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Abschnitt des Verdauungstrakts, den Dünndarm.

      Ist der Vagusnerv geschädigt und sendet diese wichtigen Signale nicht an die Zellen des Magens, kommt es zu Problemen wie einer Hypochlorhydrie (geringer Magensäurespiegel), die eine wichtige Ursache vieler gesundheitlicher Beschwerden ist. Ein ausreichend niedriger pH-Wert (hoher Säuregrad) ist für die Aktivierung der Verdauungsenzyme und zur Aufspaltung der Nahrung erforderlich. (Der pH-Wert wird in Zahlen von 1-14 ausgedrückt; 7 bedeutet neutral, alles <7 ist sauer – je niedriger, desto saurer –, alles >7 ist basisch – je höher, desto basischer; Anm. d. Übers.) Der optimale pH-Wert des Magens sollte bei etwa 3,0 liegen; alles über 5,0 ist nicht stark (sauer) genug, um Pepsin und Gastrin zu aktivieren. Bei einem niedrigen Magensäurespiegel kann die Nahrung also nicht optimal aufgespalten werden. Ein höherer pH-Wert im Magen kann unerwünschten Bakterien, Viren und Parasiten den Weg in den Darm ermöglichen, wo sie sich verheerend auf den Verdauungstrakt auswirken.

      Der zweite Vagus-Ast im Bauchraum zieht zur Leber. Interessanterweise sind diese Äste – er verästelt sich noch weiter – eng mit dem Empfinden von Hunger und dem Wunsch nach bestimmten Arten von Nährstoffen verbunden. Die Nahrung, die wir zu uns nehmen, gelangt zuerst in den Magen, um dort aufgespalten zu werden. Anschließend wird sie in den Dünndarm transportiert, wo die meisten unserer Makronährstoffe (Fette, Kohlenhydrate und die Aminosäuren, die Bausteine der Proteine) in den Blutstrom aufgenommen werden. Sie fließen danach über die Pfortader in die Leber; dort werden sie gefiltert und verarbeitet und es werden Signale zurück zum Gehirn gesendet.

      Von der Leber aus übermittelt der Vagus Informationen über das Gleichgewicht des Blutzuckerspiegels, die Fettzufuhr und die Gesamtfunktion der Leber an das Gehirn. Er kann auch Informationen über die Menge an Galle übermitteln, die zur Fettverdauung benötigt wird. Die Leber hat viele Aufgaben, für die Informationen vom Vagus benötigt werden; einige wenige von ihnen sollen hier beispielhaft genannt werden:

      • die Bildung von Galle und Gallensalzen (der aktiven Komponente von Galle), die dann in der Gallenblase gespeichert werden,

      • die Regulierung des Blutzuckers durch die Bildung von Glukose,

      • die Steuerung von Hunger und Sättigung durch die Bestimmung der Fettzufuhr,

      • die Filterung des Blutes aus der Pfortader, die Nährstoffe und Toxine aus dem Darm in die Leber zur Filterung bringt;

      • die Phasen 1 und 2 des Entgiftungsprozesses fettlöslicher Hormone, Neurotransmitter und Toxine aus dem Körper.

      Die Leber ist für unser gesamtes Wohlbefinden sehr wichtig, und die Innervation durch den Vagusnerv ist stark mit der Erhaltung dieses Gleichgewichts verbunden.

      In enger Verbindung mit der Leber steht die Gallenblase. Sie ist wichtig für die optimale Funktion unseres Körpers – und wird oft vom Medizinsystem übersehen. Die Galle und die Gallensalze, die von der Leber gebildet werden, gehen in die Gallenblase und werden dort für die nächste Mahlzeit gespeichert. Wenn es so weit ist, wird Galle von der Gallenblase – vermittelt durch den Vagusnerv – in das Duodenum, den Zwölffingerdarm (so heißt der erste Darmabschnitt nach dem Magen) abgegeben, damit die Fette verdaut und in den Blutstrom aufgenommen werden können. Dazu dient die Verzweigung des Vagus von der Leber aus in die Gallenblase, die durch die Aktivierung der glatten Muskelzellen in ihrer Wand für die Abgabe der Galle in den Verdauungstrakt sorgt. Damit es dazu kommt, müssen die Geschmacksknospen (die sensorischen Rezeptoren auf der Zunge) feststellen, dass die aufgenommene Nahrung Fett enthält, das sofort nach seiner Ankunft im Dünndarm verdaut werden sollte.

