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      Marc Witzenbacher

      Beter, Mönche und Gelehrte

      Porträts engagierten Christseins

      Butzon & Bercker

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio­grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

      PDF ISBN 978-3-7666-4261-5

      EPUB ISBN 978-3-7666-4259-2

      MOBI ISBN 978-3-7666-4260-8

      © 2014 Butzon & Bercker GmbH, Hoogeweg 100,47623 Kevelaer, Deutschland, www.bube.de

      Alle Rechte vorbehalten.

      Satz und Umschlaggestaltung: Friedrich Lurz

      Vorwort

      Lebensbilder haben ihren besonderen Reiz. Schon in der Antike interessierten sich die Menschen, wie andere gelebt haben, was sie dachten, wie sie ihren Alltag meisterten. Und bis heute gehört die Sparte „Biografie“ zu den am meisten gefragten Publikationen in den Buchhandlungen und Kiosken. Ob die wissenschaftliche Biografie oder das Klatschblatt der Reichen und Schönen: Wie andere leben, will man wissen. Was macht das Leben der anderen eigentlich so spannend? Der eine orientiert sich daran, versucht den fremden Lebensentwurf nachzuahmen und bestimmte Gedanken, Handlungsweisen und Entscheidungen in das eigene Leben zu integrieren. Der andere erfährt aus dem Scheitern des anderen, worin er sein eigenes Leben ändern muss.

      Beispiele und Lebensbilder können uns darin helfen, unser Leben als Christen zu gestalten. Dabei geht es nicht um pure Information oder das bloße Nachahmen eines Lebenslaufs, sondern solche Lebensbilder wollen uns anregen, Impulse schenken und uns zeigen, wie vielfältig sich der christliche Glaube im Leben eines Einzelnen ausdrücken kann.

      Daher ist die Rubrik „Engagiertes Christsein“ auch ein fester Bestandteil des monatlich erscheinenden Stundenbuchs MAGNIFICAT. Dort werden Menschen aus allen Zeiten und Traditionen vorgestellt, die ihren Glauben konsequent gelebt haben, für die Geschichte der Kirche einen wesentlichen Meilenstein markieren oder bis heute wichtige Dienste und Aufgaben im kirchlichen Leben übernehmen. Eine Auswahl der in dieser Rubrik erschienenen Texte sind nun leicht überarbeitet in diesem Buch versammelt worden. Sie zeigen ein buntes Panorama des kirchlichen und christlichen Lebens quer durch die Kirchengeschichte – auch durch alle Konfessionen. Immer wieder verbindet sie die eine Frage, wie sich der christliche Glaube im Alltag bewährt, welche Antworten Menschen unterschiedlicher Zeiten auf die jeweils aktuellen und immer drängenden Fragen der Zeit gefunden haben. Neben den Lebensbildern werden in MAGNIFICAT immer wieder auch Heilige Orte vorgestellt. Wie die Lebensbilder besitzen sie eine besondere Ausstrahlung, haben Menschen zu allen Zeiten Kraft und Inspiration verliehen. Ob es der Friedhof oder eine bestimmte Kirche ist. An manchen Orten dieser Welt ist uns Gott besonders nahe, und das spürt man deutlich. Teilweise pilgern seit Jahrhunderten Menschen zu diesen Orten, weil sie ahnen, dass sich dort das Heilige in besonderer Weise zeigt.

      Die Lebensbilder und Orte sind nach verschiedenen Kategorien geordnet. Die Auswahl allerdings mag teilweise etwas willkürlich erscheinen. Doch orientiert sich die Vorstellung der jeweiligen Personen und Orte in der Rubrik „Engagiertes Christsein“ in der Regel an den Monatsthemen der Ausgaben des Stundenbuchs MAGNIFIACT. So mag für den einen oder anderen eine bestimmte Person oder ein Ort fehlen, die er in der Kategorie erwartet hätte. Dies hängt eben nicht daran, dass die Personen oder Orte nicht für wichtig gehalten wurden, sondern dass sie vielleicht in anderen Zusammenhängen im Stundenbuch noch beschrieben werden. Von daher versteht sich diese Sammlung auch als Einladung, das Stundenbuch MAGNIFICAT als regelmäßige Inspiration und Anregung für das persönliche Gebet und geistliche Leben zu nutzen.

      Marc Witzenbacher

      „Und ihr werdet meine Zeugen sein“ (Apg 1, 8) – Leidenschaft für ­Christus in aller Welt

      Bereits in seinen Anfängen verstand sich das Christentum nicht als Kreis von Eingeweihten, sondern als Gemeinschaft von Zeuginnen und Zeugen des auferstandenen Jesus Christus. Von ihm hatten sie den Auftrag, die Frohe Botschaft in alle Welt zu tragen und seine Zeugen zu sein bis an die Enden der Welt. Glaube ist seinem Verständnis nach immer missionarischer Glaube. Die Kirche schließt ihre Botschaft nicht ein, grenzt sich nicht ab, sondern lädt stets dazu ein, sich der Nachfolge Jesu Christi anzuschließen und nach seinen Worten und Geboten das Leben zu gestalten.

