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der Akutphase einer Akklimatisation müssen anaerobe Belastungen möglichst vermieden werden.„Sich nicht zu Tode schleppen“ heißt ein wichtiger Grundsatz der Höhentaktik in dieser für den Körper so sensiblen Phase.

      Nach einem Gipfelgang muss ein weiterer Verbleib in der Höhe möglichst kurz gehalten werden. Es ist wichtig, so konditionell machbar, so weit wie möglich abzusteigen. Unnötig lange Aufenthalte in extremer Höhe sind immer zu vermeiden.

      Soweit es vom Gelände her möglich ist, sollte die tägliche Schlafhöhe nicht mehr als 300–600 m nach oben verlegt werden. Die individuelle Schlafhöhenverträglichkeit ist allerdings sehr unterschiedlich.

      Bedeutung von Aufstiegsprotokollen

      Sehr hilfreich sind Aufstiegsprotokolle mit Angaben zur Höhe, der Zeit in Tagen sowie Wegstrecken („Höhenprofil“, Abb. 2.23). Manche Agenturen stellen sie ihren Kunden vor Reisebeginn zur Verfügung.

      Hinweis. Das Problem kommerzieller Anbieter ist, dass unter dem Druck von Zeit und Kosten der Trend zu immer kürzeren Reisen geht. Der Kilimanjaro mit fast 6000 m wird inzwischen schon in 4 Tagen angeboten, aus höhenmedizinischer Sicht der absolute GAU.

      Grafische Darstellungen helfen schon im Vorfeld, kritische Schlafplätze zu erkennen. Topografische Karten helfen, schnelle und sichere Abstiegswege herauszufinden. Problematisch sind immer die Lagerplätze auf hohen Sätteln oder in Hochtälern, bei denen sowohl vor dem weiteren Aufstieg als auch vor einem Abstieg längere Zeit wieder aufgestiegen werden muss, da ein Abstieg ohne Gegenanstieg vom Gelände her nicht möglich ist.

      Vorakklimatisation – Durchführung und Möglichkeiten

      Manche Reisen sind ohne schnellen Höhengewinn nicht durchführbar, weil z. B. das Basislager nur per Helikopter oder Jeep erreichbar ist, oder Lagerplätze vom Gelände her vorgegeben sind, z. B. bei fehlendem Wasser. Dann sollte man vor Reisebeginn eine Vorakklimatisation in Erwägung ziehen, beispielsweise in den Alpen. So lassen sich Höhenprobleme bei Beginn der Tour und schnellem Aufstieg vermeiden, besonders bei anfälligen Individuen.

      Abb. 2.23: Aufstiegsprotokoll zum Island Peak/Nepal (Stefan Schöfer, DAV Karlsruhe)

      Hinweis. Der Sinn einer Vorakklimatisation ist niemals, eine bestimmte Bergtour schneller als üblich durchzuführen, sondern es geht ausschließlich um Vermeidung gravierender Höhenprobleme besonders anfälliger Personen.

      Nach einer Untersuchung in Nepal werden Trekker organisierter Touren deutlich häufiger höhenkrank und es sterben 4-mal mehr Touristen als Individualreisende. Diese können sich ihre Zeit einteilen, der organisiert Reisende ist jedoch an einen festen Plan gebunden.

      Arten der Vorakklimatisation. Es gibt zwei grundsätzliche Varianten zur Vorakklimatisation, entweder man schläft mehrere Tage auf hoch gelegenen Hütten oder hält sich intermittierend oder nachts in einer Hypoxiekammer auf, wie diese heute in verschiedenen Städten Deutschlands kommerziell angeboten werden.

      Vorakklimatisation in hypobarer Hypoxie: Eine Vorakklimatisation auf einer hochgelegenen Hütte entspricht den physiologischen Gegebenheiten der Höhe, also einem Aufenthalt in hypobarer Hypoxie (Hypoxie unter abnehmendem Luftdruck). Für die Vorakklimatisation ist ein Höhenaufenthalt oberhalb der so genannten Schwellenhöhe von 2500 m erforderlich. Höhen zwischen 2500 m und maximal 3500 m sind sinnvoll. Findet sich jedoch keine Möglichkeit, irgendwo oberhalb von 2500 m zu schlafen, sondern nur z. B. auf 2000 m oder 2200 m, so ist aus eigener Erfahrung dies sicherlich nicht optimal, aber immer noch besser als ein Verbleiben im heimatlichen Flachland.

      Hoch gelegene Hütten, wie z. B. die Theodulhütte oberhalb von Zermatt auf 3300 m oder die Mönchsjochhütte bei Grindelwald auf 3600 m, sind ideal zur Vorakklimatisation. Da sie per Seilbahn erreichbar sind, ist bei einem Schlechtwettereinbruch ein schneller und sicherer Abstieg immer gewährleistet.

