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von Nathaniel Plymson, dessen Glatzkopf hinter der Theke aufgetaucht war und der lauthals nach der ausstehenden Bezahlung schrie.

      Fluchend rappelte sich Dan O’Flynn auf und folgte den beiden.

      Alle Einwohner von Plymouth schienen sich zu dieser frühen Morgenstunde auf den Straßen um die Mill Bay aufzuhalten. Sie hatten das Feuer unter Kontrolle gebracht. Zwei blutende Männer wurden am Straßenrand von Frauen behandelt.

      Das Donnern der Kanonen hatte sich verstärkt. Die Menschen blickten ängstlich zum Sound hinunter, um die Kugeln rechtzeitig erkennen zu können, die von den Spaniern in die Stadt geschossen wurden.

      Ben Brighton war die feuchtkalte Morgenluft wie ein nasser Lappen ins Gesicht geschlagen. In seinem Kopf begann es sich zu drehen, doch er begriff auf einmal, was der Höllenlärm zu bedeuten hatte. Sein nächster Gedanke galt dem Schiff, auf dem jetzt sein Platz war.

      Fast verwundert betrachtete er Blacky, der ihn immer noch stützte. Unwillig schüttelte er die Arme des bärenstarken Mannes ab.

      „Los, zur ‚Isabella‘!“ Wir müssen an Bord!“ sagte er keuchend.

      „Meinst du, ich bin auf dem Wege nach London, um mich bei Lissy über den Krach zu beschweren?“ fragte Blacky knurrend.

      Ben gab keine Antwort. Er rannte los. Er erkannte neben sich Dan O’Flynn. Das erinnerte ihn an die kalte Dusche, die er in der „Bloody Mary“ hatte hinnehmen müssen, und er sagte sich, daß es bald mal an der Zeit war, dem Bürschchen beizubringen, wie sich ein junger Schnösel einem Bootsmann gegenüber zu benehmen hatte.

      Sie wollten in die Hoe Road einbiegen, als Dan das Heulen der Kugel vernahm. Er riß Ben Brighton zurück und schrie Blacky etwas zu. Im selben Moment krachte es auch schon. Eine glühendheiße Kugel fraß sich durch die Mauer eines Hauses und brachte die ganze Wand zum Einsturz. Steine und Holzsplitter flogen durch die Luft. Männer schrien sich die Kehlen heiser. Dichter Qualm quoll aus den Trümmern, und Sekunden später schlugen die ersten Flammen aus dem Haus.

      Blacky hatte den Einschlag der Kugel nicht bemerkt. Er war weitergelaufen und stand jetzt an der Ecke der Hoe Road.

      Ben Brighton wischte sich das Blut aus den Augen, das aus einer Schramme auf der Stirn sickerte. Er fluchte unterdrückt. Er drehte sich nach Dan um, der sich gerade erhob und den Steinstaub aus den Haaren schüttelte.

      Sie liefen weiter. Als sie Blacky mit hängenden Schultern an der Ecke der Hoe Road stehen sahen, wußten sie, daß sie zu spät gekommen waren.

      Die „Isabella“ stand unter vollen Segeln und lief auf die schmale Einfahrt der Mill Bay zu.

      Ben Brighton preßte die Zähne aufeinander. Er hatte Carberry erkannt, den Profos der „Marygold“. Der Mann nahm jetzt seinen Posten ein!

      Dan O’Flynn starrte mit brennenden Augen der Galeone nach. Die Enttäuschung stand ihm im Gesicht geschrieben. Er verfluchte Plymson mit seiner „Bloody Mary“ und mit seiner molligen Kellnerin Rose, die es so gut verstand, einen Jungen wie Dan in die Geheimnisse der Liebe einzuweihen.

      Dan hätte heulen können vor Wut Er holte mit dem rechten Fuß aus und trat Blacky mit voller Wucht in den Hintern.

      Der große Mann wirbelte herum.

      „He!“ schrie er. „Bist du übergeschnappt?“

      „Warum besäufst du dich, du krummer Hund?“ rief Dan, und die Tränen stiegen ihm in die Augen. „Wenn du deinen Verstand beieinander gehabt hättest, wären wir jetzt auf der ‚Isabella‘!“

      „Das mußt du gerade sagen, du kleiner Hurenbock!“ gab Blacky grollend zurück. „Wenn du nicht dein ungewaschenes Maul hältst, hau ich dich zusammen, daß du nie in deinem Leben wieder an ein Mädchen denken wirst!“

      „Versuch’s doch, Walroß!“ schrie Dan.

      Ben Brighton schob sich zwischen die beiden Kampfhähne.