      Quer durch alle Jahrhunderte haben sich Menschen daher auf den Weg gemacht, die Frohe Botschaft zu verkünden. Sie haben dabei teilweise größte Mühen auf sich genommen, haben sich schrecklichen Gefahren ausgesetzt, bewiesen Mut und Glaubensstärke selbst in widrigsten Zeiten. Viele gründeten missionarisch geprägte Werke und Gemeinschaften, obwohl dies gar nicht ihr ursprüngliches Ziel war.

      Immer wieder blitzte in einigen Menschen der göttliche Funke besonders auf. Sie besaßen eine Strahlkraft, die andere Menschen anzog. Sie verkündeten das Evangelium insbesondere durch die Art und Weise, wie sie ihr Leben gestalteten. Sie begeisterten als Begeisterte. Sie halfen Kranken und Ausgegrenzten, weil sie davon überzeugt waren, dass Gottes Liebe keine Schranken und Grenzen kennt. Ihre Leidenschaft für Christus hat sie zu wichtigen Zeuginnen und Zeugen ihres Glaubens werden lassen. Dabei waren es nicht nur die Geistlichen oder Ordensleute, die bleibende Spuren ihres Glaubens hinterlassen haben. Auch Politiker wie Robert Schuman oder politisch engagierte Pfarrer wie Christian Führer verdeutlichen, in welch unterschiedlichen Bereichen des Lebens der christliche Glaube praktisch und konkret gelebt werden kann und damit dazu beiträgt, schon jetzt das Reich Gottes in dieser Welt sichtbar zu machen. Einige von diesen engagierten Zeuginnen und Zeugen stellt dieses Kapitel vor. Die Darstellung folgt der chronologischen Abfolge der jeweiligen Lebensdaten.

      Himmelwärts und erdverbunden: Hildegard von Bingen

      Bereits zu Lebzeiten sprach man davon, dass sie eine Heilige war. Hildegard von Bingen – eine Frau, an der sich die Geister scheiden, bis heute. Prophetin und Mystikerin nennen sie die einen, die anderen machen sich mit esoterischem Interesse an ihrem Werk zu schaffen und verbannen sie in das Reich der „Kräuterhexen“: Hildegard-Tee, Hildegard-Seife, Hildegard-Kräuterlikör – mit dem Namen der Nonne aus Rheinhessen lassen sich selbst die obskursten Kräutermixturen verkaufen. Die Heilkundige, die Mystikerin, die Köchin und Autorin von Rezepten, die esoterische Gesundheitsratgeberin: Diese rein naturverbundene Sicht auf Hildegard von Bingen wird dieser außergewöhnlich begabten Frau nicht gerecht. Sie komponierte, dichtete und betrieb Kirchenpolitik. Es waren Visionen, aus denen Hildegard von Bingen ihre Kraft zum schöpferischen Denken und Handeln gewann. Hildegard war eine starke Frau, eine selbstbewusste Persönlichkeit, die den Mächtigen durchaus auch ins Gewissen redete.

      Vieles aus dem Werk und auch aus dem Leben der Hildegard mutet heute jedoch erstaunlich modern an und fasziniert gerade deswegen viele, eben auch der Kirche fernstehende Menschen. Ihre Rede von der „Harmonie und Symphonie der Schöpfung“ beispielsweise, ihr Wissen über die heilende Wirkung von Pflanzen, Speisen und Steinen, ihre ganzheitliche Sicht von Mensch und Kosmos lassen den zeitlichen Abstand fast vergessen, der uns von der mittelalterlichen Frau trennt.

      Hildegard wurde 1098 geboren. Zur Zeit ihrer Geburt kämpften Kaiser und Papst um die Investitur, die Einsetzung von Bischöfen und Äbten, und damit zugleich um die politische Macht im Abendland. Ein Kreuzfahrerheer eroberte Jerusalem, innerhalb des Klerus herrschten teilweise unmoralische Sitten. Zur gleichen Zeit brach mit der Entstehung neuer Orden eine Blütezeit der Frömmigkeit an. Hildegard stammte aus einer adligen Landfamilie, ihre Eltern und fast alle ihrer neun Geschwister bekleideten wichtige und einflussreiche Ämter in Staat und Kirche. Hildegard, die Jüngste, sollte Gott geweiht werden. Die Eltern übergaben sie in die Obhut einer Frauenklause, die dem Mönchskloster auf dem rheinhessischen Disibodenberg angebaut worden war. Dort lernte Hildegard lesen und schreiben, sie

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