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eine so charmante, geistreiche Frau gewesen, wirklich überhaupt nicht eingebildet! Verstanden hat man es nur nicht, daß sie ausgerechnet Thomas Bürgner geheiratet hat.«

      »Warum meinen Sie das?«

      »Er war doch nur ein eiskalter Geschäftemacher. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß eseine Liebesehe war.«

      Lisa Lang war keine Plaudertasche, sie sagte nur, was ihr in den Sinn kam. Sie war eine sehr sympathische Frau, und daß sie ihren Mann liebte und er sie, war offensichtlich. Daran zweifelte niemand. Und Lisa Lang erklärte Dr. Behnisch, daß sie spätestens am Samstag zu Hause sein wollte.

      Es war dann bald elf Uhr. Dr. Behnisch hatte gerade Zeit, eine Tasse Kaffee zu trinken und Schwester Nora zu sagen, daß sie Frau Frankl mal ein bißchen auf den Zahn fühlen solle.

      »Da fällt mir ein, daß sie mich heute schon aushorchen wollte wegen Frau Bürgner, aber ich sage nichts, das wissen Sie doch.«

      »Die anderen haben aber auch gefälligst den Mund zu halten. Frau Bürgner ist für alle tabu. Nichts wird geredet.«

      »Ich weiß Bescheid und werde alle anderen Schwestern dementsprechend unterrichten«, versicherte Nora.

      Auf Nora konnte er sich verlassen, aber für wen sonst konnte er schon die Hand ins Feuer legen? Cordula Bürgner war nicht nur prominent, sie war auch ein interessanter Fall.

      Seine Sekretärin meldete ihm Dr. Marten, und nun hoffte Dr. Behnisch, mehr über Cordula Bürgner und ihren Mann zu erfahren.

      Constantin Marten, Rechtsanwalt und Syndikus der Bürgner AG, ungefähr vierzig Jahre und eine recht markante Erscheinung, wirkte sehr ernst.

      Dr. Behnisch fand ihn sympathisch, denn es war nicht ihre erste Begegnung. Er war schon öfter hier gewesen und hatte sich eingehend nach Cordulas Befinden erkundigt.

      »Stimmt es, was in der Zeitung steht, Dr. Behnisch?« fragte er.

      »Ich muß gestehen, daß ich nur die Schlagzeilen gelesen habe. Ja, es stimmt, daß Frau Bürgner aus dem Koma erwacht ist, aber wir rätseln, durch wen diese Tatsache bekannt wurde. Jetzt ist es nicht mehr zu ändern, aber wir schirmen die Patientin ab. Besuch darf sie erst empfangen, wenn sie ihre Zustimmung gibt. Aber vorerst kann sie noch gar nicht sprechen.«

      »Weiß sie, daß Thomas tot ist?« fragte Dr. Marten.

      »Ich habe es ihr gesagt, und ich habe ihr auch gesagt, daß Ulrich lebt. Auf den Tod ihres Mannes hat sie nicht reagiert, als ich aber sagte, daß Ulrich bei ihrer Schwester sei, begann sie zu zittern. Das finde ich eigenartig.«

      »Es ist ihre Halbschwester, und an sich haben die beiden Frauen sich nie besonders gut verstanden.«

      »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir mehr erzählen würden. Es kann für die Therapie nützlich sein. Wir wollen nichts falsch machen. Gerade wenn sich ein Patient nicht richtig artikulieren kann, ist es wichtig, wenn man ihm weiterhelfen kann – aber auch nichts Falsches sagt.«

      »Nun, ich werde Ihnen sagen, was ich weiß: Cordula und Joana hatten einen Vater, aber zwei verschiedene Mütter. Cordulas Mutter war eine sehr vermögende Frau, und sie hielt den Daumen auf ihr Geld. Sie trennte sich von Cordulas Vater schon nach dreijähriger Ehe und heiratete wieder einen sehr reichen Mann. Irgendwie hatte es der Vater fertiggebracht, das Kind zugesprochen zu bekommen. Cordula hing wohl auch an ihm, soviel ich weiß. Jedenfalls noch bis zu dem Tag, an dem er wieder heiratete. Kurze Zeit später kam Joana zur Welt. Wie sich Cordula verhielt, weiß ich nicht, jedenfalls kam sie zu ihrer Mutter zurück, als sie zwölf war und Helenes Mann gestorben war. Sie lebte dann in sehr großzügigen Verhältnissen. Ihre Mutter hatte auch nichts dagegen, daß sie Ballett- und Schauspielunterricht nehmen wollte. Helene war eine sehr lebenslustige und weltoffene Frau.«

