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dessen wurde in Konferenzen mit General Robert Porter, dem Kommandeur des sogenannten US-Southern Command, und anderen Offizieren des amerikanischen Heeres, die in diesen Wochen nach La Paz kamen und auch andere bolivianische Garnisonen inspizierten, vereinbart, dass die USA ihre Lieferungen von modernen Waffen und Kriegsmaterial an Bolivien verstärken und sich durch die Entsendung von Militärberatern und CIA-Agenten insgeheim am Kampf gegen die Guerillas beteiligen würden.

      In den folgenden Monaten richteten Major Ralph Shelton, der aus Nashville in Tennessee stammte, und sein Adjutant Hauptmann Leroy Mitchell, der eben aus Vietnam zurückgekehrt war, in der aufgegebenen Zuckermühle bei La Esperanza (die Hoffnung), 45 Meilen nördlich von Santa Cruz, ein Trainingszentrum für Anti-Guerillakämpfer ein. Insgesamt kamen etwa 50 Offiziere und Unteroffiziere aus den USA nach Bolivien. Sie stellten mit einheimischen Rekruten das sogenannte Ranger-Bataillon auf und unterrichteten diese Spezialeinheit in jenen Unterdrückungstaktiken, die die US-Armee zuvor in Vietnam, Laos und in der Dominikanischen Republik erprobt hatte.

      Bei der Militärparade am 24. September 1967 sah man die Rangers zum ersten Mal in der Öffentlichkeit.

      Am Mittag des 25. September erhielten die Offiziere den Befehl, das Härtetraining abzubrechen. Eine neue Phase begann. Die Soldaten wurden auf schwere Alligatoren-Lastwagen verladen und zum Rio Grande gefahren. El Fuerte, Estanque, Pujro und Abra del Picacho waren die Ortsnamen, die in den Marschbefehlen auftauchten. Es wurde der 4. Oktober, ehe die Kompanie C in der kleinen Ortschaft Higuera eintraf.

      Sie befand sich hier im Zentrum jenes Gebiets, in dem sich die Ausweichbewegungen der Guerillas in den letzten Tagen abgespielt hatten.

      Schon zuvor waren andere, zahlenmäßig starke Verbände der Armee im weiteren Umkreis zusammengezogen worden. Sie sicherten den Rand des Kessels, in den sich nun die Rangerkompanien wie scharf geschliffene Stacheln hineinbohrten ...

Bildgrafik

      Positionen

      Im Südosten Boliviens verlaufen von den Höhen um Higuera mehrere Schluchten abwärts zum Rio Grande: die des Jague, des Churo, des Tusca, des Higuera und des San Antonio-Baches. Anfang Oktober 1967 lagerten die Reste des Guerillaverbandes unter Führung von Ernesto Guevara an jenem Punkt, an dem die ersten drei der oben genannten Gebirgsbäche zusammenlaufen.

      Die Operationen der bolivianischen Armee in dieser Gegend hatten den Bewegungsmöglichkeiten der Guerillas weitgehend ein Ende gesetzt.

      »Die Voraussetzungen sind die gleichen wie im vergangenen Monat«, hatte Ernesto am 30. September bei der Monatszusammenfassung in sein Tagebuch notiert, »nur, dass jetzt die Armee wirklich mehr Tatkraft bei ihren Aktionen zeigt und die Masse der Landbevölkerung uns überhaupt nicht unterstützt und sich in Verräter verwandelt.«

      Die 8. Division der Armee, die zur Guerilla-Bekämpfung abgestellt war, operierte nach einem von Oberst Zenteno ausgearbeiteten Plan, der drei Phasen vorsah.

      Während der ersten Phase war es das Ziel, die Bewegung der Guerillas auf ein überschaubares Gebiet zu beschränken. Gewisse Einheiten blockierten im Norden die Straße Cochabamba - Santa Cruz, während andere Abteilungen entlang des Rio Grande aufgefächert worden waren, um ein Entkommen nach Süden unmöglich zu machen.

      Für den Fall, dass es Guevara dennoch gelingen sollte mit seinen Männern den Fluss zu überqueren - immerhin handelte es sich hier um ein Terrain, in dem es schwerfiel, jeden möglichen Marschweg einer kleineren Gruppe abzuriegeln -, stand außerdem die 4. Division unter Oberst Reque Terán bereit.

      Die zweite Phase sah vor, in die nun immer enger werdende »Rote Zone«, wie der Generalstab der bolivianischen Armee und der amerikanische CIA den Operationsraum der Guerilleros bezeichnete, einzudringen. Zentenos Truppen standen schließlich östlich von Guevaras Gruppe an der Eisenbahnlinie zwischen Yacuiba und Santa Cruz. Von dort aus stießen sie nach Westen vor.