      „Hört auf!“ sagte er scharf. „Wir laufen zum Hoe Pier hinüber. Vielleicht erwischen wir dort ein Boot. Irgendwie müssen wir es schaffen, an Bord der ‚Isabella‘ zu gelangen.“

      Der Streit war vergessen. Sie stürmten los. Immer wieder schwenkte ihr Blick hinüber zur Mill Bay, deren Wasser von der Morgensonne blutrot gefärbt war. Sie sahen, wie ihre Kameraden wie die Teufel arbeiteten, um die „Isabella“ gefechtsklar zu machen.

      Ben Brighton stockte der Atem, als er zur Cattewater-Bucht hinüberblickte. Eine schnittige Karavelle schoß auf die Einfahrt der Mill Bay zu. Die Mündungen ihrer Kanonen ragten wie scharfe Zähne aus ihrer Bordwand. Die drei Lateinersegel blähten sich im Wind.

      Nur wenige Augenblicke noch, dann befanden sich das schnelle spanische Schiff und die „Isabella“ auf gleicher Höhe, und dann kam es darauf an, welcher Schiffsführer am schnellsten reagierte.

      Ben Brighton konnte nur hoffen, daß es der Seewolf war.

      2.

      Hasards Befehle gellten über das Deck. Er war auf das Auftauchen der Karavelle vorbereitet gewesen und hatte bis zum letzten Augenblick gewartet, ob der Spanier beidrehte. Er wußte, daß derjenige als Sieger aus dem Gefecht hervorging, der die Nerven behielt.

      Hasard begann zu grinsen, als er sah, daß der spanische Kapitän seinen Fehler wieder wettmachen wollte, indem er den Bug der Karavelle herumschwenkte.

      „Feuer!“ brüllte Hasard.

      Ferris Tucker und Al Conroy hatten auf dieses Wort gewartet. Ihre Lunten setzten die kurzen Zündschnüre der Geschütze in Brand, und dann entluden sich donnernd die Steuerbordkanonen.

      Die Decksplanken der „Isabella“ erzitterten, als die schweren Lafetten zurückrumpelten und von den armdicken Brooktauen aufgefangen wurden. Pulverdampf hüllte die Männer ein.

      Stenmark, der immer noch oben im Mars hockte, schrie vor Begeisterung, und als sich der Qualm ein wenig verzogen hatte, sah auch Hasard, daß die kleine Karavelle von der Breitseite der „Isabella“ förmlich zerhackt worden war. Das, was dort noch auf dem Wasser trieb, war nichts weiter als ein riesiger Sarg. Die beiden großen Masten waren wie Zahnstocher umgeknickt, nur noch der hintere Besan stand.

      Die Spanier, die die Kanonen an Steuerbord der Karavelle bedient hatten, waren tot. Hasard sah ihre zertrümmerten Leichen an Deck liegen, doch er riß sich von diesem Anblick los.

      Sie hatten gewußt, was sie erwartete, als sie in den Plymouth Sound eingelaufen waren.

      Von der Karavelle drohte keine Gefahr mehr. Die überlebenden Spanier würden sich an Land in Sicherheit bringen, aber es war eine Frage, ob die Gefangenschaft, in die sie geraten würden, besser war als der Tod.

      Hasard versuchte sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Im Pulverdampf der Küstenbatterien der beiden Stonehouse Forts sah er, wie zwei Kriegsgaleonen versuchten, in die Hamoaze einzudringen. Wahrscheinlich wollten sie die neben Fort Western King liegenden Arsenale und Docks mit ihren Kugeln beharken.

      Der Seewolf fluchte unterdrückt. Die Burschen in den Forts feuerten zwar unablässig, aber die Trefferquote war äußerst gering, obwohl die Entfernung zu den Schiffen knapp vierhundert Yards betrug. Die Batterien auf Mount Edgcumbe, die Devil’s Point genau gegenüberlagen, waren noch nicht, in Aktion getreten. Hasard hätte es nicht gewundert, wenn die Schlafmützen noch nichts von dem Überfall der Spanier bemerkt hatten.

      Die dritte Kriegsgaleone beschoß die Zitadelle und hatte dort schon beträchtliche Schäden angerichtet, denn nur selten wurde von dort zurückgefeuert. Neben der Galeone, die mindestens sechsunddreißig Kanonen führte, segelte die zweite Karavelle, die ihre Kanonen in die Einfahrt des Cattewater gerichtet hatte und auf die Handelsschiffe schoß, die dort vor Anker lagen.

      Hasard brauchte nicht lange zu überlegen. Er gab Befehl, auf Cattewater zuzuhalten. Die Steuerbordgeschütze waren bereits wieder feuerbereit. Einen Moment fragte sich Hasard, wie die „Isabella“ wohl aussehen würde, wenn sie von einer Breitseite

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