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zu Sir John, zu seinen drei Ferkelsöhnen und zu den Besatzungen seiner drei Karavellen. Wenn die „Empress“-Gesellen „die Wilden von der ‚Empress of Sea‘“ genannt wurden, so hießen die Kerle von den drei Karavellen „die Wüsten von Arwenack Castle“. Das besagte schon alles.

      Es gab da nur eine Ausnahme. Das war der vierte Sohn von Sir John und Lady Anne – Philip Hasard Killigrew, der in der stürmischen Neujahrsnacht vor zwanzig Jahren angeblich von Lady Anne geboren worden sein sollte, aber man hatte nicht gesehen, daß sie gesegneten Leibes gewesen war, und es ging das Gerücht um, er wäre ein Findelkind und einziger Überlebender einer deutschen Hanse-Kogge, die in dieser stürmischen Nacht im Hafen Schutz gesucht hatte, aber vom Burghauptmann von Arwenack Castle und seinen Kerlen auf Anstiften Lady Annes hin überfallen, ausgeplündert und später nach Irland verkauft worden wäre.

      Fest stand jedenfalls, daß Philip Hasard Killigrew das genaue Gegenteil von seinen drei Ferkelbrüdern war – äußerlich und charakterlich.

      Noch etwas ist an dieser Stelle anzumerken.

      Zwar war Kapitän O’Flynn ein freier Mann, aber Sir John konnte ihm als von der Königin eingesetzter Vizeadmiral von Cornwall Befehle erteilen, wenn es um die Sicherheit und Verteidigung der englischen Küste ging, die häufig genug – besonders in letzter Zeit – Ziel spanischer Angriffe gewesen war.

      Es gab da gewisse Beziehungen – auch merkantiler Art – zwischen Spanien und Irland. Die Achillesferse dieser Beziehungen war der Seeweg von Spanien nach Irland und umgekehrt, der nämlich auf der Höhe der Scilly-Inseln seinen neuralgischen Punkt hatte. Denn dort pflegten die Schnapphähne von Cornwall auf der Lauer zu liegen und zuzuschlagen.

      Die Order Ihrer Majestät der Königin für die Sicherheit der Küste legte Sir John sehr großzügig aus. Auf gut englisch gesagt, gab sie ihm die Möglichkeit, nach Lust und Laune dem einträglichen Geschäft des Seeraubs nachzugehen. Insofern konnte er dem Kapitän O’Flynn jederzeit befehlen, ihm mit seiner „Empress of Sea“ zwecks „Sicherung“ der kornischen Küste zur Verfügung zu stehen.

      Das heißt – wenn jemand dumm fragte –, die „Empress of Sea“ wurde von Sir John zum „Wachdienst“ vor der Küste eingesetzt, tatsächlich aber diente sie dazu, seinen eigenen Verband von drei Karavellen zu verstärken, wenn spanische Schiffe gemeldet wurden, die es zu rupfen galt.

      Nun war der Kapitän O’Flynn ein sehr eigensinniger Mann, dem es ganz gewaltig stank, von Sir John, diesem Kotzbrocken, herumkommandiert zu werden. Hinzu kam die Tatsache, daß sich der Sir in brenzligen Situationen bei Gefechten auf See tunlichst mit seiner verdammten „Arwenack Castle“ zurückzuhalten pflegte und die „Empress of Sea“ mit ihren Draufgängern an Bord die Kastanien aus dem Feuer zu holen hatte.

      Im krassen Mißverhältnis dazu stand die andere Tatsache, daß Sir John bei der späteren Verteilung der Beute keineswegs Zurückhaltung übte, sondern den Löwenanteil stets für sich beanspruchte.

      Das heißt, Kapitän O’Flynn und seine Kerle durften die Knochen hinhalten, aber die süßesten Früchte erntete Sir John. Und geradezu unerträglich war die Großmäuligkeit von dem Sir, seinen drei Ferkelsöhnen und den Rabauken auf den drei Karavellen, wenn sie – zurück vom Beutezug – an Land herumstrunzten, was sie mal wieder für tolle Hechte gewesen seien. Natürlich waren sie es gewesen, die dem „Feind“ das Fürchten beigebracht und das Gefecht auf Biegen und Brechen durchgeschlagen hatten.

      Seltsamerweise waren jedoch die Wilden von der „Empress of Sea“ mit Narben bedeckt, und gleiches galt für ihren Dreimaster, dieses alte Schlachtroß, das deutlich sichtbar die Spuren vieler Kämpfe trug – allein das Schanzkleid war Hunderte von Malen geflickt worden, von den Spieren gar nicht zu reden.

      Demgegenüber konnte man bei den Maulhelden Sir Johns wenig entdecken, was auf wilde Kämpfe hindeutete, und seine drei Karavellen sahen auch nicht so aus, als seien sie das Ziel feindlicher Kanonenkugeln gewesen, die „Arwenack Castle“ schon gar nicht.

