erste Haftstrafe und musste nun für ein Jahr und sieben Monate hinter Gitter. Dort, im Jugendstrafvollzug Regis-Breitingen, lernte ich 2011 das Blaue Kreuz kennen – und damit auch eine neue Hoffnung für mein Leben. Nicht nur die Seelsorge fand mein Interesse, sondern auch eine Mitarbeiterin des Blauen Kreuzes. Von meiner Seite war es Liebe auf den ersten Blick. Aber Irene sagte mir schnell, dass es nichts mit uns wird. Trotzdem spürte ich nun eine Wärme hinter den kalten Mauern und Stahlgittern.

      Das Blaue Kreuz führte mit uns Gruppen- und Einzelgespräche und auch Besinnungsfahrten durch. Bei einer Besinnungszeit entschied ich mich für den Herrn Jesus Christus, und dazu kann ich nur jedem Mut machen: es war die beste Entscheidung in meinem Leben! Du kannst mit ihm nur dazugewinnen. Er wurde zum Zentrum meines Lebens.

      An dem Tag, als ich aus meiner Haft entlassen wurde, fuhren mich Irene, Dieter und mein Vater nach Elbingerode – zu meiner ersten Drogenlangzeittherapie. Durch den frühen Beginn meiner Drogengeschichte und den jahrelangen Konsum waren mein Denken, Fühlen und Handeln so verstört, dass ich psychisch am Boden war. Insgesamt machte ich elf Entgiftungen, drei Langzeittherapien und wohnte in drei verschiedenen

      Einrichtungen (betreutes Wohnen für psychisch kranke und suchtkranke

      Menschen). Zwischendurch habe ich echt nicht mehr an das lebenswerte Leben geglaubt. Ich musste täglich zehn verschiedene Medikamente nehmen, angefangen von den Depot-Spritzen gegen die Psychosen, bis hin zu Antidepressiva, Pillen gegen Manie und Epilepsie. Ich fühlte mich wie eine Laborratte, war aufgeschwemmt durch die ganzen Medikamente und wog mit 24 Jahren 122 Kilo …

      Ich zog nach Berlin, fand jedoch auch dort nicht das große Glück. Die nächsten

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