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hat unser Treffen arrangiert?«

      »Die Tochter. Ohne sein Wissen. Ich werde offiziell als Autor erscheinen, der ein Buch über die indische Küche schreibt.«

      »Si, und ich?«

      »Du bist mein Assistent.«

      »Grazie! Das ist ja nichts Neues! Aber wie sollen wir den Mann dazu bringen, von seinem Problem zu erzählen, wenn er so schweigsam und eigenwillig ist?«

       »A body can like a haggis weel eneuch that wadna like the bag blaudit on his chafts.«

      Mäßigkeit erhält den Leib.

      1 »Das Auge des Feinschmeckers«

      Breakfast de Luxe

      Angus hatte Alberto vorgeschlagen, ihn um acht Uhr zu Hause in Fountainbridge abzuholen. Das wies er von sich, wollte erst nach getaner Arbeit kommen: »Ich muss Spiegeleier braten für meine Gäste!« Also saß MacDonald alleine im Restaurant »Orocco Pier« in South Queensferry und ließ sich sein überreichliches schottisches Frühstück schmecken: Würstchen, Schinken, Spiegeleier, Tomate, Pilze, Tattie Scone, würzige Bratkartoffeln, Haggis, Black Pudding und Bohnen.

      »Molto interessante! Ist das deine neue Fett- und Salzdiät?« Alberto war im Stillen an den Tisch getreten und reichte seinem Freund eine Visitenkarte mit einem kleinen, mittigen Foto: Alberto im Zugspeisewagen.

      »Dr. Spiegel-Ei«, las Angus laut vor. »Du hast dein Vorhaben also in die Tat umgesetzt. Der Mann, der 60.000 Eier briet. Was bedeuten K. A. und C. S.?«

      »K. A. steht für Kitchen Administration und C. S. ist Common Sense. Heutzutage heißt sogar ein Putzgehilfe Cleaning Manager. Da muss ich mit meinen Fähigkeiten nicht hinter dem Berg halten.«

      »Der Bindestrich zwischen Spiegel und Ei ist orthographisch falsch, wenn ich das bemerken darf.«

      »Weiß ich, aber man muss den Menschen immer etwas zum Nachdenken geben.«

      Angus strich den Zeigefinger über die Nasenspitze. »Es wäre mir fast lieber, du händigst bei unserem Meeting keine Karte aus. Nicht alle Menschen haben Sinn für Humor.«

      Vitiello schüttelte den Kopf. »Verrätst du mir jetzt, wie du den Mann zum Plaudern bringst?«

      »Lass dich überraschen.«

      Alberto, der mit Geheimnissen schwer zurechtkam, sprang vom Stuhl auf. »Wir können zu Fuß gehen. Es ist nicht weit. Hab’s mir im Internet angesehen. Wir marschieren die Hauptstraße entlang und nach einer Weile rechts hoch. Ein kleiner Verdauungsspaziergang wird dir guttun, amico.«

      Kalorien benötigte MacDonald als Arbeitsgrundlage. Warum sollte er sie mutwillig verbrennen? Hanebüchen! Die malerische High Street war ihm eine Erquickung. Ihre Häuser auf der höher gelegenen, anderen Seite hatten die Bewohner schön weiß gestrichen, unverputzt belassen oder nur in der unteren Hälfte mit Farbe versehen. Ein angenehmer Kontrast, der MacDonald an sein geliebtes Wohnviertel Dean Village erinnerte. Nach wenigen Metern blieb er stehen.

      »Willst du dir noch ein Sandwich als Wegzehrung kaufen, Angus?«

      »Haha, wie originell, nein, auf die Forth Road Bridge sehen. Sieh nur, wie hinreißend.«

      »Ich kenne die Brücke, von weitem, als Autofahrer und darüber geflogen bin ich auch schon häufig. Ein bisschen Weg haben wir aber noch vor uns …«

      »Ist gut, Alberto. Sag mal, hast du in der letzten Zeit etwas von meinem Dad gehört?«

      »Io? Er mag mich nicht besonders, wenn ich dich daran erinnern darf?«

      »Irgendwie kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass er uns von der anderen Seite aus beobachtet.«

      »Nur weil er in North Queensferry wohnt, bedeutet das kaum, dass er ständig mit dem Feldstecher am Ufer sitzt. Stellt er noch der alten Armour nach?«

      »Ist das eine Redeweise! Ich weiß es nicht. Sie gibt mir keine Antwort und er sendet mir schottische Weisheiten.«

      »Molto interessante! Hauptsache, er will uns nicht wieder bei den Ermittlungen helfen. Jetzt müssen wir rechts abbiegen und den Hang hoch.«

      »Ojemine!«

      »Ist es das erste Mal, dass Panicker in geschäftlichen Schwierigkeiten steckt?«, fragte Alberto, und ging auf das theatralische Gestöhne nicht ein.

