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letztlich der Befriedigung unserer Motive. So nutzen manche Gelder zur Befriedigung des Statusmotivs, andere für ihr Streben nach Unabhängigkeit, wieder andere zur Erreichung von emotionaler Ruhe etc. Geld ist also kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck. Und somit kein Lebensmotiv. Auch Essen kann für manche Menschen nur Selbstzweck, also ein Endmotiv sein. Für andere wiederum ist es ein Mittel zum Zweck: Sie essen vornehmlich in Gesellschaft und befriedigen so ihr Beziehungsmotiv, verkehren in teuren Restaurants und »füttern« damit ihr Statusmotiv oder probieren unterschiedliche Landesküchen, was wiederum ihr Neugiermotiv befriedigt.

      Motivation entsteht so wie beschrieben aus dem Zusammenspiel der Situation und des Motivs: Nimmt man (meist unbewusst) in einer Situation wahr, dass diese eines unserer Motive befriedigen könnte, entsteht die Motivation, etwas Bestimmtes zu tun. Für Bernd Beispiel kann das heißen, dass er Einladungen zu Geburtstagspartys gern annimmt, denn so hat er die Möglichkeit, mit anderen Menschen zusammen zu sein, was sein hoch ausgeprägtes Beziehungsmotiv befriedigt. Michael Muster, der ein hoch ausgeprägtes Essensmotiv hat, wird die Party möglicherweise besuchen, weil er weiß, dass das Geburtstagskind sehr gut kochen kann. Das heißt, dass ein und dieselbe Situation unterschiedlichste Motive befriedigen kann. Insofern ist es auch schwer, von Verhalten auf Motive zu schließen. Leichter ist es, von Motiven auf erwartetes Verhalten zu schließen.

       Werte- und Wohlfühlglück

      Den Zustand der Befriedigung der eigenen Lebensmotive nennen wir »Werteglück«. Es kann tiefliegende Emotionen hervorrufen, zum Beispiel das Gefühl, »eins mit sich selbst zu sein«. Davon zu unterscheiden ist das Wohlfühlglück, das eher die »kleinen Glücksmomente« im Leben bestimmt – also das Glück, nichts tuend in der Sonne zu liegen oder dabei zu sein, wenn Fußball-Deutschland beinahe den Weltmeistertitel holt. Situationen, in denen Motive nicht ausgelebt werden können, führen jedoch oft zu Demotivation und Frustration: Würde Bernd Beispiel für ein Forschungsprojekt eingesetzt, bei dem er mehrere Monate allein im Labor verbringen muss, würde ihn dies viel Kraft kosten und eher demotivieren. Denn dabei könnte er sein hoch ausgeprägtes Beziehungsmotiv nicht befriedigen.

       Motive genetisch bedingt

      Wie aber entstehen unsere Lebensmotive? Prof. Steven Reiss geht davon aus, dass sie vor allem genetisch bedingt sind. Wie wir sie erfüllen, wird dagegen von der Kultur, in der wir aufwachsen, und unseren individuellen Erfahrungen geprägt. So befriedigen viele Menschen mit hoher Neugier, also einem großen Wissensdurst, dieses Bedürfnis durch das Lesen von Büchern. Wer jedoch durch sein Elternhaus nie Zugang zu Büchern gefunden hat, wird das Motiv beispielsweise durch anregende Gespräche oder anspruchsvolle Fernsehsendungen befriedigen / ausleben.

      Neben unseren genetischen Anlagen haben aber auch emotionale Lernerfahrungen einen großen Einfluss auf unsere Motive. Während man motorisch und kognitiv noch bis ins hohe Alter lernen kann, ist das emotionale Lernen schon früh abgeschlossen. Es setzt schon vorgeburtlich ein und hat seinen Höhepunkt in den ersten Lebensjahren. Bis auf einen kleinen »Aufruhr« während der Pubertät verfestigt sich das so Gelernte anschließend nur noch (Roth, 2008, 222–225). Unsere Lebensmotive sind also sehr zeitstabil und nicht bewusst veränderbar.

       Das Reiss Profile entdeckt Ihre Lebensmotive, es erfindet sie nicht.

       Abgrenzung zu anderen Modellen

      Anhand des Zwiebelschalen-Modells wird auch der Unterschied zu anderen Persönlichkeitsanalysen deutlich: Während uns Typologien und Verhaltenspräferenz-Modelle wie Insights Discovery DISG oder MBTI Klarheit über unsere Verhaltenspräferenzen geben, geht das Reiss Profile tiefer an den Persönlichkeitskern heran und zeigt die Gründe für unser Verhalten auf.

      Über das Reiss Profile

      Das Reiss Profile wurde Ende der 90er Jahre von Prof. Steven Reiss veröffentlicht und wird seit 2002 auch in Deutschland vermehrt eingesetzt.

