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Perry Rhodan 2836: Die Zeitrevolution. Michelle Stern
Читать онлайн.Название Perry Rhodan 2836: Die Zeitrevolution
Год выпуска 0
isbn 9783845328355
Автор произведения Michelle Stern
Жанр Языкознание
Серия Perry Rhodan-Erstauflage
Издательство Bookwire
Die Station VIASVAAT hatte keinen Überlichtantrieb. Der Brocken, den sie vor einem Sturz in das Schwarze Loch gerettet hatten und als Planetensplitter bezeichneten, konnte nicht aus eigener Kraft entkommen. Leistungsstarke Zugstrahlen hatten den Splitter seinerzeit auf Kurs gebracht. Doch nun waren die Schiffe, die ihn hätten bewegen können, entweder im Kampfeinsatz oder zerstört.
Die Station war den Tiuphoren ausgeliefert.
Osku-Sool bewegte die Hände in einer kreisenden Abwehrbewegung, wie jemand, der eine dargebotene Ware ablehnte. Es stand ihm nicht zu, aufzugeben. Er war der Missionsmeister, verantwortlich für das Projekt und für zwanzigtausend Laren, die ihm vertrauten. Darunter waren Familien, Angehörige von Wissenschaftlern und Besatzungsmitgliedern, die an diesem Ort lebten.
Er sah Gesichter vor sich: Laren, die er kannte und schätzte, die ihm zunickten, die Lippen zu einem Lächeln verzogen. Auf VIASVAAT waren sie eine Gemeinschaft.
»Nein!«, sagte er so laut, dass Aynaa-Tir, Rodry-Hanek und Rhino-Jaad zusammenzuckten. »Ich weiß, was ihr denkt. Wir bieten den Tiuphoren ein Ziel, das sie anmessen können. Trotz des hyperenergetischen Schattens, den die Raum-Zeit-Gruft Toorasha wirft, sind wir ein Fanal in ihrer Ortung, sobald sie die Schutzdistanz unterschreiten. Die Stabilisatoren, Projektoreinheiten und Gravogeneratoren schreien unsere Anwesenheit hinaus. Dennoch leben wir noch. Und wir werden weiterleben. Wahrscheinlich sind wir für die Tiuphoren unwichtig. Es kann Tage dauern, bis sie sich uns widmen – falls sie es überhaupt tun. Mit der BARAR-VAAT können wir die Besatzung rechtzeitig fortbringen.«
Das Schiff ähnelte den Generationenraumern, wenn es auch deutlich kleiner war und nur aus einem Rumpf bestand. Es war für den Notfall ausgelegt und konnte die komplette Besatzung aufnehmen.
Aynaa-Tir straffte sich. »Wir müssen sofort evakuieren!«
»Wir müssen vor allem die Nerven behalten«, sagte Osku-Sool. »Zuerst werden wir die Evakuierung vorbereiten. Retten, was zu retten ist.«
»Wir dürfen keine Zeit verlieren!« Nervös umklammerte Aynaa-Tir den hölzernen Duftwürfel vor sich, drehte ihn in der Hand. »Paatherhagen bietet uns Rettung. Auf dem Planeten gibt es keine Emissionen, die die Tiuphoren auf sich aufmerksam machen könnten. Lasst uns sofort dorthin aufbrechen!«
Rodry-Hanek tippte die fleischigen Fingerspitzen wiederholt zusammen – ein Zeichen seiner Zustimmung. Rhino-Jaad dagegen schaute zweifelnd in die Runde. Er griff nach einer Nestbeere auf einer blauen Schale, steckte sich die Frucht in den Mund und kaute mahlend.
Paatherhagen war eine Urlaubs- und Freizeitwelt. Ausgesprochen naturverbunden und auf eigenen Wunsch mit lediglich einem Hyperfunksender ausgestattet. Sicher hatten die Paatherhagener ihn heruntergefahren, so wie auch VIASVAAT seit dem Beginn der Invasion auf Hyperfunksendungen verzichtete.
»Wir müssen das Ziel überprüfen. Sobald wir bereit sind und Sicherheit haben, brechen wir auf.«
»Aber ...«, setzte Aynaa-Tir an. Sie ließ den Würfel los, zupfte an einem der blassgelben Zöpfe.
Osku-Sool hob die Hand. »Kein Aber. Ich werde weder unsere Forschungsergebnisse noch unsere Heimat wegwerfen. VIASVAAT ist unser Zuhause. Wenn wir es aufgeben, nehmen wir mit, was wir mitnehmen können. Noch sind die Tiuphoren nicht in der Nähe.«
Wieder griff Aynaa-Tir nach dem Würfel, rieb ihn, dass der Geruch nach Zerdinholz stärker wurde. »Du riskierst unser aller Leben!«
»Ich denke auch an Paatherhagen. Die Tiuphoren werden den Planeten vermutlich nicht anmessen, aber was ist mit unserem Schiff, wenn es den Hyperraum verlässt und dort ankommt? Wollen wir den Tod auf den Planeten bringen? Wir müssen abwarten, weiter Daten sammeln und Sicherheit über die Stellungen der Tiuphoren erhalten. Dann können wir uns von Ortungsschutz zu Ortungsschutz fortbewegen. Vielleicht sind wir im Schatten einer Sonne sogar sicherer. Die Tiuphoren verheeren Planeten, aber sie töten nicht jeden Einzelnen von uns. Wenn wir uns verbergen und warten, haben wir womöglich die besten Chancen.«
Aynaa-Tir legte den Würfel ab. Er zeigte mit einem Honhooten nach oben. Die bullige, gefiederte Kreatur sollte Glück bringen und Schutz bieten. »Wie du willst, General. Ich kümmere mich unverzüglich um meine Sektoren.« Sie stand auf und ging. Rodry-Hanek folgte ihr mit stampfenden Schritten.