      Phase eins und zwei von Zentenos strategischem Plan waren in den ersten Wochen des Oktobers abgeschlossen. Die Armee schickte sich nun an, den Kampfauftrag der Phase drei zu erfüllen: Zerschlagung der Guerillas. Die Einheiten, die hierbei zum Einsatz kamen, waren die Kompanien A und B des sorgfältig ausgebildeten 2. Ranger-Bataillons. Sie ließ Oberst Zenteno die Gegend westlich von Valle Grande, der Provinzhauptstadt, durchkämmen.

      In seinem Handbuch für den Guerillakrieg hat Guevara die Beweglichkeit des Verbandes als entscheidend für den Erfolg dieser Kampfweise bezeichnet. Er hatte geschrieben: »Charakteristisch für diesen Bewegungskrieg ist das, was man in Analogie zu dem Tanz gleichen Namens das Menuett nennen könnte: Die Guerillas umkreisen die Position des Feindes, zum Beispiel einer vorrückenden Abteilung, sie umstellen sie an den vier wichtigsten Punkten und mit hinreichendem Abstand, um nicht selbst umzingelt zu werden. Der Kampf beginnt an irgendeinem dieser Punkte, die Armee bewegt sich dorthin, die Guerillas weichen zurück, dabei immer den Feind im Auge behaltend. Dann greifen sie einen anderen Punkt an. Die Armee reagiert wie zuvor, die Guerillas ebenfalls. Auf diese Weise wird es in der Folge möglich, die feindlichen Streitkräfte zu schwächen. Man zwingt sie große Mengen an Munition zu verschwenden. Man zehrt an der Moral der feindlichen Truppen, ohne sich selbst allzu großen Gefahren auszusetzen.«

      Betrachtet man die Gefechte, die sich zwischen den Guerillas und Zentenos Truppen in den ersten Wochen des Oktobers 1967 abspielten, so stellt man fest, dass sich in der Realität die theoretisch im Handbuch festgelegten Rollen nun genau vertauscht hatten. Die Guerillas waren von der Armee umstellt. Es waren Zentenos Soldaten, die das Menuett ausführten.

      Wie war es möglich, dass Guevara entgegen allen Regeln, die er selbst entworfen hatte, in die Falle geraten war? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man in seinem Tagebuch nachliest. Er konnte nicht nach diesen Regeln handeln, weil seine Gruppe zu schwach war und weil er sich zudem mit der Geographie dieses Gebiets zu wenig auskannte. Am meisten aber fiel ins Gewicht, dass er sich kaum Nachrichten über die Bewegungen des Feindes verschaffen konnte, während der Feind über ihn und seine Gruppe fast alles wusste.

      Guevara hatte nur eine vage Vorstellung über die Operationen der Armee. Er war auf die zensierten Radiomeldungen angewiesen und auf das, was sich aus den kleineren Scharmützeln mit Militärpatrouillen ergab. Was er an Gerüchten von den Bauern erfuhr, darauf war kein Verlass.

      Die Moral seiner Guerilleros war angeschlagen. Zwischen den einheimischen und kubanischen Angehörigen seiner Gruppe bestanden starke Spannungen.

      Am 3. Oktober waren wiederum zwei Guerilleros zu den Regierungstruppen übergelaufen:

      »... während Camba zugab, gegen die Armee gekämpft zu haben, gestand Leon, dass er sich im Vertrauen auf die Worte des Präsidenten hin ergeben hätte. Die beiden haben Informationen über Fernando gegeben, über seine Krankheit und alles weitere, dabei nicht eingerechnet, was sie geredet haben, und was nicht veröffentlicht worden ist. So endet die Geschichte zweier heroischer Guerilleros. Höhe 1.360 m.«

      Bei Guevara waren seit einiger Zeit, bedingt durch die unerhörten Strapazen, vielleicht aber auch durch die ungünstige Entwicklung, die die Guerilla genommen hatte, die Asthmaanfälle wieder häufiger aufgetreten. Aber seit einem Monat schon besaß er keine Medikamente mehr. Sein Asthma schnürte ihm Lungen und Hals zu und hinderte ihn am Atmen. Es gab Augenblicke, da bat er seine Kameraden, ihn heftig auf die Brust zu schlagen, oder er hängte sich an die Äste eines Baumes. Offenbar verschaffte ihm das Erleichterung.

      Vor einigen Wochen hatte er Urbano ausgeschickt, um Medikamente aus den Höhlen des aufgegebenen Stamm- und Ausbildungslagers Ñancahuazú zu holen.

      Es war Urbano gelungen, in die getarnten Verstecke einzusteigen, die zu diesem Zeitpunkt von der Armee noch nicht entdeckt worden waren, und er hatte so viel gebracht, wie er nur tragen konnte. Aber diese Vorräte waren nun erschöpft. Das einzige Medikament, das Guevara blieb, waren zwei Flaschen einer besonderen Art von Collyrium mit einer starken Zumischung von Cortison. Wenn er sich sehr elend fühlte oder wenn eine Kampfhandlung bevorstand, injizierte sich Ernesto diese Collyrium-Mixtur, was aber jeweils nur eine kurzfristige Besserung brachte.

      Am 26. September waren die Guerilleros

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