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es gerade noch geregelt, sich abzufangen und hinüber auf die Fockrah zu retten.

      Und von dort aus plärrte er mit einer Schimpfkanonade los, daß den Mannen die Ohren schmerzten. Don Philipp focht das nicht an. Er schmetterte seinen Hahnenschrei über die Decks.

      Mac schrie: „Don Philipp! Komm sofort herunter!“

      Und Carberry brüllte: „Sir John, laß Don Philipp zufrieden!“

      Und Mac beging den Fehler, seinem Don Philipp hinterhersteigen zu wollen.

      Er ließ die Tür des Verschlags offen!

      Und schon sausten die fünf Hühnerchen auf die Kuhl. Ein Ei rollte dabei aus dem Verschlag, nahm den Weg abwärts und zerplatzte auf den Planken.

      Es war Paddy, der auf der Schliere ausrutschte, als er eins der Hühnerchen im weiten Ansprung fangen wollte.

      Hasard legte stumm die Hände auf den Rücken, drehte sich um und wanderte zur Heckgalerie. Und er war der zweite, der an diesem Vormittag den Herrgott um Gelassenheit bat.

      Paddy fiel auf die Nase, und das Hühnchen entwich auf die Back, wo es scharrte und nach etwas suchte, was es an Bord der „Santa Barbara“ nicht gab, nicht geben konnte, denn Holzplanken mit geteerten Fugen sind keine Mutter Erde mit köstlichem Kleingetier unter der Oberkruste. Es sah ziemlich dämlich aus, wie das Hühnchen dort so verzweifelt scharrte und dabei den Schnabel in die Teerfugen hackte, steckenblieb und zu zerren begann, als gelte es, einen Regenwurm herauszuziehen.

      Es war kein Regenwurm, aber lang war es auch, nämlich ein immer länger werdender Wurm aus geteertem Werg. Das Hühnchen stemmte die Beine auf die Planken und zerrte jenes Werg um fast die Länge eines männlichen Unterarms aus der Decksnaht. Das Teerzeug war ja so geschmeidig, nicht wahr! Bis es zerriß.

      Zu diesem Zeitpunkt hatte auch der Profos die Übersicht oder den Durchblick verloren. Er geriet gefährlich in die Nähe eines Schlaganfalls.

      Denn inzwischen turnte Mac an den Steuerbordwanten vom Großmast hoch, immer hinter Don Philipp her, der Webeleine für Webeleine höher hüpfte.

      Oben im Großmars kriegte sich Blacky nicht mehr ein. Der lachte sich halbtot und mußte sich festhalten, um nicht über die Verkleidung zu kippen.

      Unten an Deck herrschte das reinste Chaos.

      Old Donegal brüllte und angelte dabei mit der umgekehrten rechten Krücke nach einem Hühnchen, das jedoch entwischte, aber einen satten Klecks auf das leicht geschwungene Stück setzte, das Old Donegal üblicherweise unter die Achsel stemmte.

      „Scheiß-Hühnerkacke!“ tobte er.

      Und er wischte den Klecks leider an Carberrys Hose ab, weil der dicht bei ihm stand.

      Und Carberry sprang über Bord. Tatsächlich.

      Aber das hing nicht mit dem Klecks zusammen. Oder vielleicht doch – es war nur Sekunden nach dem Klecks. Don Philipp hatte von der Webeleine abgehoben, weil ihn der so fürchterlich meckernde Blacky im Großmars erschreckte oder verunsicherte, der nur noch fünf Webeleinen von ihm entfernt war.

      Don Philipp flatterte also durch die Luft, dem Wasser entgegen. Als Hahn war er kein Flieger, und Wasser war ihm auch fremd. Zum Schwimmvogel fehlten ihm die Enteneltern, und zur Möwe war er von der Natur nicht auserkoren worden. Er sollte Hahn eines Hühnervolks auf dem Lande sein, nicht mehr und nicht weniger.

      „Don Philipp über Bord!“ brüllte Mac. Und gleich darauf: „Profos über Bord!“ Fast wäre er dem Profos hinterhergesprungen und hätte gleich selbst „Mac Pellew über Bord!“ geschrien.

      Carberry landete mit einem langen Hechtsprung elegant im Wasser, was auch der Reinigung seiner Hose diente. Don Philipp kämpfte mit den Wellen, und zuerst sah es beinahe so aus, als könne er wie der Herr Jesus auf dem Wasser wandeln, aber das gelang ihm nur mit seinem kräftigen Flügelschlag – dann sackte er weg.

