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dazu Semmelknödel, Kartoffelknödel oder Spätzle. Und auch separat gegartes Wurzelgemüse (Möhren, Sellerie, Petersilienwurzel).

      Strohhalm

      »Das ist Lebensqualität«, hätte Norbert gesagt, der unter seinen Sohlen kein hartes Straßenpflaster mehr spüren wollte und deshalb mit Elisabeth ein Bauernhaus im Kamptal gekauft hatte. Aber Norbert war nicht da. Norbert war gestern mit einem Freund zu einer Radtour aufgebrochen und würde erst heute Abend zurück sein.

      Elisabeth würde ihn mit einem Abendessen empfangen. Er mochte Pilze für sein Leben gern. Sie war früh aufgestanden, in den Wald gelaufen und fündig geworden. Sie befreite die dicken Knollen vom Erdreich, schabte die Stiele vorsichtig ab, zog die Haut von den Kappen, schnupperte. Wusch die Pilze, schnitt sie feinblättrig.

      Die Sonne fiel durch die Scheiben, bahnte sich einen Lichtkegel in die geräumige Wohnküche mit dem alten Holzofen. Ich müsste Fenster putzen, dachte Elisabeth. Morgen, vielleicht morgen, da hatte sie noch frei, ehe sie ihren 36-Stunden-Turnus wieder antreten musste. Aber vermutlich hatte sie morgen bereits etwas ganz anderes zu tun. Ihr graute ein wenig vor den vielen Amtswegen. Sie spürte eine leichte Übelkeit und machte das Fenster weit auf, atmete tief durch.

      Sie griff in ihre Schürzentasche und holte den nun schon ziemlich zerknüllten kleinen weißen Zettel mit der Telefonnummer heraus, der sich ursprünglich in Norberts Rocktasche befunden hatte.

      Vorgestern hatte sich dort noch eine Frauenstimme mit »Stein« gemeldet, aber seit gestern schwieg das Telefon beharrlich, obwohl sie ihre Nummer unterdrückte. Elisabeth schälte eine mittelgroße Zwiebel und weinte dabei mehr als sonst.

      Dann schnäuzte sie sich energisch. Sie schmolz ein Stück Butter in der gusseisernen Pfanne, achtete, dass sie nicht zu braun wurde und ließ die Zwiebelstücke glasig anlaufen.

      Ein Schatten fiel auf die Pfanne. Elisabeth sah auf, wandte sich um. Jaromir war lautlos hereingeflattert, hatte sich mitten auf den Küchentisch gesetzt. Als sich ihre Blicke kreuzten, neigte er seinen Kopf schräg und krächzte zur Begrüßung, wobei sich sein gelber Schnabel öffnete.

      Woody, der Unglücksrabe, hatte ihn Norbert lachend genannt, als er zum ersten Mal in die Küche geflogen war, um im Schlagobers zu landen. Allzu gierig hatte er sich darin versenkt und seinen Kopf nicht mehr von der schaumigen weißen Masse befreien können. Elisabeth hatte ihn sorgfältig mit einem feuchten Geschirrtuch gesäubert und Jaromir getauft. Seither war er ein mehr oder weniger regelmäßiger Besucher, wenn gekocht wurde und das Fenster offen stand. Nun stocherte er mit dem Schnabel in den Küchenabfällen, ohne fündig zu werden, und sah Elisabeth vorwurfsvoll an. Sie schnitt ein kleines Stück von dem Selchspeck ab, das er von ihrem Handteller pickte. Dann hüpfte er von der Tischplatte zu seinem Lieblingsplatz auf der Küchenbank.

      In der Ferne hörte sie das schrille Folgetonhorn eines Rettungsfahrzeuges. Ihr erster Nachtdienst vor vielen Jahren fiel ihr ein, als sie im Franz-Josefs-Spital auf der Internen ihren Turnus begonnen hatte. Ein Notfall war gerade eingeliefert worden, eine Vergiftung. Elisabeth hatte sich hastig das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen und sich ein leeres Glasröhrchen auf dem Nachtkästchen einer zarten blonden Frau vorgestellt. Oder eine leere Whiskyflasche, die ein verzweifelter junger Mann in einem Zug geleert hatte. Oder einen Fisch, der das Wasser schon lange nicht mehr gesehen hatte und in einem Haubenlokal bei einem Geschäftsessen verzehrt worden war. Oder verdorbenes Fleisch, grünlich schimmernd. Oder eine Niere, die nicht mehr funktionierte: Urämie oder einen Darmverschluss oder …

      Dann war sie schon im Untersuchungszimmer gewesen. Ein Mann mittleren Alters hatte sich in Krämpfen gewunden und gekotzt.