      Der nächste Ast des Vagus zieht zur Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Sie ist eine der wichtigsten Drüsen im Körper und hat einen sogenannten exokrinen Anteil, sie kann also von ihr gebildete Substanzen an eine innere Oberfläche (in dem Fall in den Darm) abgeben, sowie einen endokrinen Anteil, um von ihr gebildete Substanzen direkt in die Blutbahn abzugeben. (Es gibt auch exokrine Drüsen, die ihre Substanzen an eine äußere Oberfläche wie die Haut abgeben, zum Beispiel die Schweißdrüsen. Im weiteren Sinne bedeutet endokrin „auf das Hormonsystem bezogen“; Anm. d. Übers.) Der endokrine Anteil der Bauchspeicheldrüse bildet Insulin und Glukagon und schüttet sie direkt in den Blutstrom aus, um den Glukosespiegel im Blut, den Blutzuckerspiegel, im Gleichgewicht zu halten. Der exokrine Anteil der Bauchspeicheldrüse bildet Verdauungsenzyme und gibt sie über einen Gang in den Dünndarm ab. Die drei bemerkenswertesten Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse sind die Protease, die Proteine in ihre Bestandteile, die Aminosäuren, aufspaltet; die Lipase, die die aus Triglyzeriden zusammengesetzten Fette in freie Fettsäuren und Cholesterin abbaut, sowie die Amylase, die Kohlenhydrate in einfachere Zucker zerlegt.

      Über die nervale Versorgung durch den Vagus werden Signale von der Bauchspeicheldrüse zurück zum Hirnstamm geschickt, die Informationen über den exokrinen und endokrinen Status der Zellen übermitteln. Darüber kommen auch Information zur Nahrungsaufnahme und bezüglich der Art der Enzyme, die gebildet und in die Blutbahn sowie den Verdauungstrakt freigesetzt werden müssen, vom Hirnstamm zurück zu diesem Organ. Die nervale Versorgung durch den Vagus ist für die Übermittlung dieser Informationen unerlässlich; ein Mangel an Signalen ändert die Freisetzung von Verdauungsenzymen und setzt die Wirksamkeit des Verdauungsprozesses herab.

      Sobald der Vagus den Magenbereich verlassen hat, bildet er den Solarplexus, das Sonnengeflecht, ein Netzwerk, das die sympathischen Nerven im Lebenwirbelbereich und die parasympathischen Fasern des Vagus miteinander bilden. Von diesem Netzwerk aus ziehen Äste zu den restlichen Organen des Bauchraums.

      Das erste Organ, das nach dem Solarplexus innerviert wird, ist die Milz. Sie befindet sich auf der linken Körperseite unter dem linken Lungenflügel, gegenüber der Leber. Ihre Aufgabe besteht in der Überwachung des Blutstroms und der Aktivierung oder Deaktivierung des Immunsystems je nach Immunlage. Sehr früh in unserem Leben kümmern sich Milz und Thymus gemeinsam um die Funktion der Immunzellen, doch später, wenn der Thymus verschwunden ist, liegt diese Aufgabe alleine bei der Milz.

      Sie erhält Botschaften aus den Sympathikus-Ästen zur Aktivierung der Entzündungswege, die als Reaktion auf körperliche oder biochemische Traumata oder Schäden anspringen. Über die parasympathischen Äste laufen Signale, die die Entzündungsprozesse stoppen. Der Vagusnerv regelt ein System, den sogenannten antiinflammatorischen Signalweg, der wichtige Auswirkungen auf die Milz hat. Davon wird in späteren, mit Entzündungen zusammenhängenden Abschnitten noch die Rede sein.

      Der nächste Vagus-Ast nach dem Solarplexus zieht zum Dünndarm. Wurde die Nahrung chemisch und mithilfe der muskulären Durchmischung im Magen aufgespalten, gelangt sie in den Dünndarm. Dort geht der Verdauungsprozess durch die Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse und die Galle weiter. Die Aufgabe des Dünndarms besteht darin, die meisten der Makronährstoffe aufzuspalten und zu resorbieren; das sind Fette, Kohlenhydrate und Proteine (die idealerweise zu ihren Bausteinen, den Aminosäuren, abgebaut werden). Ins Blut werden jene Makronährstoffe aufgenommen, die von der Dünndarmschleimhaut akzeptiert werden, die die Dünndarmschleimhaut also passieren dürfen.

      Jeder Bissen, den wir zu uns nehmen (und der an diesem Punkt des Verdauungsprozesses als Chymus bezeichnet wird), muss durch die Windungen des gesamten Dünndarms geschoben werden. Dazu aktiviert der Vagus die glatten Muskelzellen des Verdauungstrakts, indem er entsprechende Signale sendet an das umfangreiche Netzwerk der Nerven in der Darmschleimhaut, das sogenannte enterische Nervensystem.

      Der Dünndarm hat eine Länge von etwa 6,7 Metern und ist damit deutlich länger als der Dickdarm, der nächste Abschnitt des Verdauungstrakts.

      Zwischen uns und den anderen Zellen, die in unserem Verdauungstrakt beheimatet sind, besteht eine enorm wichtige Beziehung. Ich spreche von der symbiotischen Beziehung zwischen unseren Zellen und den Bakterien, die in unserem Darm leben, unserem Mikrobiom. Die überwiegende Mehrheit unserer bakteriellen „Verbündeten“ befindet sich im Dickdarm – dem kürzeren Abschnitt des Verdauungstrakts, der (im Vergleich zum Dünndarm) einen größeren Durchmesser hat. Diese Bakterien bilden zwar viele wichtige Vitamine, Mineralstoffe und biochemische Vorläuferstoffe für uns, doch sie können auch viele Toxine und Gase bilden. Wir brauchen ein System, das diese Bakterien in Schach halten

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