      »Sie kannten sie persönlich?«

      »Nein, mein Vater war ihr Anwalt. Ich kannte sie schon, aber ich war ja damals noch ein Junge. Cordula kenne ich von Jugend an. Als Cordulas Mutter starb, nahm Hollenstedt wieder engeren Kontakt zu dem Mädchen auf. Er dachte wohl auch, er würde von ihrem Vermögen profitieren, denn sie war ja Helenes Alleinerbin, aber Cordula war sehr distanziert zu seiner zweiten Frau und auch zu Joana, die die Ältere glühend beneidete. Ich muß es so sagen, obgleich sie es dann verstand, sich doch bei Cordula einzuschmeicheln. Cordula war großzügig, auch ihrem Vater gegenüber, der bei seinem Tod nicht viel hinterließ. Das Geld bekam alles Joana, so wollte es Cordula. Joana heiratete schließlich den Hotelier Jochen Heeren. Er scheint ziemlich unter ihrem Pantoffel zu stehen. Sie haben sich gleich bemüht, Ulrich zu sich zu nehmen, und sie wurden auch als einzige Anverwandte anerkannt. Ich hätte den Kleinen auch gern zu mir genommen, aber ich bin nicht verheiratet. Ich möchte nicht laut sagen, daß sie damit wohl auch finanzielle Interessen verbindet, aber aus purer Zuneigung hat sie es sicher nicht getan.«

      »Und wie war es um die Ehe der Bürgners bestellt? Können Sie dazu etwas sagen?«

      Dr. Marten blickte zu Boden. »Mein größter Fehler war, daß ich die beiden miteinander bekanntgemacht habe. Aber ich habe nicht gedacht, daß es zu einer Heirat kommen würde. Doch Cordula war überglücklich, als Ulrich geboren wurde. Ich hätte auch nie geglaubt, daß sie eine so gute Mutter sein würde. Fortan stand das Kind an erster Stelle.«

      »Durch Sie haben sich die beiden also kennengelernt…« Dieter Behnisch sah Dr. Marten fragend an.

      »Thomas besaß ein Landhaus, sehr idyllisch gelegen. Durch Zufall war es Cordula einmal aufgefallen, und sie fand es als Drehort für einen Film sehr geeignet. Damals dachte er nicht daran, das Haus zu vermieten. Er hatte es ja auch nicht nötig. Cordula hatte mich um Vermittlung gebeten, aber ich hatte eine Absage bekommen. Da wollte sie es selbst versuchen. Was sie sich mal in den Kopf gesetzt hatte, erreichte sie meistens auch. Ich machte sie also mit Thomas bekannt, und er wurde butterweich. Cordula hatte gerade eine ziemliche Enttäuschung erlebt und war wohl empfänglich für seine Art, um sie zu werben. Es wurde sehr schnell geheiratet – auch das machte Schlagzeilen.«

      »Um solche Schlagzeilen habe ich mich nie gekümmert«, sagte Dr. Behnisch.

      »Thomas hatte ihr das Landhaus zur Hochzeit geschenkt, und er überschüttete sie mit Geschenken. Aber er war krankhaft eifersüchtig. Er war fünfzehn Jahre älter als sie. Sie sollte nur noch für ihn und das Kind da sein. Aber Cordula war korrekt; sie hatte Verträge einzuhalten. Es gab bald Spannungen zwischen ihnen. Man kann wahrhaftig nicht sagen, daß es die ideale Ehe war. Cordula war an sich ein freier, kontaktfreudiger Mensch, sehr kollegial, und sie war auch außerordentlich beliebt. Thomas war das Gegenteil. Er war der Boß, er wollte alles bestimmen. Er wurde auch von den Angestellten mehr gefürchtet als respektiert. Es gefiel ihm schon, daß Cordula dem Namen Bürgner Glanz verlieh, aber es gefiel ihm gar nicht, daß sie in ihrem Beruf mit anderen Männern zusammenkam, die sie bewunderten, die sich wohl auch um sie bemühten. Es kam soweit, daß er so oft wie möglich bei den Filmaufnahmen dabei war, und er wollte sogar die Produktionsfirma kaufen, was ihm aber nicht gelang. Es war der erste längere Urlaub, den sie in der Schweiz verbrachten, der dann so schrecklich endete. Mir ist dieser Unfall unerklärlich. Thomas war ein guter Pilot. Ich bin oft mit ihm geflogen, nach Mailand, nach Brüssel, Hamburg und so weiter. Die Maschine war immer bestens gewartet.«

      »Es wurde festgestellt, daß Bürgner neben den anderen schweren Verletzungen einen Herzinfarkt erlitten hatte. Ob erst bei der Bruchlandung oder schon früher, weiß man allerdings nicht. Es muß ja auch alles sehr schnell gegangen sein.«

      »Aber man hat einen Motorschaden festgestellt«, warf Constantin Marten ein.

      »Mag ja sein, daß er sich darüber aufgeregt hat«, sagte Dr. Behnisch ruhig. »Bürgner hatte schon einen Herzinfarkt hinter sich, und er hatte, laut Autopsie, ein Aneurysma. Die Rupturblutung aus der Aorta wäre auch ohne die anderen Verletzungen tödlich gewesen.«

      »Das wußte ich bisher nicht«, sagte Constantin leise.

      »Es ist gut, daß wir uns jetzt unterhalten… und daß Sie so offen sind, Dr. Marten. Es hilft mir, die Patientin auch in psychischer Hinsicht besser zu erfassen, wenn es zu Gesprächen kommt.

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