      »Was ist passiert?«

      »Es müssen giftige dabei gewesen sein.«

      »Giftige was?«

      »Schwammerl.«

      Der Folgeton der Rettung wurde leiser, verlor sich in der Ferne. Auch Jaromir stieß sich von der Küchenbank ab und flatterte aus dem Fenster. Elisabeth sah ihm nach, wie er sich draußen niederließ und über den Hof hüpfte. Plötzlich wuchs er vor ihren Augen zu Mannsgröße. Sein schwarzes Federkleid verwandelte sich in einen Anzug. Schon waren sechs gleiche Gestalten an seiner Seite.

      Sieben schwarz gekleidete Männer trugen einen gläsernen Sarg.

      Irgendwo unter den Trauernden war vermutlich auch die Stein. Würde sie sie erkennen? Sicherlich. Der Schmerz würde ihr ins Gesicht geschrieben sein. Wie sie wohl aussah? Elisabeth hatte alle Taschen und Laden durchwühlt, aber kein Foto gefunden. Sie widerstand nur mühsam der Versuchung, sich umzudrehen.

      Während der Sarg in die Grube gelassen wurde, dachte Elisabeth, dass es nun bald überstanden sei. Der Pfarrer hielt eine Rede und die vielen Kränze erinnerten sie, dass sie vergessen hatte, die Blumen zu gießen. Bei dieser Hitze! Die armen Blumen! Nun drückten die Kondolierenden einer nach dem anderen ihre Hand und sprachen verlegene Trostesfloskeln. Darunter waren sieben verheulte Frauen, die Elisabeth nicht kannte.

      Als sie nach dem Leichenschmaus vom Gasthaus nach Hause kam, ging sie in die Küche, schenkte sich einen Vogelbeerschnaps ein, nahm Norberts Foto aus dem Rahmen und zeichnete mit einem Filzstift einen dicken schwarzen Rand herum. Als sie fertig war, küsste sie seinen Mund auf dem Bild. Dann goss sie die Blumen. Danach setzte sie sich auf die Gartenbank im Hof. Endlich konnte sie die Hände in den Schoß legen.

      Ein Motorrad bog in einer eleganten Schleife in den Hof ein, kam knapp vor ihr zu stehen. Eine Gestalt in schwarzem Leder stieg ab, erschien ihr sehr groß. Aber das war ja Christoph, der sie da anlachte. In seinem schwarzen Gewand und mit seiner Vogelnase erinnerte er sie an Jaromir. Er breitete die Arme aus wie Flügel.

      »Ich war in der Nähe und da hab ich gedacht, ich schau einmal bei dir vorbei. Störe ich?«

      »Keineswegs, ich bin jetzt Witwe«, sagte Elisabeth.

      »Wie bitte?« Christoph schaute entgeistert.

      »Strohwitwe«, verbesserte sich Elisabeth.

      »Na, dann ab ins Stroh«, sagte Christoph lachend, hob sie hoch und trug sie ohne Umschweife in die Scheune, in der tatsächlich noch Stroh aufgeschüttet war.

      Beim Abschied fragte er, ob er wiederkommen dürfe.

      »Aber gern«, sagte Elisabeth, »Norbert macht jetzt sehr oft Radtouren mit seinem Freund.«

      Christoph lachte und sang: »Ich glaub, der Freund heißt Gretchen, ich glaub, er ist ein Mädchen.« Christoph war sehr sangesfreudig. Norbert sang nie.

      Nachdem das Motorrad außer Sicht- und Hörweite war, ging Elisabeth in die Küche und schüttete das Pilzgericht ins Klo. Ein Gefühl satter Zufriedenheit erfüllte sie.

      Schwammerlgulasch

      Zutaten für 4 Portionen:

      500 g Schwammerl (Pilze) nach Wahl (Eierschwammerl,

      Steinpilze, Birkenpilze, Champignons …)

      1 EL Butter

      1 Zwiebel

      1 Bund Petersilie

      1 TL Majoran

      Kümmel

      1 TL Paprikapulver (edelsüß)

      1/8 l Sauerrahm

      Salz

      Pfeffer

      Zubereitung:

      Die geputzten Schwammerl in Scheiben schneiden. Zwiebel und Petersilie feinhacken und in Butter gelb-golden anschwitzen. Eine Idee Kümmel, den Majoran und das Paprikapulver sowie die Schwammerl dazugeben und alles kurz durchrösten. Mit etwas Wasser – je nach Bedarf, da die Schwammerl auch Wasser abgeben – aufgießen, salzen und pfeffern. Es empfiehlt sich, zuerst wenig Wasser beizugeben und lieber öfter nachzugießen oder, falls man doch einmal zu viel Flüssigkeit erwischt, mit etwas Mehl einzudicken.

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