      »Soweit ich weiß, ja. Thomasina meint, wir sollen den Gentleman bauchpinseln. Inder mögen es, wenn man zum Beispiel ihr Land und Essen lobt.«

      »Mit dem Essen ist das so eine Sache …«

      »Keine Sorge, ich werde die Introduktion übernehmen. Vergiss nicht, du bist mein Assistent.«

      »Wir sind da, Angus! Sieh dir diese Villa an. Hat bestimmt ein Vermögen gekostet. Sein Geschäft scheint gut zu gehen. Komm, wir gehen einmal um das Grundstück herum.«

      »Puh«, erwiderte MacDonald und schleppte sich hinterher. Panickers Anwesen durfte man mondän nennen: mehrere aneinandergereihte Häuser, mit Flachdach und schrägen Vordächern, die auf Säulen ruhten. In Indien wären sie hundert Jahre zuvor nicht aufgefallen. Dem schottischen Regen waren die saftigen und perfekt ziselierten Grünanlagen zu danken. Vor der Tür parkten ein goldener Rolls Royce und ein weißer Ambassador mit den personalisierten Kennzeichen P – AP 1 und P – AP 2. »Nicht zu fassen!«, sagte Angus und beäugte den gut fünfzig Jahre alten, geräumigen Oldtimer. Seiner rundlichen Form halber nannte man ihn auch schwangerer Büffel.

      »Zwei Wagen, ja«, antwortete Alberto, für den ein Auto nur der schnellen und bequemen Fortbedienung diente, trocken.

      »Einen Amby sieht man in Edinburgh nicht alle Tage!«

      »Altes Auto, neu lackiert.«

      »Weit gefehlt. Ein Ambassador darf Unikat genannt werden. Sein Besitzer fühlt sich in die Fünfziger Jahre gezaubert.«

      Hinter den Gebäuden lag ein ausgedehnter Garten. Exotische Früchte fehlten, doch mit zwei geräumigen Treibhäusern wehrte sich der Besitzer gegen den meteorologischen Nachteil. »Im Vergleich sind die Peperoncini in unserem Gewächshaus Zwerge. Gut, dass Maria das nicht sieht. Sie würde Depressionen bekommen. Ich frage mich, ob er den Schuppen heizt.«

      Angus zückte sein gutes Baumwolltaschentuch im Familientartan, tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn und drückte mit Zeige- und Mittelfinger auf den großen Klingelknopf.

      Ein Diener in maßgeschneiderten, schwarzen Hosen, weißer Livré und Handschuhen öffnete die Tür. Er war offensichtlich überrascht, die Herren zu sehen. »Sie wünschen?«, fragte er mit schottischer Intonation.

      Von seiner immens großen Nase und dem stark geölten Haar waren beide Besucher irritiert. »Wir, äh, haben eine Verabredung mit Mister Panicker.«

      »Treten Sie bitte ein, Gentlemen, und nehmen Sie Platz.«

      »Wo sollen wir uns denn hinsetzen?«, flüsterte Alberto.

      »Wäre es hier kommod, mein Herr?«, fragte der Diener und zog einen großen Vorhang zur Seite: zwei vollschlanke Sessel und ein Sofa tauchten auf. Auf einem der Sessel stand ein gelbwurzfarbener Karton mit Pathia-Soße, den er eilig an sich nahm. »Wer den wohl hier vergessen hat?«, sagte er mehr zu sich selbst. »Ich bin gleich zurück, Gentlemen.«

      Alberto sah zu Angus, der nickte, weil ihm dieses Benehmen auch ungewöhnlich vorkam.

      »Mister Panicker wartet in seinem Arbeitszimmer. Wenn Sie mir bitte folgen wollen?« MacDonald erhob sich ächzend. Die Hand, mit der Alberto ihn hochziehen wollte, wies er ab. Sie gingen im Gänsemarsch durch eine majestätische Halle, geflutet von mehreren Kronleuchtergebinden. Die monatliche Stromrechnung musste horrend sein und Vitiello wollte auch gar nicht daran denken, was ein Palast dieser Größe kostete, teure Tapeten mit indischen Ornamenten, tadellos gebohnertes Parkett und erst die Antiquitäten, mannshohe Standuhren, ausgestopfte Tierköpfe, Ritterrüstungen;

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