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längst obsolete Karriereplanung vor: Abitur, Lehre / Studium, Arbeitsstelle in einem einzigen Unternehmen und dann mit 65 Jahren ab in die Rente. Doch diese Zeiten und die entsprechenden Lebensentwürfe sind längst vorbei. Heute folgen die High Potentials den lukrativen Jobangeboten rund um den Globus, ganze Imperien werden vom heimischen Wohnzimmer aus gesteuert und der Großteil der Menschen hat überhaupt keine Lust, mit Mitte Sechzig zum alten Eisen abgeschoben zu werden.

      Alles verändert sich, nichts bleibt gleich. Und nur damit wir uns richtig verstehen: Wir reden hier nicht von Utopia, sondern all diese Entwicklungen sind schon lange Realität. Im Jahr 2015 habe ich einen Vortrag beim Software Unternehmen Tobit in Ahaus gehalten. Dort hat der Firmengründer und Visionär Tobias Groten mitten auf dem platten Land einen Technologie-Campus erschaffen, der seinesgleichen sucht. Alles ist Hightech, es gibt einen firmeneigenen Beachclub und sogar eine Diskothek. Teil des Campus ist auch ein Hotel, welches Gästen und Mitarbeitern gleichsam zur Verfügung steht. Als ich vor Ort ankam, suchte ich verzweifelt nach der Rezeption. Bis mich eine Mitarbeiterin auf meinen Irrtum hinwies: »Das läuft alles über unsere App.« Und tatsächlich, nachdem ich die Software auf mein I-Phone geladen hatte, legte ich über mein Facebook-Profil einen Account an. Sofort erkannte die App, dass für mich die Suite Nummer 7 reserviert war. Einen Schlüssel gab es nicht. Dafür einen Button in der App: »Tür öffnen«. Nachdem ich diesen gedrückt hatte, öffnete sich die Zimmertür wie von Zauberhand. Ich kam mir vor wie in einer Folge von Star Trek. Im Zimmer selbst fungierte dann mein I-Phone als Schaltzentrale, über die sich alles steuern ließ. Und wenn ich »alles« sage, dann meine ich auch alles: Licht, Vorhänge, Musik, Fernsehen (Verzeihung, natürlich war es Internet-TV als Streaming Service), die Dusche und sogar der Zimmerservice.

      Es war wirklich ein mehr als beeindruckendes Erlebnis. Nach dem Check-out (selbstverständlich wieder per App) spürte ich, dass ich gerade die Zukunft erlebt hatte. Und gleichzeitig fragte ich mich, ob die traditionelle Hotellerie wohl bereits auf diese Entwicklungen vorbereitet ist oder in ein paar Jahren davon überrollt werden wird. Denn solche Beispiele werden Sie für jede Branche finden. Auch für Ihre. Die Gesellschaft, die Firmen und auch Ihr persönlicher Arbeitsplatz werden von der digitalen Revolution betroffen sein. Wir werden mit Problemen konfrontiert sein, die wir uns heute noch gar nicht richtig vorstellen können. Und gleichzeitig verbergen sich in diesen Herausforderungen auch riesige Chancen, die nur darauf warten, von uns erkannt und genutzt zu werden.

      Beim Frühstück in der Tobit-Mitarbeiterlounge hatte ich dann die Gelegenheit, mit einem Mitglied der Geschäftsführung über die innovativen Ideen des Unternehmens zu sprechen. Und eine Aussage hat mich am meisten beeindruckt: »Weißt du, Ilja, wir haben uns die Entwicklung nicht ausgesucht, aber wir versuchen, ihr immer einen Schritt voraus zu sein. Wir schauen ganz einfach, welche Probleme sich ergeben, und dann arbeiten wir mit Hochdruck an einer passenden Lösung. Denn wenn wir es nicht tun, dann tut es jemand anders.« Genau das ist die Mentalität, die den entscheidenden Unterschied macht.

       Achtsamkeit, Baby!

      »You don’t know what you don’t know.« Du weißt nicht, was du nicht weißt. Dieses Zitat stammt von dem amerikanischen Sprachwissenschaftler Noam Chomsky6 und bringt das zentrale Element dieses Abschnitts perfekt auf den Punkt: Wir nehmen nur einen kleinen Teil der Realität bewusst wahr, weil sich die große Masse unserer Gedanken, Entscheidungen und Handlungen auf unbewusster Ebene abspielt. Als grobe Hausnummer können Sie davon ausgehen, dass der bewusste Verstand zwischen fünf und neun Informationen gleichzeitig verarbeiten kann. Die Kapazität des Unterbewusstseins ist hingegen unendlich.7 Dies ist auf der einen Seite sehr praktisch, weil uns die dadurch entstehenden Automatismen den Alltag sehr erleichtern. Wenn wir einmal gelernt haben, wie man Fahrrad fährt, dass eine Herdplatte verdammt heiß sein kann oder dass man eine Tür öffnet, indem man die Klinke herunterdrückt, dann läuft das entsprechende Programm im Unterbewusstsein wieder und wieder ab, ohne dass es von uns einer bewussten Steuerung bedarf. Je älter wir werden, desto mehr bestimmen diese Gewohnheiten unser Leben. Viele davon sind auch gut und überaus nützlich. Doch ebenso haben wir im Laufe der Zeit eine riesige Anzahl von unbewussten Denkmustern, Entscheidungsstrategien und Verhaltensweisen gelernt, die eine negative Wirkung haben, uns von unseren Zielen abhalten und uns sogar schaden können.

