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Betonung er in diese Worte gelegt hatte. Anne sah wieder zu ihrem Mann hinüber.

      »Darf ich mal an der Essenz schnuppern?« lenkte Hannes ab.

      »Natürlich dürfen Sie. Ich habe oft geschnuppert, aber ich bin nicht dahintergekommen, und da jeder Tropfen für mich kostbar ist, wollte ich auch nicht einen Teil analysieren. Und selbst dann, wenn man die einzelnen Kräuter und Gewürze auseinanderdividieren kann, so weiß man dann doch nicht, wie viele Teile von jedem verwendet wurden. Das ist wohl das wahre Geheimnis.«

      »Und wenn sie nun alles für Michelle verwenden, wird Ihre Groß­mutter Ihnen Nachschub geben?« fragte Hannes.

      »Vielleicht, wenn ich ihr sage, daß sie einem Menschen, der mir sehr viel bedeutet, das Leben gerettet hat.«

      »Man könnte noch mehr Menschen damit retten«, meinte Hannes. Jean Claude nickte.

      »Aber Sie wissen sicher auch, wie eigensinnig alte Menschen sein können. Meine Großmutter hat ganz bestimmte Vorstellungen. Sie meint, daß es nicht jeder verdient, gerettet zu werden.«

      »Eine Weisheit, der ich nicht widersprechen kann«, sagte Hannes, »aber wie man im Fall Dorant sieht, hat ein höherer Wille das letzte Wort, obwohl man bestimmt alles versucht hat, um sein Leben zu erhalten.« Sie wußten noch nicht, daß Carlos es durch seinen Leichtsinn selbst beendet hatte. Sie erfuhren es erst ein paar Tage später, als Dr. Norden den Bericht von Dorants behandelndem Arzt bekommen hatte.

      *

      Jean Claude brachte es Michelle mit aller Vorsicht bei, wußte er doch nicht genau, wie sie wohl reagieren würde. Sie sah ihn ungläubig an.

      »Er ist tot, er ist wirklich tot?« murmelte sie. »Wie kam das so plötzlich?«

      Jean Claude konnte ihr nur sagen, was er selbst wußte. »Ich denke, er sollte eingeäschert werden«, sagte sie. »Ich müßte mich wohl darum kümmern.«

      »Das macht Ihr Bruder, Michelle. Was empfinden Sie?«

      »Ich brauche mich nicht mehr mit ihm auseinanderzusetzen. Wissen Sie, was das für mich bedeutet? Es ist nur seltsam, daß er tot ist und daß ich keine Angst haben muß, daß er noch öfter meinen Weg kreuzt. Dabei wollte er mich doch überleben.«

      »Wegen der Lebensversicherung. Er sagte, daß er sie abgeschlossen hätte, damit ich abgesichert bin, aber ich hatte doch sowieso genug Geld.«

      »Sie hatten Gütertrennung?«

      »Nein, wir waren ja nur kurz verheiratet, und unsere Heirat war wirklich sehr überstürzt. Aber er verdiente ja sehr gut. Ich habe nichts Gegenteiliges erfahren. Ich habe mich nur gewundert, daß er so schnell eine Lebensversicherung abschloß und gleich auf zwei Millionen. Aber er konnte sich schließlich nicht als Alleinbegünstigter einsetzen lassen, also wurde sie auf Gegenseitigkeit abgeschlossen. Dadurch erfuhr ich erst davon, weil ich ja mitunterschreiben mußte. Ich habe mir aber nichts weiter gedacht. Erst später ging mir so manches durch den Sinn. Wie kann man nur so töricht sein! Ich kann es nicht begreifen. Es will nicht in meinen Kopf.«

      »Sie sollten einfach einen Schlußstrich ziehen, Michelle.«

      Sie sah ihn forschend an. »Was denken Sie denn eigentlich über mich?«

      »Daß Sie sehr liebenswert sind. Und würden Sie mir die Freude machen, nicht immer Herr Doktor zu sagen?«

      »Was denn?« fragte sie, und ein Blitzen war in ihren Augen.

      »Ich heiße Jean Claude, aber Claude würde zum Beispiel genügen. Es wäre schön, wenn wir Freunde werden könnten.«

      »Sind wir das nicht schon? Sie haben sehr viel für mich getan.«

      »Noch lange nicht genug.«

      »Ich fühle mich aber schon sehr viel besser. Ich möchte aufstehen und spazierengehen.«

      »Es ist noch ein bißchen zu früh. In ein paar Tagen vielleicht.«

      »Bestimmt«, sagte sie mit Nachdruck.