      Vorakklimatisation in normobarer Hypoxie: Eine Hypoxiekammer oder ein Hypoxiezelt ermöglichen einen Aufenthalt in normobarer Hypoxie, stellen also keine Unterdruckkammer dar, in der man schläft oder trainiert. Der Luftdruck bleibt jetzt konstant, die Sauerstoffzufuhr jedoch wird vermindert.

      Vermutlich ist es effektiver, sicher aber weniger zeitaufwändig, 1 bis 2 Wochen nachts in normobarer Hypoxie zu schlafen und sich bis auf etwa 4000 m zu akklimatisieren. Höhen bis 6000 m sind möglich, jedoch nicht nötig. Derartige Zelte (z. B. „Höhenbalance“) kann man sich von den Firmen für ca. 400 € pro Woche ausleihen, man muss sie nicht selbst kaufen oder in einem Zentrum schlafen. Alternativ kann man in einigen Hypoxietrainingszentren schlafen, was meist deutlich billiger ist.

      Dauer der Vorakklimatisation. Aus Erfahrung ist bekannt: Je öfter und länger sich jemand jährlich in der Höhe aufhält, desto günstiger wirkt sich dies auch auf seine Höhentauglichkeit aus. Offensichtlich entwickelt der Körper ein „Erinnerungsvermögen“ für die Hypoxie, wie R. Messner es einmal formulierte.

      Die persönliche Erfahrung bestätigt dies. Eventuell hält die Akklimatisation sogar länger an, als man dies heute methodisch nachweisen kann. Nach mehreren Höhenaufenthalten innerhalb eines Jahres lag zwischen einer 3-wöchigen Trekkingtour in Nepal mit maximaler Höhe von 6200 m sowie einer Expedition auf 7000 m ein 5-wöchiger Aufenthalt in der Ebene. Dieser Zeitraum war offenbar nicht zu lang, um sich trotzdem schnell wieder ohne Höhenprobleme anzupassen.

      Die Zeit der Vorakklimatisation sollte immer möglichst kurz vor dem Abflugtermin liegen. In der Literatur wird die anhaltende Dauer einer Akklimatisation mit 10–12 Tagen angegeben. Nur so lange ließ sich eine Wirkung in Studien nachweisen.

      Hinweis. Höhenanfällige Personen sollten unabhängig von einer Vorakklimatisation immer langsam aufsteigen, soweit dies eben bei einer kommerziellen Reise möglich ist.

      Kompaktinformation

      1. Akklimatisation für längere Aufenthalte ab einer Schwellenhöhe von 2500 m

      2. Nicht zu schnell zu hoch aufsteigen

      3. Nicht mehr als 300–600 m pro Tag das Schlaflager höher verlegen

      4. Ist eine Verlagerung der Schlafhöhe von 1000 m nicht zu vermeiden, die nächsten 2 Tage auf dieser Höhe eine Ruhepause einlegen

      5. Möglichst tiefe Schlafhöhe: go high – sleep low

      6. Vermeiden anaerober Belastungen in den ersten Tagen

      7. Nach dem Gipfeltag so schnell und so weit wie möglich absteigen – unnötige Aufenthalte in großen Höhen sind zu vermeiden.

      Nach einer Untersuchung von Schneider in Heidelberg wurden in einer kontrollierten Studie diejenigen, die langsam, aber ohne Vorakklimatisation auf 4600 m aufstiegen 3-mal häufiger bergkrank als diejenigen, die ebenfalls langsam, aber mit Vorakklimatisation aufstiegen. Und in der Gruppe ohne Vorakklimatisation und zusätzlichem schnellem Aufstieg, erkrankten 60 % der Teilnehmer an einer AMS, gegenüber 30 % mit Vorakklimatisation, aber trotzdem schnellem Aufstieg.

      Hinweis. Es zeigte sich: Ein Aufenthalt von insgesamt 14 Tagen in den zurückliegenden 2 Monaten reichte zur Vorakklimatisation aus. Zusammengefasst ist also ein langsamer Aufstieg in Verbindung mit einer Vorakklimatisation die sicherste Art, Höhenprobleme zu vermeiden, insbesondere bei anfälligen Personen.

      2.8.2 Wiederholte Höhenaufenthalte/intermittierende Hypoxie

       M. Faulhaber

      Definition und Einleitung

      Werden wiederholte Sauerstoffmangelexpositionen (Hypoxie) durch normoxische (normaler Sauerstoffgehalt) Phasen unterbrochen, so spricht man von intermittierender Hypoxie (IH). Die Kombination von hypoxischen und normoxischen Phasen kann dabei beliebig variieren. So exponiert sich beispielsweise der Bergsteiger, der eine einwöchige Hochtour mit Gipfelbesteigungen und Hüttenübernachtungen durchführt, ebenso IH wie der Alpinskifahrer. Der Sauerstoffmangel wird entweder durch Aufenthalte in natürlicher Höhe oder durch simulierte Höhenbedingungen erreicht (Tabelle 2.10). Als Abgrenzung zum Höhentraining nach der Variante

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