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Batuti auch besser konzentrieren, wenn hier Ruhe herrscht. Beim nächsten Mal kannst du ja zeigen, wie fix du als Entfesselungskünstler bist. Einverstanden?“

      „Aye, Sir, einverstanden. Du wirst staunen, Sir, wie schnell ich so was hinkriege. Ich hab da nämlich ein Gespür für, ehrlich! Ich taste den Knoten ab und weiß sofort, wo die Part ist, an der ich zupfen muß. Du kennst doch Knoten, Sir, nicht? Da ist immer eine Part, von der die andere bekniffen wird. Und wenn du die bekneifende Part lockerst …“

      Ferris Tucker, der sich mit den Fesseln Kapitän Castillos beschäftigte, stöhnte laut und deutlich und knurrte: „Gibt’s hier niemanden, der diesem Mister Carberry die Luke dichtnagelt? Der ist zu dämlich, um zu begreifen, daß er uns mit seiner Quasselei stört!“

      „Aha! Aha!“ Und dann verstummte Edwin Carberry, was darauf schließen ließ, daß er schwer eingeschnappt war.

      Sicher, man konnte einem Mann wie dem Profos Edwin Carberry nichts Schlimmeres antun, als ihn zur Untätigkeit zu verdammen. Und das war es ja auch, was ihn so erboste. Aber er hatte nun mal keinen Partner, an dem er Knoten entknüpfen konnte, von denen die anderen „keine Ahnung“ hatten. Andererseits stimmte, was Dan O’Flynn gesagt hatte. Um es anders auszudrücken: Carberry hatte mächtige Fäuste, Dinger aus Eisen, hart und schwielig, zernarbt von zahllosen Kämpfen – und nicht mehr sensibel genug, um mit den Fingern Knoten abzutasten und zu lösen. Eben Wurstfinger!

      Das wurmte ihn natürlich. Er war auch ein bißchen ungeduldig, dieser Profos. Dafür aber würde er um so besser sein, wenn’s ans „Aufräumen“ ging. Da war seine Pranke mehr als Gold wert.

      Hasard ordnete das richtig ein und sagte versöhnlich: „Ed, um vier Uhr wirst du der Mann sein, der den ersten Schlag führt. Oben an der Kellertreppe bei dem Kerl, der die Laterne hält. Der muß sofort ausgeschaltet werden, damit die anderen gar nicht erst begreifen, daß wir auf dem Sprung sind. Das muß blitzschnell gehen, verstehst du? Eventuell mußt du in die heiße Lampe greifen, um sie ihm zu entreißen.“

      Carberrys Grunzen klang sehr zufrieden. „Aye, Sir! Verlaß dich auf mich. Das regele ich.“

      „Gut, Ed“, sagte Hasard.

      Eine halbe Stunde später war es Dan O’Flynn, der als erster Erfolg hatte und Smokys Handfesseln aufknüpfte.

      „Wir haben’s geschafft“, sagte Dan zufrieden, während Smoky sich bereits aufgesetzt hatte, um die eigenen Fußfesseln zu lösen.

      „Wurde auch Zeit“, brummte der Profos. „Bei mir wär’s schneller gegangen.“

      „Natürlich“, sagte Dan mit Spott in der Stimme, „wie beim Futtern, nicht? Da bist du auch immer der Schnellste und holst dir schon den dritten Schlag, wenn wir noch beim ersten sind.“

      „Gute Esser sind gute Arbeiter“, erklärte Carberry ungerührt. „Und wer war denn früher der Vielfraß an Bord, he?“

      „Das hast du fein gesagt, Ed“, erwiderte Dan O’Flynn. „Dann muß ich auch ein guter Arbeiter gewesen sein. Es ehrt mich, von dir gelobt zu werden.“

      Bevor Carberry das Thema weiterverfolgen konnte, sagte Smoky: „Meine Füße sind frei. Wem soll ich helfen?“

      „Nimm dir Dan vor“, sagte Hasard. „Ich glaube, ich bin bei Batuti auch gleich soweit.“

      „Aye, Sir“, sagte Smoky.

      „Und wer küßt mich?“ fragte Carberry, der immer ungeduldiger wurde.

      „Oh!“ flötete Dan O’Flynn. „Sind Sie mit mir einverstanden, Mister Carberry?“

      „Du Affenarsch!“ sagte Carberry mit Überzeugung.

      Alles Weitere war kein Problem mehr. Als die Glocke der Kapelle die erste Morgenstunde einläutete, waren alle neun Männer von ihren Fesseln befreit und reckten und streckten sich.

