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Geologen ist er nicht einfach ein See, sondern eine Krypto­depression. Das ist sachlich korrekt - sein Grund liegt unter­halb des Meersspiegels, der See­spiegel darüber -, klingt aber doch arg nach fieser Krankheit. Romantiker werden sich nicht groß darum scheren, für sie ist der Skandar einzig und allein ein großes, stilles Gewässer inmitten ele­gischer Land­schaften. Doch trotz sei­ner knapp 170 km langen Uferlinie ist es gar nicht so einfach, an den See ran­zu­kommen. Zum Teil weil knapp ein Drittel auf albanischem Staats­gebiet liegt, vor allem jedoch, weil die riesige Was­ser­flä­che tou­ris­tisch fast völlig un­er­schlos­sen ist, was vor allem die Bird­spot­ter- und Anglerfraktion freut. Erstere können in aller Ruhe ihrem reiche Aussichtsbeute verhei­ßenden Geschäft nachgehen, Letztere müssen sich nicht mit planschenden Schwimmern he­rum­är­gern und können beachtliche Men­gen von Karpfen aus dem trink­was­ser­sauberen Wasser ziehen - eine sehr athle­tische en­de­mi­sche Sub­spezies des Fisches übrigens, die ganz und gar nicht tranig schmeckt. Nicht einmal 20 km Luft­linie ent­fernt von den prop­pe­vollen Ständen an der Adria hat man ein Idyll der ers­ten Kategorie fast voll­stän­dig für sich allein. Melancholische An­wand­lungen lassen mit den her­vor­ra­gen­den Weinen aus den frucht­baren Hängen und Flächen am Ufer bekämpfen.

      Von den Gebirgsregionen ist der Na­tio­nal­park um den kleinen Hochmoorsee ganz bestimmt die grünste. Ziemlich ge­nau in der Landesmitte wachsen hier die Baumriesen tatsächlich fast bis in den Himmel, und das in einer Dichte, dass dem Nationalpark das Prädikat „Urwald“ verliehen wurde. Weiter oben wird die Vegetation zwar niedriger, aber bis auf Gipfelhöhe sind die Hänge wiesen­grün und strauchbewachsen. Wie auch im Rest der weiten Bergwelt sind Wanderer hier ziemlich allein un­ter­wegs, nur in der kurzen Winter­saison wird es um das Hochplateau der Bjelasica kurz recht voll - dann dreht sich hier die einzige echte Skischaukel Mon­tenegros.

      In salzig und süß

      Fast an der ganzen Küste fallen die Berge steil ins Meer, deshalb die Isomatte mit­nehmen: Es kieselt an den Stränden, dafür ist das Wasser meist kristallklar. Erst ganz im Süden bei Ulcinj gibt es Sand, dann aber gleich auf ostadriaweit einzigartigen dreizehn Kilometern.

      Springen ist vielleicht keine so gute Idee.

      Davon träumt der Strandaficionado: ei­ne abgelegene, menschenleere Bucht mit azur­blauem Wasser und pitto­res­ken vor­gelagerten Inselchen. In Žanjice gibt es das fast alles noch, bloß völlig men­schen­leer ist es nicht mehr, dafür sorgt schon der rege Bootsverkehr. Aber im­mer noch ist hier viel, viel weniger los als an den industriell betriebenen Strän­den in Budva und Herceg Novi. Die ver­gleichsweise lange Anfahrt über die engen Straßen der Halbinsel Luš­ti­ca ist die Bucht aber unbedingt wert. Ganz toll auch zum Schnorcheln und zum Klip­penspringen: einen hal­ben Kilo­me­ter bis zur Ruine des Forts Mirište lau­fen, da hat man auch einen besseren Blick auf die Gruselinsel Mamula.

      Der feine, dunkle Sand der Velika Plaža soll ja sogar gesund sein, vor allem schmiegt er sich warm um die nackten Füße - mit Kiesgepiekse ist hier endlich Schluss. Außerdem kann man die Kin­der endlich auch unbeaufsichtigt schwim­men lassen, der Flach­was­ser­be­reich zieht sich sehr weit hinaus. Der Große Strand ist zwar touristisch sehr gut erschlossen, aber auf dem endlos langen und sehr breiten Sandstreifen findet man problemlos auch ein ein­faches Plätzchen. Am südlichen Ufer der Bu­na auf der Nudistensandbank der Ada Bojana geht dann auch FKK.

