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Sie den »Ruf«? Auch »the Call« genannt? Da ruft uns etwas, da mahnt etwas, da kommt eine Stimme von innen oder außen, die uns klar macht: Jetzt wird es anders, ich will / muss etwas tun. Solche Weckrufe können auch Trainings sein – Trainings, in denen etwas passiert, in denen wir mit uns, einem Thema, einem Anliegen konfrontiert werden, das uns tief bewegt.

      Jedes Training – fast jedes – sollte mit einem beeindruckenden, berührenden und eindrucksvollen Moment starten. Dann wissen alle: Hier wird es anders. Die Erwartungen an ein langweiliges Standardseminar werden also von Anfang an bewusst nicht erfüllt.

      Wenn ich Trainings designe, dann steht immer die Frage nach dem geistigen Befruchtungsmoment im Vordergrund: Wo macht es »klick« im Kopf der Teilnehmenden? Wie erreiche ich die Ebene der Einstellung, wie berühre ich Menschen in ihrem inneren Wertesystem oder Erleben so, dass sie innehalten und das, was sie kennen, neu betrachten? Das ist mein Fokus. Denn wenn die »Einsicht« erst da ist, ist der Rest ein leichtes Tun. Die weiteren Schritte im Seminardesign reihen sich automatisch aneinander wie die Perlen einer Kette.

      Trainings – sofern dieser Begriff noch ansatzweise für das passt, worüber wie hier nachdenken – sind Momente, in denen Menschen zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu erleben und zu erfahren. Die Mahnung ohne den erhobenen Zeigefinger: Das ist ein Gedanke, der zu dieser neuen Art von Veranstaltungen unbedingt gehört.

      Diese Mahnung – oder leichte Erschütterung – hat eine starke Wirkung, denn sie fragt nach dem WARUM:

      imageWARUM wir besser miteinander kommunizieren sollen

      imageWARUM wir bessere Führungskräfte werden sollen

      imageWARUM wir uns im Team besser arrangieren sollen

      Es gibt viele WARUMs für Themen, sie sind im Grunde doch das oberste Ziel von Trainings- und Bildungsmaßnahmen.

      Aber kommen wir noch einmal zurück zum eingangs erwähnten »Ruf.« Dieser Begriff gehört zum Konzept der Heldenreise, das Joseph Campbell, ein amerikanischer Mythologieforscher, entwickelt hat. Ein Ruf, ob er nun von außen oder von innen kommt, geht oft einher mit Schwierigkeiten, einer Krise, einem Aufbegehren, einer Vision oder dem Wunsch, dass etwas ganz anders wird. Unfreiheit, Not und ähnliche Erlebnisse und Situationen befördern diesen Ruf noch mehr.

      Traditionelle Arbeitsplätze und Berufe verändern sich rasant oder verschwinden ganz; neue Berufe entstehen, von denen wir oft gar nicht wissen, wie sie genau aussehen werden. Künstliche Intelligenzen übernehmen mehr und mehr Arbeitsprozesse und auch daraus entstehen neue Betätigungsfelder für den Menschen.

      Dies bringt nach meinem Verständnis eine tiefe Auseinandersetzung mit unserer eigenen Aufgabe und den unterschiedlichsten Rollen, die wir privat und beruflich einnehmen werden. Wenn wir den Ruf nicht hören oder ihn ignorieren, kann das fatale Folgen haben. Doch der Ruf kann auch durch etwas Schönes, Positives ausgelöst werden: Wir sehen einen Film, lesen ein Buch oder treffen einen Menschen und plötzlich wird eine starke Sehnsucht in uns geweckt.

      Das sollte auch in Lernräumen und Trainings, auf Tagungen und bei anderen beruflichen Events geschehen. Die Teilnehmenden hören den Ruf und spüren eine tiefe Sehnsucht nach etwas. Das kann alles Mögliche – Sinn, Ethik, Kreativität, Kollaboration, Zusammenhalt – sein. Im Idealfall decken die Unternehmensziele das »Sehnsuchtsthema« ab, dann berührt es die Menschen eher, es klingelt sozusagen in ihrem eigenen Persönlichkeitsnetzwerk.

      Als Teilnehmende möchte ich erschüttert werden, mein bisheriges System soll ins Wanken kommen und auf den Prüfstand gestellt werden; meine eigenen Wenn-dann-Logiken sollen Purzelbäume schlagen, ich will wachsen und neue Erkenntnisse bekommen.