      Fast im selben Moment tauchte Carberry bei ihm auf, und wenn er nicht wußte, wie er Don Philipp jetzt retten sollte – Don Philipp wußte es, das heißt, sein Instinkt sagte ihm wohl, was zu tun sei: er bestieg Carberrys Haupt, weil es sich als Rettungsinsel anbot. Natürlich bereitete ihm das etwas Mühe, und es war ihm auch herzlich gleichgültig, ob er dem Profos dabei das Gesicht zerkratzte.

      Immerhin, er schaffte es. Etwas schwankend stand er auf der haarigen Insel, schlug wieder kräftig mit den nassen Flügeln, um das Wasser daraus zu vertreiben – und segnete das Haupt ebenfalls mit einem Klecks wie zuvor das Hühnchen die Krücke Old Donegals. Ein sehr natürlicher Vorgang bei all der Aufregung.

      Carberry dachte indessen an den Helm des Wikingers – nicht wegen des Kleckses, den er gar nicht spürte. Nein, wegen der Zehen Don Philipps, die ihm von der Schöpfung zugeteilt waren, drei Vorderzehen und eine Hinterzehe je Lauf, langen spitzen Dingern mit der Eigenschaft, sich krümmen zu können.

      Und sie krümmten sich, und darum wünschte sich Carberry erstmals ein behelmtes Haupt, wie es der Wikinger hatte, den er sonst deswegen immer anstänkerte.

      Hier hätte er einen solchen Helm gebraucht! Aber wer schaffte sich schon eine Hurratüte an, um einem Don Philipp im Wasser als Insel dienlich zu sein und sich nicht den Kopf zerkratzen zu lassen!

      Absurd!

      Der Profos litt schweigend und mit zusammengebissenen Zähnen. Und er dachte mit Inbrunst, hoffentlich verfällt diese verdammte Krähe nicht auf die Idee, in meinen Haaren nach Regenwürmern zu picken!

      Doch Don Philipp reckte sich und schmetterte sein herausforderndes „Kikeriki!“ über die See, als sei ein Nebenbuhler im Anmarsch, der verjagt werden müsse. Dem Profos zerriß es fast den Kopf.

      Inzwischen hatte Philipp Hasard Killigrew an Bord der „Santa Barbara“ wieder das Kommando übernommen, um Ordnung in das Tohuwabohu zu bringen.

      Da galt es, die flüchtigen Hühnerchen einzufangen und gleichzeitig in den Wind zu gehen, die Segel aufzugeien und ein Beiboot auszusetzen. Denn der Profos, das hatte der Seewolf mit einem raschen Blick erkannt, konnte mit Don Philipp auf dem Kopf unmöglich schwimmen – der wäre mit ziemlichen Balanceakten beschäftigt gewesen und würde sich noch mehr festkrallen. Nein, der Profos konnte nur Wassertreten und hoffen, möglichst rasch aus seiner peinsamen Situation befreit zu werden.

      Na, komisch sah das schon aus – Carberry mit Don Philipp auf dem Kopf. Ein groteskes Bild war das. Merkwürdig genug, was diese Kerle immer wieder fertigbrachten oder in welche Situationen sie gerieten – in diese unvorstellbaren Situationen! In einmalige Situationen!

      Ein Hahn in der Banda-See, der sich auf den Kopf eines Mister Carberry rettet! Wenn man das jemandem erzählte, würde man als ganz übler Schwadroneur eingestuft werden.

      Aber alles war Wirklichkeit – auch die verblüffende Tätigkeit des Kutschers. Der hatte – wie, das war von Hasard nicht beobachtet worden – gleich zwei Hennen auf die Planken gelegt und ihnen in einer bestimmten Weise über die Köpfe gestrichen. Und da ruhten die Ladys nun, als seien sie in einen Tiefschlaf verfallen.

      Mac Pellew war inzwischen auf die Kuhl abgestiegen und stierte auf die beiden Hühnerchen, als traue er seinen Augen nicht. Vielleicht hielt er sie jetzt für was anderes – für Känguruhs oder so was.

      Auch Old Donegal stierte, als habe ihn der Blitz getroffen. Bei ihm war natürlich Hexerei im Spiel.

      Aber wenigstens waren die drei anderen Hühnerchen – auch jenes, das auf der Back das geteerte Werg aus den Plankenfugen gezerrt hatte – wieder eingefangen und schleunigst in den Verschlag gesperrt worden.

      Und Smoky ließ bereits die Jolle abfieren.

      Hasard atmete ein bißchen auf. Er befand sich allein auf dem Achterdeck. Ben Brighton, Dan O’Flynn und Don Juan hatten fleißig auf der Kuhl mit eingegriffen, wo das Durcheinander am größten gewesen war. Ebenso Jack Finnegan, der am Ruder gestanden hatte.

      Na ja, dachte Hasard, klappt ja alles doch noch – auch bei Situationen, die aussehen, als stünde die Welt kopf.

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