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verbraucht ist. Du aber scheinst dieses Mindestmaß an Verstand nicht zu haben.“

      Eric Winlow wollte zu einer neuen Ausrede ansetzen, aber Jean Ribault schnitt ihm das Wort ab.

      „Ich möchte keine weiteren Rechtfertigungen hören“, sagte er scharf. „Es wäre besser, du würdest über die Angelegenheit einmal nachdenken und dafür sorgen, daß so etwas nicht ein zweites Mal passiert. Jetzt aber wird uns in der Tat nichts anderes übrig bleiben, als bei Hasard um Kohle zu betteln. Leider ist das meine Aufgabe als Kapitän, und ich sage dir Hornochse ganz ehrlich, daß ich mich schäme, das tun zu müssen.“

      Eric Winlow schob die Hände in die ausgebeulten Hosentaschen und zog ein Gesicht, das über alles erhaben zu sein schien, während Jean Ribault den Seewolf durch Zuruf über die Lage informierte.

      Hasard war natürlich ebenfalls alles andere als entzückt und schüttelte verwundert den Kopf.

      „Da hat sich euer Koch aber ziemlich schlampig und nachlässig verhalten!“ rief er zurück. „War der Kerl denn tagelang betrunken?“

      Ribaults Gesicht wirkte verlegen.

      „Dann könnte man es ja noch halbwegs verstehen!“ rief er zurück.

      Der Kapitän der „San Lorenzo“ fühlte sich ganz und gar nicht wohl in seiner Haut, zumal die Arwenacks, die die Angelegenheit durch die Zurufe der beiden Kapitäne mitgekriegt hatten, bereits ziemlich spöttisch herübergrinsten, so als wollten sie sagen: Ihr seid vielleicht Pfeifen – erst landet euer Frauenheld Roger Lutz im Wasser, als er auf ein Liebesabenteuer mit einer der Ladys von der Galeone der Komödianten scharf war, und jetzt merkt dieser Trankopf von Koch, daß ihm die Holzkohle ausgeht. Richtig müde Tassen seid ihr! Genau das mußte seiner Meinung nach in den Köpfen der Arwenacks vor sich gehen. Und er sollte sich darin nicht getäuscht haben, denn prompt tönte das rauhe Organ Edwin Carberrys auf die „San Lorenzo“ herüber.

      „Mister Ribault!“ rief er. „Dein betupfter Koch scheint wohl bereits Winterschlaf zu halten, was, wie? Aber wir sind ja gute Christen. Wenn ihr mal ’ne warme Suppe haben wollt, könnt ihr euch bei unserem Kutscher melden. Aber eurem Pfannkuchenschwenker würde ich an deiner Stelle kräftig in den dicken Affenarsch treten! Es wird Zeit, daß das Rübenschwein mal auf Vordermann gebracht wird.“

      Das nachfolgende Gelächter der Seewölfe war bei Gott keine Musik in den Ohren des Franzosen. Der glatzköpige Winlow aber reagierte wie eine beleidigte Leberwurst. Wutentbrannt starrte er zu Carberry hinüber.

      „Mach die Futterluke dicht, Mister Carberry!“ brüllte er. „Und bei nächster Gelegenheit werde ich dir den ‚betupften Koch‘ und den ‚Winterschlaf‘ ins Maul zurückstopfen, das verspreche ich dir!“ Er schüttelte drohend eine Faust zu der „Estrella de Málaga“ hinüber.

      Damit aber war er einen Schritt zu weit gegangen.

      Unterschwellig brachte der dicke Koch damit die irrige Meinung zum Ausdruck, daß ihm der Profos der Seewölfe gar nichts zu sagen habe. Außerdem war da die Crew der „Le Vengeur“, die jetzt auf der „San Lorenzo“ fuhr, und da waren die Männer des Seewolfs, die mit ihrem Kapitän im Bund der Korsaren bisher die dominierende Rolle spielten, ohne das jedoch irgendwie herauszukehren. Trotzdem saß da ein gewisser Stachel: Die kriegen alles besser hin als wir, aber deshalb haben sie noch lange nicht das Recht, uns zu verpflaumen.

      Hinzu kam, daß sich Jean Ribault bei der Diskussion über das Potosi-Unternehmen verpflichtet hatte, sich dem Kommando des Seewolfs unterzuordnen. Wenn jetzt einer seiner Männer dem Profos der Seewölfe offen eine handfeste Auseinandersetzung androhte, konnte und durfte er das nicht hinnehmen – zumal Eric Winlow tatsächlich äußerst nachlässig gehandelt hatte.

      Es blieb Ribault demnach gar nichts anderes übrig, als hart durchzugreifen. Daß Anlässe dieser Art den Spott der Arwenacks herausforderten, bei denen eigentlich alles hervorragend klappte, konnte auch er nicht vermeiden. Aber er konnte durch seine Reaktion unter Beweis stellen, daß er keine Schluderei an Bord duldete.

      Im Falle von Roger Lutz hatte er das bereits getan, indem er den liebestollen Burschen zum Deckschrubben verdonnert hatte, nachdem er mit seinem, Ribaults, Einverständnis von der Crew kräftig verwalkt worden war. Jetzt aber mußten auch bei Eric Winlow die Zügel gestrafft werden, damit sich der Bursche seiner Verantwortung bewußt wurde.

      Der Kapitän der „San Lorenzo“ beugte sich über die Querbalustrade des Achterdecks und blickte auf die Kuhl hinunter.

      „Mister Baxter!“ rief er. „Es gibt Arbeit für dich!“

      „Aye, Sir“, tönte es zurück. Und sogleich machte sich der wuchtig gebaute, fast kahlköpfige Mann auf den Weg zum Achterdeck.

      „Mir scheint“, so fuhr Ribault mit eisiger Stimme fort, „daß wir Mister Winlow auf eine möglichst einprägsame Art beibringen müssen, woher auf unserem Schiff der Wind weht. Statt die Gefährlichkeit seiner Schlamperei einzusehen, krakeelt er noch hier herum und gibt sich so unschuldig wie ein neugeborenes Lamm. Nimm dich seiner an, Mister Baxter, und belehre ihn wegen nachlässiger Wahrnehmung seiner Pflichten …“

      George Baxter, der eigentlich zur Mannschaft Jerry Reeves’ gehörte und dessen harte blaue Augen ein kaltes, unnachgiebiges Wesen verrieten, war bei diesem Unternehmen der Profos der Le Vengeurs. Er stand stets loyal und bedingungslos zu Jean Ribault und vor allem zum Seewolf. So fackelte er auch jetzt nicht lange. Um was es ging, hatte er bereits mitgekriegt.

      Als Eric Winlow begriff, was ihm blühte, lief er rot an vor Wut. Sein mächtiger Bauch begann zu wackeln, sein fleischiges Gesicht rötete sich.

      „Ich – ich warne dich, Baxter!“ stieß er mit heiserer Stimme hervor. Doch weiter gelangte er nicht.

      George Baxter erreichte ihn mit einer Geschwindigkeit, die man seinem etwas schwerfällig wirkenden Körper gar nicht zugetraut hätte. Im selben Augenblick schlug er zu. Hart und erbarmungslos. Der gewaltige Hieb fegte den Koch regelrecht von den Beinen und schleuderte ihn quer über das Achterdeck. An Steuerbord krachte er hart gegen das Schanzkleid und plumpste dann wie ein schwerer Mehlsack auf die Planken. Wie es aussah, würde er sich die nächste halbe Stunde nicht mehr vom Fleck rühren.

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