Osku-Sool senkte den Kopf. General. So hatte man ihn bisher auf der Station scherzhaft, aber mit Respekt genannt, weil er Ruhe ausstrahlte. Sie waren Wissenschaftler, keine Militärs. In Aynaa-Tirs Anrede hatte Verachtung gelegen.
»Ein Jammer um deine Schwester«, sagte Rhino-Jaad. Er langte zur blauen Schale auf dem Tisch und stopfte sich eine weitere Nestbeere in den Mund. Einige Tropfen liefen über seine wulstigen Lippen auf das Kinn. »Ich mochte sie.«
»Ja. Ein Jammer.« Osku-Sool kannte die wenig feinfühlige Art seines Kollegen und hatte gelernt, damit umzugehen. Im Moment durfte er ohnehin nicht länger an Mera-Luur denken und damit die Trauer an sich heranlassen. Er musste weitergehen, einen Schritt nach dem anderen, um am Leben zu bleiben. »Kümmere dich um die Messbojen und die Experimentalkammern! Ich will die gesamte Ausrüstung retten. Danach prüfst du unsere Daten und besorgst dir, was du uns an Wissen besorgen kannst. Vielleicht können wir zurückkehren, wenn das hier vorbei ist.«
Obwohl Osku-Sool daran zweifelte, wollte er die Hoffnung nicht aufgeben. Die Tiuphoren würden nicht jeden einzelnen Laren töten. Irgendwer würde überleben, und wenn sie das taten, brauchten sie so viele Informationen wie möglich.
Der zweite Missionsleiter wischte sich den Mund ab. Über der schmalen Nase bildeten sich zwei Falten. »Wissen? Welche Art Wissen?«
»Alles«, sagte Osku-Sool. »Nimm, was du kriegen kannst. Besonders sämtliche Dateien der Chronalen Universität und der Garusischen Wissensstätten. Sichere sie doppelt, im Schiffsspeicher und auf Datenträgern, die du in deiner Nähe behältst.«
Rhino-Jaad starrte auf die blaue Schale. »Es ist wirklich vorbei, was? Wir haben Phariske-Erigon geholfen, uns in den Krieg einer fremden Galaxis eingemischt, und nun zahlen wir den Preis dafür. Wir hätten uns nie in diese Angelegenheit hineinziehen lassen dürfen.«
»Doch, das hätten wir. Es war das einzig Richtige. Unsere Sternenmissionen mussten es tun. Man kann nicht untätig bleiben, wenn man um das Leid anderer weiß. Nur Feiglinge ducken sich weg, hoffen inständig, es möge andere treffen. Laren stellen sich der Gefahr. Sie stehen einander und Gleichgesinnten bei. Das ist der Kern unserer Kultur. Anders zu handeln hätte bedeutet, uns zu verleugnen.«
»Sie sind Fremde.«
»Nicht mehr. Unsere Sterneninseln sind für immer verbunden. Durch gemeinsamen Kampf und gemeinsames Leid. Wir hielten uns für ihre Eltern, kamen ihnen zu Hilfe wie Kindern – nun sind wir Brüder.«
»Ja.« Rhino-Jaad lehnte sich zurück, schaute hinauf zur Raum-Zeit-Gruft. »Was ich sagte, war dumm. Immerhin haben wir gehofft, Informationen zu bekommen, wie wir uns gegen die Tiuphoren wappnen können, falls sie auf uns aufmerksam werden. Leider sind wir gescheitert. Auf ganzer Linie.«
»Wir taten, was richtig war. Und jetzt los! Wir haben eine Station zu evakuieren.«
Rhino-Jaad stand auf. Sie verließen die Mitte des Raums, gingen über zwei der vier hölzernen Brücken auseinander zu ihren Stationen.
Osku-Sool stürzte sich in die Arbeit, organisierte, bedachte, was zu tun, woran zu denken war. Er verteilte die anstehenden Aufgaben an andere Wissenschaftler, bat seinen Assistenten Bel-Raboor, sich um seine persönlichen Räumlichkeiten zu kümmern, schickte Techniker und Wartungspersonal zu neuralgischen Punkten, aktivierte Roboter und Maschinen, die seit Jahren desaktiviert in dunklen Kammern verrotteten.
Die Zeit flog an ihm vorbei, krümmte sich, wie sie es in der Ergosphäre des Schwarzen Lochs tat. Es war so viel zu tun, so wenig Raum.
Erst Stunden später, die sich wie Tage anfühlten, schreckte