      Wie das geschieht? Durch besondere Methoden und Erlebnisse, die dem Thema eine neue Bedeutung geben. Die üblichen Erkenntnisspiele greifen zwar, aber nur oberflächlich. Inszenierungen, die ein Thema erfahrbar machen, sind da viel eher geeignet. Wenn wir ein Meeting zum Beispiel gemeinsam am Lagerfeuer anfangen, hat das eine ganz andere Qualität. Selbst wenn es ein »trockenes« Feuer ist – eine große Sitzfläche auf dem Boden, in deren Mitte trockene Holzscheite als Feuerstelle aufgebaut sind –, so wirkt doch die Art und Weise, wie diese Runde zelebriert wird.

      Sobald eine Methode aus dem üblichen Allerlei hervorsticht, eine gewisse Tiefe, Stille oder andere Atmosphäre verbreitet, ist es meist keine Methode mehr, sondern ein Ritual, eine Intervention, eine Zeremonie. Diese hat eine ganz andere Wirkung: Sie spricht die affektiven Lernziele an – also Ziele, die sich auf das Herz, die innere Haltung, die persönliche Einstellung und die Emotionen beziehen – und fördert die Verbundenheit der Menschen untereinander. Um solche Momente zu schaffen, braucht es die entsprechende innere Haltung des Trainers, er oder sie muss wissen, warum er oder sie etwas macht. Und es braucht die Gabe, tief gehende Lernsettings zu gestalten.

       Wir brauchen persönliche Transformation

      Menschen streben nach Weiterentwicklung und Veränderung. Viele unserer Verhaltensweisen, unser Werteverständnis und unser Mindset – unsere Mentalität – reichen angesichts der VUCA-Welt und der zunehmenden Digitalisierung einfach nicht mehr aus und müssen sich verändern. Und dieses Gefühl hat unter Umständen gravierende Folgen: Viele von uns spüren, dass sie inmitten einer persönlichen Disruption stehen.

      Unsere Arbeitswelt wandelt sich – das besagt unter anderem eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): »Die Digitalisierung hat kaum Auswirkungen auf das Gesamtniveau der Beschäftigung, führt aber zu größeren Verschiebungen zwischen Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus. Bis zum Jahre 2020 gehen nach Auffassung des IAB 710 000 Arbeitsplätze durch Digitalisierung verloren, gleichzeitig entstehen aber 720 000 neue Jobs. Bis 2035 schätzt das Institut den Verlust auf 1,46 Millionen Arbeitsplätze ein, den Zugewinn auf 1,4 Millionen.«8

      Diese Zahlen beschreiben nur einen der vielen Gründe, warum wir uns selbst neu erfinden müssen – oder dürfen, je nachdem, wie optimistisch oder pessimistisch wir die Sache sehen. Es stellt sich nur die Frage, ob ich jemand anderes werden kann als derjenige, der ich gestern war.

      Die Digitalisierung hat einen ähnlich massiven Effekt auf die Arbeitswelt wie die Dampfkraft in früheren Zeiten. Viele Firmen werden verschwinden – manche schon in wenigen Jahren. Um das zu verhindern, müssen sie sich ebenso wandeln wie wir Einzelnen.

      Es geht, kurz gesagt, um Transformation. Dafür müssen wir uns zunächst eines klarmachen: Es gibt unbewusste Prozesse, die auch für uns unbewusste Grenzen setzen. Das Überwinden dieser Grenzen ist der Weg zur Transformation. Wir können lernen, bisherige Grenzen zu überwinden, neue Möglichkeiten zu erfahren, die uns zu etwas Neuem oder Reiferem bringen. Wir reifen in unseren Erkenntnissen über das Bisherige und bekommen eine weit größere Perspektive.

      Zum Lebensende hin streben wir Integrität an. Die Reise unseres Lebens soll Sinn ergeben. Und dafür braucht es im Vorhinein die regelmäßige Reflexion: »Wer bin ich und was will ich wirklich?« Solche Fragen können auch in Coachings oder Leadership-Trainings bisherige Lebens- und Arbeitskonzepte komplett durcheinanderbringen.

      Die Suche nach persönlicher Weiterentwicklung – die Selbstfindung – ist ein relativ neues Gut. In früheren Jahrhunderten hielt das Tagwerk die Menschen oft davon ab, sich diese Fragen zu stellen. Jetzt möchte sich der Mensch neu erfinden und optimieren. »Mache das beste Selbst aus dir« – so klingt es in manch einem Seminar oder Ratgeber.

      Menschen dabei zu begleiten, das Beste aus sich zu machen, ist ein typisches Trainer- und Coach-Credo. Menschen, die sich an ihrem Arbeitsplatz verwirklichen können, bringen Früchte fürs Unternehmen. Dort können sie ganz sie selbst sein und

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