       Fragebogen mit 128 Aussagen

      Die individuellen Lebensmotive werden über einen Fragebogen mit 128 Aussagen ermittelt, wie z.B.: »Es beunruhigt mich zutiefst, wenn mein Herz schnell schlägt« oder: »Ich ärgere mich sehr, wenn ich in aller Öffentlichkeit einen Fehler mache«. Die Aussagen gruppieren sich um die 16 Lebensmotive, wobei jedes Motiv anhand von acht Aussagen eruiert wird. Diese Aussagen werden jeweils auf einer Skala von –3 bis +3, also von völlig falsch bis stimmt völlig, bewertet. Es existiert in Deutschland auch eine sogenannte »Business-Version«, bei der die Fragen zur Sexualität, die das Erosmotiv definieren, durch Fragen zur Schönheit ersetzt werden. Diese sind jedoch testtheoretisch nicht validiert. Außerdem wird das Motiv »Ehre« in »Ziel- und Zweckorientierung« umbenannt sowie »Unabhängigkeit« in »Teamorientierung«. Die Motive bleiben in der Aussagekraft / Kernbotschaft aber unberührt. Im vorliegenden Buch beziehen wir uns auf die Original-Version.

       Auswertung durch Software

      Der Fragebogen kann online oder in Papierform ausgefüllt werden. Anschließend werden die Antworten mittels einer lizenzierten Software ausgewertet. Dabei wird auch das Kernstück der Auswertung, das Reiss-Balkendiagramm, erstellt. Dieses stellt jedes Motiv in seiner individuellen Ausprägung dar.

      In einem individuellen Rückmeldegespräch mit einem ausgebildeten und zertifizierten Reiss Profile Master werden dann die Ergebnisse besprochen. Dies kann auch mit einer spezifischen Fragestellung, zum Beispiel nach einer möglichen beruflichen Veränderung, verbunden werden.

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      Abb. 9: Reiss Profile von Bernd Beispiel

       Bernd Beispiel

      In Abbildung 9 können Sie erkennen, dass jedes Lebensmotiv als ein Balken zwischen –2 und +2 dargestellt wird.

      Der mittlere Bereich »Durchschnitt« beinhaltet die Motive mit einer Ausprägung zwischen –0,8 und +0,8. Das bedeutet, dass diese Motive ausgewogen ausgeprägt sind und situationsabhängig empfunden werden. Für das Motiv Ordnung von Bernd Beispiel heißt das, dass er sowohl das Bedürfnis nach Planung und Strukturiertheit als auch das Bedürfnis nach Flexibilität und Improvisation kennt.

      Der rechte Bereich »hoch« beinhaltet die Motive zwischen +0,8 und +2,0, was bedeutet, dass das Motiv stark ausgeprägt ist. Zieht man die Auswertung einer für die Bevölkerung repräsentativen Vergleichsgruppe heran, zeigt sich: Nur 16 % zeigen hier eine so starke Ausprägung. Liegt das Motiv über 1,7, so sind es nur noch 3 % der Bevölkerung. Für Bernd Beispiel und sein Beziehungsmotiv heißt das, dass er stark nach Geselligkeit und Nähe zu anderen strebt und auch dementsprechend handelt – er fühlt sich vermutlich in einem Beruf und mit Hobbys wohl, die es ihm ermöglichen, mit anderen zusammen zu sein.

      Der linke Bereich ist mit »niedrig« überschrieben: Liegt die Ausprägung des Motivs zwischen –0,8 und –2,0, bedeutet dies, das Motiv ist gering ausgeprägt und man strebt nach dem Gegenteil des Motivs: Bernd Beispiel wird also nicht nach Unabhängigkeit, sondern nach der Zugehörigkeit zu einem Team, Interdependenz, Konsens und emotionaler Verbundenheit mit anderen streben.

       Ausprägung entscheidend

      Man kann also nicht sagen, ein Mensch hat ein bestimmtes Motiv oder er hat es nicht, sondern man betrachtet die Stärke der Ausprägung auf einer Dimension zum einen oder anderen Pol im Verhältnis zur jeweiligen meist landestypischen Normstichprobe, sprich Vergleichsgruppe. Das Lebensmotiv »Macht«, das für die Eigeninitiative in der Entscheidungsfindung steht, gibt beispielsweise an, in wie vielen Situationen man selbst entscheiden möchte. Bei –2 wird man eigene Entscheidungen zumeist vermeiden, bei +2 wird man so gut wie immer entscheiden wollen. Liegt der Wert dazwischen, wird man, in Abhängigkeit von der Situation, manchmal selbst entscheiden wollen und sich manchmal lieber an den Entscheidungen anderer orientieren. Empfindet man seinen Einfluss

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