      Die Hard-Rock-Variante des Strand­be­suchs. Oder Tekkno. Oder Speed Metal: auf jeden Fall laut. Die Bade­strei­fen vor den Bettenburgen von Herceg Novi, Budva und Bečići sind ganz gewiss nicht beschaulich, da­für sorgen zu­ver­läs­sig Jet-Skis, Powerboote und Mu­sik­be­schallung; lustig ist es aber schon. So wie Oktoberfest mit Sonne - wer mit­feiert und mit­trinkt, hat ganz sicher ei­nen Rie­senspaß.

      Das komplette Gegenteil der Amü­siermeilen an der Küste: In Murići am Skadar-See ist man ganz allein, und wenn man beim Schwimmen im komf­or­tabel von Mutter Natur tem­pe­rierten See Wasser schluckt, gleich noch ein­mal einen nehmen: Die Fül­lung des rie­si­gen Sees erreicht spie­lend Trink­was­ser­qualität. Nur das Bier und das Strand­picknick muss man eben selber den recht langen, aber un­ge­mein spek­ta­kulären Weg über die Klos­terroute mit­bringen.

      Die paar Kilometer, die die Cijevna durch die glühend heißen Felder in der Ebene von Podgorica fließt, reichen nicht aus, um den Gebirgsfluss auf schmu­sige Temperatur zu bringen: Ein Bad in der Cijevna ist vor allen Dingen er­frischend. Aber nur um zu schwim­men kommt man hier auch nicht her: Hinter dem Wasserfall „Niagara“ (der ist hübsch, die Bezeichnung dann aber doch schon ein bisschen großmäulig) hat sich die Cijevan weit in den Boden gefräst und bietet großartige Mög­lich­kei­ten zum 12 m-Sprung in die tief aus­gewaschenen Strudeltöpfe. Die Be­wunderung der Dorfjugend ist Ihnen si­cher!

      Na ja, schwimmen - so einfach ist es nicht: Ohne ganz dicken Neoprenanzug und einen ortskundigen und quali­fi­zier­ten Guide geht das nicht, aber die Durchquerung, -schwimmung und -hüpfung des Nevidio-Canyons der Ko­mar­nica ist ganz bestimmt das auf­re­gendste Erlebnis, das man in mon­te­ne­gri­nischen Gewässern so haben kann.

      Natürlich kann man in der Wassern Mon­tenegros viel mehr als bloß plan­schen. Für den Anfang reicht schon eine Taucherbrille, um den Reiz der üppig belebten Meeresfauna plas­ti­scher zu erleben, mit deutlich mehr Aus­rüstung kommt man dann noch weiter und länger unter Wasser: Mon­te­negro, besonders vor und in der Bucht von Kotor, ist ganz sicher ein Tauch­re­vier der obersten Kategorie.

      Fahrten- oder Sportsegler werden die Küste dagegen als wenig heraus­for­dernd finden, dafür weht es einfach zu schwach, eine besondere Spielart des windgetriebenen Vortriebs hat sich aber vor dem großen Strand in Ulcinj etabliert: Das geringe Wassertiefe und ein verlässlicher auflandiger Wind haben Ulcinj als Kitesurfing-Spot der ersten Kategorie in den Kata­logen der Spezialanbieter fest etabliert.

      Gleich nach Überschreiten der nördlichen Landesgrenze haut Montenegro mit­ einer Natur­sensation ersten Ranges auf die Pauke: Bewegun­gen der Erd­kruste und das Meerwasser haben ein fast 30 km langes Be­cken in die Küs­te getrieben, eingerahmt von fast 1900 m hohen Bergen.

      Knapp 87 km² Wasserfläche machen die Bucht von Kotor zum größten Fjord südlich von Skandinavien - auch wenn’s streng genommen gar kein Fjord ist.

      Die Bucht von Kotor ist das Cover-Mo­tiv Montenegros und für gar nicht so we­nige Besucher des Landes ist sie sogar Montenegro - viel mehr bekom­men Kreuzfahrttouristen, die sich den Landgang mit einem Einreisestempel im Pass dokumentieren lassen, vom Land gar nicht zu sehen. Der Sprung ins Salzwasser und die Bergwanderung lassen sich hier spielend an einem Tag realisieren, von Meereshöhe bis zu den wolkenhohen Gipfeln des Orjen und Lovcen liegt an manchen Stel­len bloß ei­ne weite Steinwurf­dis­tanz, und das er­hebt die erste Be­geg­nung mit dem ein­zigen Fjord südlich Skandinaviens in den Rang eines ech­ten Natur­spek­ta­kels

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