      Dafür jedoch war die „Empress of Sea“ ein Schmuckstück an Sauberkeit, was man von den drei Killigrew-Karavellen nun keinesfalls behaupten konnte – und auch nicht von ihren Kerlen. Die richteten sich wiederum nach ihrem „Vorbild“, dem Vizeadmiral, der mit seinem schmutzigen und bekleckerten Hemd, dem speckigen Lederwams, den schmutzigen Hosen und dem ungewaschenen Hals eher einem Räuberhauptmann glich.

      Die Bürger von Falmouth waren nicht blind, und ihre Sympathien lagen eindeutig auf seiten Kapitän O’Flynns und seiner Mannen, auch wenn sie eine wilde Bande waren. Den Vizeadmiral und seine wüste Horde samt den drei Ferkelsöhnen hätten sie am liebsten zum Teufel gewünscht – mit Ausnahme des Philip Hasard Killigrew.

      Die ehrbaren Jungfrauen, die Mädchen und Jungen von Falmouth verschwanden also nach dem dreifachen Hornsignal des Wächters in den Häusern, was die Jungfern, Buben und Mädchen allerdings nicht hinderte, neugierig, aber versteckt aus den Fenstern zum Hafen zu lugen, wo sich wieder einiges abspielen würde. Und die Jungfern seufzten verhalten. Oder sie kicherten, weil es so schön prickelnd war, die Mannsbilder zu beobachten, unter denen nicht nur wilde und wüste, sondern auch prächtige Kerle waren.

      Der prächtigsten einer war Philip Hasard Killigrew.

      Von Arwenack Castle indessen zogen an die zehn Burgknechte hinunter zum Hafen. Sie führten einige Maultiere mit sich, auf denen Tragegestelle verzurrt waren. Denn sicher brachte Sir John wieder Beute von See mit, reiche Beute, denn der Vizeadmiral ließ nichts aus, was irgendwie in Talerchen umzusetzen war.

      Vor drei Monaten hatte er bei den Scillies ein nach Irland segelndes Handelsschiff aufgebracht, das kistenweise weibliche Bekleidung geladen hatte – Unterhemden, Strümpfe aus gestrickter Seide mit Strumpfbändern, Korsetts, die wahren Lederharnischen glichen, Leibchen, Reifengestelle, Unterröcke, Oberkleider, Halskrausen, Bandagen und Hütchen!

      Olala!

      Sir John, seine Ferkelsöhne und die Kerle der „Arwenack Castle“ waren schon betrunken gewesen, als das Flaggschiff an die Pier gesteuert wurde – mit einem wüsten Bums, versteht sich.

      Und sie hatten sich mit der Beute kostümiert! Die hatten ausgesehen wie eine Horde wilder Affen und sich auch so auf geführt. Sogar an den langen Rahruten der Karavelle hatten sie Unterröcke vorgeheißt.

      Die waren mit der neusten Mode aus Spanien umgegangen wie die Wandalen. War ja genug an Bord. Aber es war schon eine Schande. Sir John hatte auf der Pier einen obszönen Tanz aufgeführt, bekleidet mit Korsett, ausgepolstertem Busen, in Seidenstrümpfen und mit einem verrückten Hütchen auf seinem rothaarigen Kürbisschädel. Er war so blau gewesen, daß er fast von der Pier ins Hafenbecken gestürzt wäre.

      Die Hafenhuren hatten vor Wonne gekreischt.

      Oben auf Arwenack Castle hatte Lady Anne Killigrew, geborene Wolverstone, erbittert das Fenster zugeschmettert, durch das sie mit einem Spektiv die Ankunft ihres Gatten beobachtet hatte.

      Sie hatte nichts – nicht einmal eine Bandage – von dem Beutegut erhalten. Was Sir John in seinem Suff nicht an die Hafenhuren verschenkt hatte, das war von ihm, als man ihn wieder als einigermaßen nüchtern bezeichnen konnte, zu Höchstpreisen an Mister Applewhite verhökert worden. Mister Applewhite handelte in Falmouth mit allem, was überhaupt zu verkaufen war – und sei es Läuseblut als Wundermittel für die Stärkung der Manneskraft.

      Aber bei modischer Bekleidung aus Spanien brauchte Mister Applewhite wegen der Höchstpreise Sir Johns nicht das Zittern oder Schlaganfälle zu kriegen. Die wurde er sogar los, wenn er das Doppelte draufschlug. Die ging weg wie Dünnpfiff.

      Was für die irischen Weiber gut sein sollte, das sollte man den kornischen Ladys vorenthalten? Nichts da! Und die kornischen Ehemänner – jene, die betucht waren – griffen zu, um ihre besseren Ehehälften modisch gekleidet zu sehen. Man mußte doch zeigen, wer man war.

      Was würde es wohl diesmal sein?

      Aus dem Haus Kapitän O’Flynns huschte ein etwa fünfzehn- bis sechzehnjähriger Junge, hellblond, langschädelig, schmaler Mund, festes, etwas trotziges Kinn, gerade Nase, aber noch ein wenig stupsig.

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