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gewaschen hatten, riss die Haut auf und bereitete uns große Schmerzen.

      Nachdem wir das Gebirge überschritten hatten, verweilten wir an einem Platz, genannt Banj Hir (Panjhir), was »Fünf Berge« bedeutet. Die früher schöne und volkreiche Stadt, die an einem Fluss und einem See lag, in denen man Rubine fand, wurde von Dschingis Khan, dem Tataren, zerstört und hat seitdem nicht mehr die geringste Bedeutung erlangt.

      In den Bergen von Pashay wohnten wir in der Herberge des ehrwürdigen Scheichs Ata Awliya, des »Vaters der Heiligen«, der im Persischen auch Sisad Salah, also »Dreihundert Jahre« heißt. Man erzählt sich, dass er 350 Jahre alt sei. Er wird von vielen Menschen, auch Prinzen und manchem Sultan, besucht. Als ich ihm begegnete, umarmte er mich. Seine Haut ist frisch und zart, wie ich es selten zu sehen bekam. Man würde ihn normalerweise auf fünfzig Jahre schätzen. Er berichtete mir, dass er alle hundert Jahre frische Haut und neue Haare bekomme. Ich erkundigte mich, ob er irgendwelche Überlieferungen des Propheten wisse – ein mögliches Zeichen für die Richtigkeit seiner Altersangaben. Bei seinen vielen Erzählungen kamen mir doch zahlreiche Zweifel, und nur Gott wird wissen, inwieweit es bei ihm mit der Wahrheit bestellt ist.

      Der Emir von Parwan, der mich beim Empfang beschenkte, schrieb sofort an seine Untergebenen in der Stadt Ghazna, die mich ehrenvoll aufzunehmen hätten. Es war bereits Sommer, als wir nach Al-Charkh kamen, wo wir eine Gruppe der armen Brüder und Theologiestudenten trafen, mit denen wir das Freitagsgebet sprachen.

      Den größten Teil der Stadt Ghazna, die wir als nächsten Ort besuchten, fanden wir in Ruinen liegend vor. Ihr Sultan Mahmud war einer der bedeutendsten Herrscher, der besonders nach Indien vorstieß und dort Städte und Festungen eroberte. Im Winter, wo es extrem kalt ist, ziehen die Bewohner nach Kandahar. Ich selbst habe diese Stadt auf meiner Reise nicht berührt.

      Unsere nächste Station war Kabul, in früheren Zeiten eine große Stadt, die jetzt von einem persischen Stamm bewohnt wird, der sich Al-Afghan nennt. Die Afghanen verfügen über starke Streitkräfte, und die meisten von ihnen sind Räuber. Ihr Hauptberg ist der Kuh Sulaiman (Takht-i Sulaiman). Von ihm erzählt man sich, dass ihn König Salomon, nach dem er auch benannt ist, bestiegen und auf das Land Indien herabgesehen habe, das damals noch mit Finsternis bedeckt war. Heute wohnt der König der Afghanen an diesem Berg.

      Bei der Festung Karmash, die zwischen zwei Bergen liegt, pflegen die Afghanen den Reisenden aufzulauern und sie zu überfallen. Während wir durch den Engpass zogen, geschah es uns ebenso. Die afghanische Räuberbande hatte sich über uns in den Felsen versteckt, doch wir beschossen sie sofort mit Pfeilen, worauf sie die Flucht ergriffen und uns des Weges ziehen ließen. In Shashnagar (Hashtnagar), dem letzten Ort im türkischen Bereich, verbrachten wir die nächste Nacht. Vor uns lag ein Marsch von fünfzehn Tagen durch die große Wüste, die nur nach der Regenzeit, Anfang Juli, durchquert werden kann. Hier weht der tödliche Samum, der die Körper wie bei einer Verwesung zusammenschrumpfen lässt, sodass der sterbende Mensch seine Gliedmaßen verliert. Dieser Wind fegt auch über die Wüste bei Schiras hinweg. Eine große, vor uns reisende Karawane, bei der sich der Kadi von Tirmidh befand, verlor durch diesen Wind viele Kamele und Pferde. Uns jedoch geschah nichts, sodass wir sicher und wohlbehalten Banj Ab (Panjab), die »Fünf Flüsse« von Sindh, erreichten – Gott, der Allmächtige, sei dafür gepriesen!

      Damit endet das, was wir über unsere erste Reise zu berichten haben.

      Indien

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      Merkwürdige Art der Geschenke

      Im Namen Gottes, des gnädigen Erbarmers! Gott segne unseren Herrn Mohammed, seine Familie und seine Genossen und gebe ihnen Heil!

      So spricht der Scheich Abu Abdallah Mohammed, Sohn des Abdallah, Sohn des Mohammed, Sohn des Ibrahim vom Stamm Lewata aus Tanger, bekannt unter dem Namen Ibn Battuta:

      Als der Kalender den ersten Tag des göttlichen Monats Moharrem des Jahres 734 (12. September 1333) zeigte, gelangten wir an den Indusstrom, auch Panjab genannt, was »die fünf Gewässer« heißt. Dieser Strom ist einer der größten der Welt und mündet in der heißen Zone; die Bewohner dieses Landes bestellen die Aussaat, wie es die Bauern Ägyptens bei der Nilüberschwemmung tun. Dieser Strom bildet die Grenze des Reiches, das der erhabene Sultan Mohammed Schah, der König von Indien, regiert.