      Allerdings mußten sie dann wieder ihre alten Positionen einnehmen und sich auch die Fesseln zur Täuschung der Soldaten anlegen, natürlich nicht verknotet, sondern lose.

      Sie verdösten die Stunde bis zum Wachwechsel der Posten um zwei Uhr. Da wurde es über ihnen wieder laut, die Riegel rasselten zurück, und die Luke krachte wie bei den anderen Malen auf den steinernen Korridorboden. Es hatte den Anschein, als legten die Kerle auf den Krach ganz besonderen Wert nach der Devise: warum sollen die Gefangenen pennen, wenn wir Wache gehen.

      Daß sie den Gefangenen aber damit Gelegenheit gaben, hochzufahren – oder so zu tun –, darüber dachte wahrscheinlich keiner von ihnen nach.

      Der übliche Ritus wickelte sich ab – unten im Keller wurde wegen des Lärms geschimpft, oben schwenkte der Kerl die Lampe, um die Gefangenen abzuleuchten – und natürlich zu ärgern.

      Die neun Männer waren wieder am Blinzeln und konnten dabei feststellen, daß die Kerle die gewohnten Positionen einnahmen. Der Laternensoldat hockte an der Schmalseite, wo die Treppe hochführte, und Carberry merkte sich genau dessen Position. Zwei beugten sich über die Längsseite, und der vierte Posten befand sich dem Laternenmann gegenüber.

      Es wurden Freundlichkeiten gewechselt, wobei sich der Laternenmann genüßlich darüber ausließ, daß der Schmied der Garnison die Ketten schon bereitgelegt hätte, und das seien sehr feine Ketten, wie sie Galgenvögeln als Zierde zuständen.

      „Natürlich schön schwer“, sagte der Kerl, „damit ihr ordentlich was zum Herumschleppen habt und nicht auf krause Ideen verfallt.“

      „Na, das ist aber sehr freundlich“, sagte Carberry. „So ein Kettchen am Fuß hab ich mir schon immer gewünscht. Das sieht so neckisch aus, was, wie?“

      „Was ist das denn für einer?“ sagte einer der beiden Soldaten an der Längsseite. „Spinnt der?“

      „Das ist ’n Profos“, sagte der Laternenmann verächtlich. „Große Schnauze und nichts dahinter.“

      Das wurmte den Profos, aber er verkniff sich eine Antwort. Warte nur, Bürschchen, dachte er, vielleicht sehen wir uns in zwei Stunden wieder, dann zeig ich dir, was hinter der großen Schnauze steckt.

      Der Kerl an der Längsseite sagte: „Ach so, ’n Profos. Dachte schon, der sei aus dem Urwald entsprungen.“ Er gähnte. „Also gut, abgelöst, wir übernehmen.“

      Damit war auch die zweite Morgenstunde abgehakt. Die Luke krachte zu und wurde verriegelt.

      „… dem Urwald entsprungen“, murmelte Carberry erschüttert. „Sir, was sagst du dazu?“

      „Das mußt du anders sehen, Ed“, erwiderte Hasard vorsichtig. „Der hatte wahrscheinlich Angst vor dir …“

      „Soll er auch“, knurrte Carberry und fügte etwas unlogisch hinzu: „Weiß gar nicht, was die immer ausgerechnet bei mir herumzustänkern haben und mich anöden.“

      Hasard lenkte ab und sagte: „Hast du dir die Position des Laternenmanns gemerkt, Ed?“

      „Hab ich, Sir.“ Er schien zu grinsen. „Der hält die Laterne so tief, daß ich nur zuzulangen brauche – mit links, Sir. Und mit der Rechten klopf ich ihm was aufs Maul. Es wird mir eine Ehre sein. Sir.“

      „In Ordnung, Ed. So müßte es gehen. Du mußt nur schnell sein. Dann schlage ich vor, daß Batuti ebenfalls auf der Treppe steht und sich den Mann schnappt, der an der anderen Schmalseite hockt.“

      „Aye, Sir, geht klar“, sagte Batuti.

      „Und die beiden Kerle an der Längsseite?“ fragte Smoky.

      „Die übernimmt Ferris, ebenfalls von der Treppe aus. Das wird etwas eng für euch, aber ihr wißt ja, wo ihr steht, damit ihr euch nicht gegenseitig behindert. Wir sind ja auch noch da, um einzugreifen, falls was schiefläuft. Ferris, du solltest nach links und rechts greifen – Front zur Längsseite – und die Köpfe der beiden Kerle zusammenbringen. Du verstehst?“

      „Und ob“, sagte Ferris Tucker zufrieden. „In so was hab ich

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