      Und schon sind wir beim großen Dilemma. Denn wie wollen Sie etwas verändern, verbessern oder weiterentwickeln, das Ihnen überhaupt nicht bewusst ist, weil es sich um automatisierte Prozesse in Ihrem Unterbewusstsein handelt? Okay, das war natürlich eine rhetorische Frage, denn es ist schlichtweg unmöglich. Wir kommen daher zu einem der wichtigsten Sätze dieses Buchs. Er kommt sehr unscheinbar daher, hat aber – wenn Sie ihn wirklich in seinem vollen Ausmaß verinnerlichen – das Potenzial, Ihr Leben dramatisch zu verbessern. Habe ich den Spannungsbogen genug aufgebaut? Sehr schön, dann kommt er nun, der alles entscheidende Satz:

       Sie können nur das verändern, was Ihnen bewusst ist!

      Klingt einfach und logisch, oder? Aber wenn Sie davon ausgehen, dass 99 Prozent Ihrer Gedanken, Strategien und Verhaltensweisen unbewusst ablaufen, dann steckt eine Menge Dynamit in dieser Aussage. Denn Hand aufs Herz, wie sehr führen Sie ein Leben im Autopilotmodus? Wie häufig tun Sie Dinge nur, weil Sie es schon immer so getan haben, weil es normal ist oder weil alle es tun? Wie sehr funktionieren Sie eigentlich nur noch, anstatt mit einem hohen Grad an Bewusstheit Ihren Job zu erledigen, Ihren Alltag zu gestalten und mit den Menschen in Ihrem Umfeld zu kommunizieren? Das Leben wird erst dann so richtig intensiv, wenn Sie es mit allen fünf Sinnen aufsaugen und sich dem jeweiligen Moment voll und ganz hingeben.

      Doch wie sieht die Realität aus? Menschen hetzen von einem Meeting zum nächsten, spielen mit ihren Kindern, während sie nebenbei »mal schnell« die wichtige Präsentation für den Chef vorbereiten, und sind während der täglichen U-Bahn-Fahrt so in das Spielen von Candy Crush auf dem Smartphone vertieft, dass sie es nicht mal mitbekommen würden, wenn die Mitreisenden um sie herum alle nackt wären. Ich habe immer häufiger den Eindruck, dass der Alltag so hektisch geworden ist, dass kaum noch Zeit für bewusste Kommunikation, echtes Interesse am Gegenüber und den hohen Anspruch an die eigenen Resultate bleibt. Und wenn man sich doch einmal auf eine Aufgabe fokussiert, dann ist man gedanklich schon wieder in der nächsten Telko, beim Kunden von morgen oder dem wöchentlichen Meeting, auf das man sich schon wieder nicht rechtzeitig vorbereitet hat. Kommt Ihnen bekannt vor, nicht wahr?

      Nur wenn wir ganz achtsam unsere äußere und innere Realität wahrnehmen, gelingt es uns, die unzähligen Automatismen, Gewohnheiten und Strategien aus dem Unterbewusstsein an die bewusste Oberfläche zu befördern, um sie dann entsprechend zu verändern. Das größte Geschenk, das Sie sich selbst machen können, ist, den Autopilot auszuschalten und das Leben bei den Hörnern zu packen. Vor einigen Jahren habe ich von meinem britischen Kollegen Nigel Risner einen Satz gehört, der Ihnen dabei als gedanklicher Leuchtturm dienen kann: »Wenn du im Raum bist, dann sei im Raum.« Im Original heißt es: »If you’re in the room, be in the room.« Ja, es lohnt sich, diesen Satz mehrmals zu lesen und ihn auf sich wirken zu lassen. Es reicht nicht, nur körperlich im Raum zu sein, wir müssen es auch mental sein. Nicht nur ein wenig, sondern ganz. Zu 100 Prozent.

      Der Schlüssel, um dem Teufelskreis aus Belanglosigkeit, Unzufriedenheit und Mittelmaß zu entkommen, heißt Bewusstheit.

      Je achtsamer Sie sich auf eine Situation einlassen, desto selbstbestimmter werden Sie. Weil Sie plötzlich Dinge wahrnehmen, die sonst im Sauseschritt an Ihnen vorbeigerauscht wären. Machen Sie ruhig die Probe aufs Exempel und stellen sich ganz bewusst die folgenden Fragen:

      imageWie sieht meine Einstellung aus?

      imageNach welchen Kriterien treffe ich meine Entscheidungen?

      imageWarum tue ich, was ich tue?

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