      Als wir das Ufer des Flusses erreicht hatten, kamen die zuständigen Beamten des Meldungsamtes zu uns, um dann Kutb el-Mulk, dem Gouverneur der Stadt Multan, von unserer Ankunft zu berichten. Damals war Sertiz, ein Leibeigener des Sultans, Gouverneur von Sindh, der gleichzeitig das Amt des Inspekteurs der Provinzen innehatte, und vor dem die Truppen des Sultans paradieren mussten. Sein Name Sertiz bedeutet so viel wie »Schlaukopf«. Zur Zeit unserer Ankunft hielt er sich in der Stadt Siwestan auf, die in Sindh liegt und von Multan zehn Tagesreisen entfernt ist. Zwischen der Provinz Sindh und der Stadt Delhi, der Residenz des Sultans, ist man fünfzig Tage unterwegs. Gibt aber das Meldeamt der Provinz Sindh eine Nachricht an den Sultan auf den Weg, so erreicht ihn die Meldung innerhalb von fünf Tagen mit der Staatspost.

      Die Staatspost in Indien gründet sich auf zwei verschiedene Beförderungsarten. Für die Pferdepost, die sogenannte »Ulak«, stehen alle vier Meilen dem Sultan gehörende Pferde bereit. Die Läuferpost hingegen ist so eingerichtet, dass jede einzelne Meile in drei Abschnitte unterteilt wird. Am Ende eines jeden Abschnitts befindet sich eine gutbesetzte Ansiedlung, in der die zum sofortigen Aufbruch bereiten Läufer sitzen. Gegürtet und mit einer zwei Ellen langen Geißel neben sich, die an ihrem Ende Kupferschellen trägt, warten sie auf die zu befördernde Nachricht. Verlässt der Kurier die Stadt, nimmt er den Brief in die eine Hand, erfasst die schellenbehangene Geißel mit der anderen und stürmt mit aller Kraft davon. Den ihm vorauseilenden Klang der Schellen hören die Läufer der nächsten Station und machen sich bereit, die Post zu übernehmen. Erscheint nun der Kurier, so ergreift ein Läufer das Schreiben und jagt fort, so schnell er laufen kann. Auch er schwingt die Geißel, bis er zur nächsten Abschnittsstation gelangt, wo sich der Vorgang wiederholt, bis der Brief endlich seinen Bestimmungsort erreicht hat.

      Auf diese Weise befördert man auch sehr oft Früchte, die aus Chorasan stammen und in Indien recht begehrt sind. Man legt sie in Schüsseln und versendet sie in höchster Eile, damit sie der Sultan möglichst schnell genießen kann. Ebenso transportiert man auch Schwerverbrecher, indem man den Delinquenten in einen Tragsessel packt, den die Kuriere auf ihren Kopf nehmen und im Laufschritt davontragen.

      Wenn die Beamten der Meldebehörden dem Sultan schreiben, um ihn über die Ankunft eines Fremden zu unterrichten, der einen seiner Staaten betreten hat, so studiert der Herrscher den Brief in allen Einzelheiten, aus dem er auch entnehmen kann, wie sein Äußeres beschaffen ist und wie er sich kleidet. Dazu lässt man den Sultan wissen, von wie vielen Reisegefährten er begleitet ist, wie groß die Zahl seiner Diener und Sklaven, ja auch seiner Tragtiere ist. Hinzu kommt, dass man, soweit erkennbar, alle Gewohnheiten schildert, etwa wie der Fremde geht und steht. Schließlich enthält der Brief auch Angaben über das von dem Besucher mitgeführte Geld.

      Kommt nun der Reisende nach Multan, in die Hauptstadt der Provinz Sindh, so muss er sich dort so lange aufhalten, bis eine genaue Verfügung des Herrschers vorliegt, die seine Vorsprache und Behandlung bei Hof regelt. Dies gibt einen Eindruck vom Verhalten, Charakter und von den Ausgaben des Fremden wieder.

      Der König von Indien, Sultan Abu’l Mujahid Mohammed Schah, erweist den Fremden hohe Ehren und besonderes Wohlwollen. Da er ihnen Verwaltungsämter und Würden verleiht, ist die Mehrzahl seiner Hofleute, Kammerherren, Wesire und Richter, aber auch seiner Schwäger, ausländischer Herkunft. Auf seinen Befehl hin müssen die Fremden in seinen Staaten mit dem Titel »A’izza«, was »Erlauchte Herren« heißt, angesprochen werden. Mit der Zeit ist dieser Titel dann zu einem Eigennamen geworden.

      Jeder Besucher, der zur Audienz geladen wird, muss dem Sultan ein Geschenk anbieten und es ihm, gewissermaßen als Einführung, überreichen. Der Herrscher aber gibt es ihm doppelt und bisweilen mehrfach zurück.

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