      Sie betrachtete ihn, als er ihren Blutdruck kontrollierte und ihren Puls fühlte.

      »Was ist das eigentlich für ein Wundermittel, mit dem ich eingerieben werde? Ich fühle mich immer ganz leicht, als würde ich schweben.«

      »Wenn es nur wirkt.« Er erzählte von seiner Großmutter, die im Elsaß in ihren Weinbergen lebte. Achtzig Jahre war sie schon.

      »Hat sie Zauberkräfte?« fragte Michelle. »Manche Menschen können mit Magnetismus heilen. Wenn Sie mich berühren, ist es mir jedenfalls so, als…, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Jedenfalls ist es ein gutes Gefühl. Ich fühle mich geborgen. Das darf ich doch sagen?«

      »Es macht mich glücklich, Michelle.« Ganz weich und zärtlich klang seine Stimme, und ihre Augen wurden feucht.

      »Werde ich wieder gesund, Claude, oder mache ich mir nur falsche Hoffnungen?« flüsterte sie.

      »Sie werden es schaffen, ich weiß es.«

      »Und Sie geben mir die Kraft dazu.«

      Er drückte ihre Hand an seine Wange und dann an seine Lippen.

      »Und was bedeutet Ihnen Mick?« fragte er.

      »Er ist ein guter Freund, und das bleibt er auch. Und ich hoffe, daß er sein Herz für Jenna entdeckt. Sie passen so gut zueinander.«

      *

      Das hatte Mick auch schon festgestellt. Jenna ging zwar sehr auf ihn ein, aber sie hatte auch ihre eigenen Meinungen. Außerdem war sie sehr tüchtig und unermüdlich.

      »Wir geben ein gutes Gespann ab«, sagte er bereits am dritten Tag.

      »Es würde mich freuen, wenn Sie mit mir zufrieden sind.«

      »Mehr als das, ich hoffe, Sie bleiben mir erhalten.«

      Und so kamen sie sich auch immer näher, wie auch Michelle und Jean Claude. Hannes und Anne Cornelius sahen mit großer Freude, welche Fortschritte Michelle bald machte. Was Daniel Norden nicht für möglich gehalten hatte, war eingetreten, ihr Zustand besserte sich zusehends. Die neuen Blutbefunde bestätigten es.

      »Und alles ist dem Obstessig zu verdanken«, sagte Daniel zu Fee.

      »Und der Liebe«, meinte sie lächelnd.

      »Was meinst du damit?«

      »Daß Anne es gleich gemerkt hat, Duforet hat sein Herz an Michelle verloren.«

      »Ein neues Leben und ein neues Glück für Michelle, wer hätte das gedacht.«

      »Neues Glück ist gut gesagt, mit der ersten Heirat hatte sie doch nur Pech. Nichts als Schulden hat Dorant hinterlassen, hat mir Mona erzählt. Philipp hat sie gleich beglichen, daß darüber nicht geredet wird. Allerdings wird nun die Lebensversicherung an Michelle ausgezahlt werden.«

      »Wahrscheinlich sind die Prämien auch von ihrem Geld bezahlt worden«, meinte Daniel gleichmütig. »Ob er wußte, wie krank Michelle ist?«

      »Wahrscheinlich hat er sie krank gemacht, aber das ist nun vorbei. Es wendet sich alles zum Guten für Michelle. Mona meint, daß sie nun bald heiraten können.«

      »Wer?« fragte Daniel.

      »Mona und Philipp, diese Hochzeit ist doch schon überfällig.«

      »Und wenn Michelle mitfeiern kann, wird es ein großes Fest. Kannst du dir vorstellen, wie froh ich bin?«

      »Ja, das kann ich, und ich brenne darauf, den Wunderknaben Duforet kennenzulernen, der das fertiggebracht hat.«

      Daniel interessierte sich noch mehr für das Wundermittel, das eigentlich gar keines war, sondern nur eine segensreiche Mischung aus Kräutern, die in Verbindung mit dem Obstessig eine belebende Wirkung hatte, die die Hautatmung anregte und den Sauerstoff im Blut belebte.

      Bald konnte Michelle immer längere Spaziergänge

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