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und formvollendeten Begrüßungen hin und her eilten, war es unmöglich, ihn in seinem dicken schwarzen Mantel mit Samtkragen nicht sofort auszumachen.

      Das kümmerte ihn nicht. Er blieb außerhalb dieses Treibens. Die Jazzklänge, die aus dem Untergeschoss zu ihm heraufdrangen, brachen sich an ihm wie an einer undurchlässigen Wand.

      Als er sich anschickte, eine Treppe hochzusteigen, rief ihm der Liftboy nach, um ihn auf den Fahrstuhl hinzuweisen. Doch er drehte sich nicht einmal um.

      Im ersten Stock fragte ihn jemand:

      »Wen suchen Sie?«

      Die Stimme schien ihn nicht zu erreichen. Er sah die mit rotem Teppich ausgelegten schier endlosen Flure, die einen schwindeln machen konnten, und stieg weiter hinauf.

      Im zweiten Stock las er mit den Händen in den Taschen die Ziffern auf den Bronzeschildern. Die Tür von Nummer 17 stand offen. Pagen in gestreiften Westen trugen Koffer hinein.

      Der Reisende, der seinen Mantel abgelegt hatte und sehr zart wirkte, sehr schlank in seinem edel changierenden Anzug, rauchte eine Zigarette mit Mundstück und gab dabei Anweisungen.

      Nummer 17 war kein Zimmer, sondern eine Suite: Salon, Arbeitszimmer, Schlafzimmer und Bad. Die äußeren Türen öffneten sich auf eine von zwei Gängen gebildete Ecke, wo ein ausladendes rundes Sofa stand, wie eine Bank an einer Kreuzung.

      Dorthin setzte sich Maigret, direkt gegenüber der offenen Tür, streckte die Beine aus und knöpfte seinen Mantel auf.

      Pietr der Lette sah ihn und fuhr mit seinen Anweisungen fort, ohne Überraschung oder Unmut zu zeigen. Als die Pagen alle Koffer und Taschen abgestellt hatten, ging er selbst zur Tür, um sie zu schließen, beobachtete jedoch den Kommissar noch einen Moment lang, eher er sie ins Schloss zog.

      Maigret hatte Zeit, drei Pfeifen zu rauchen und zwei Etagenkellner und ein Zimmermädchen fortzuschicken, die ihn fragten, worauf er warte.

      Um Punkt acht Uhr verließ Pietr der Lette die Suite, noch schlanker und noch schmucker als zuvor, in einem klassischen Smoking, dem man den noblen englischen Schneider ansah.

      Er trug keinen Hut. Seine hellblonden kurz geschnittenen Haare lichteten sich schon. Sie setzten weit oben an und gaben die etwas fliehende Stirn frei. Auf der Mitte des Schädels war ein heller Fleck rosiger Haut zu erahnen.

      Seine Hände waren lang und zart. Am linken Ringfinger trug er einen schweren Siegelring aus Platin mit einem gelben Diamanten.

      Wieder rauchte er eine russische Zigarette, die in einem Pappmundstück steckte. Er ging sehr dicht an Maigret vorbei, hielt kurz inne und sah ihn an, als lockte ihn der Gedanke, ihn anzusprechen, und begab sich dann mit besorgter Miene zum Fahrstuhl.

      Zehn Minuten später nahm er im Speisesaal Platz, am Tisch von Mr. und Mrs. Mortimer-Levingston, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stand.

      Sie trug Perlen für eine Million Franc um den Hals.

      Ihr Gatte hatte am Tag zuvor eines der größten Automobilwerke Frankreichs wieder flottgemacht, wofür er sich selbstverständlich die Aktienmehrheit gesichert hatte.

      Die drei plauderten angeregt. Pietr der Lette sprach viel, mit gedämpfter Stimme und leicht vorgebeugt. Er war entspannt und verhielt sich ganz ungezwungen, trotz der dunklen Gestalt Maigrets, die er hinter der gläsernen Trennwand in der Hotelhalle erkennen konnte.

      Im Büro verlangte der Kommissar die Liste der Hotelgäste. Dort, wo der Lette unterschrieben hatte, las Maigret, ohne jegliches Erstaunen: Oswald Oppenheim aus Bremen, Reeder.

      Zweifellos besaß er einen gültigen Pass und sämtliche Papiere auf diesen Namen, wie er auch solche auf andere Namen besaß.

      Und genauso wenig war zu bezweifeln, dass er den Mortimer-Levingstons schon anderswo begegnet war, in Berlin, in Warschau, in London oder in New York.

      War er nur in Paris, um sie zu treffen und eine der kolossalen Betrügereien ins Werk zu setzen, auf die er spezialisiert war?

      Auf der Karteikarte in Maigrets Tasche stand:

      Äußerst geschicktes und gefährliches Individuum von unbestimmter Nationalität, doch nordischer Herkunft, vermutlich Lette oder Este; spricht fließend Russisch, Französisch, Englisch und Deutsch.

      Ist sehr gebildet und gilt als Chef einer mächtigen internationalen Bande, die auf Betrug spezialisiert ist.

      Aktivitäten dieser Bande wurden in Paris, Amsterdam (Fall van Heuvel), Bern (Fall Vereinigte Reedereien), Warschau (Fall Lipmann) und in diversen anderen europäischen Städten nachgewiesen, wo ihr Vorgehen weniger klar zu identifizieren war.

      Pietrs Komplizen scheinen vor allem dem angelsächsischen Raum zu entstammen. Einer von ihnen wurde sehr oft in seiner Gesellschaft gesehen; er reichte einen gefälschten Scheck bei der Berner Kantonalbank ein. Wurde getötet, als die Schweizer Polizei ihn verhaften wollte. Gab sich als Major Howard von der American Legion aus. Es konnte aber bewiesen werden, dass es sich um einen ehemaligen Schnapsschmuggler aus New York handelte, in den Vereinigten Staaten unter dem Beinamen Dicker Fred bekannt.

      Pietr selbst ist zweimal verhaftet worden. Das erste Mal in Wiesbaden, wegen Betrugs an einem Kaufmann aus München mit einer Schadenssumme von einer halben Million Mark, das zweite Mal in Madrid, wegen einer ähnlichen Sache, der eine bedeutende Persönlichkeit am spanischen Königshof zum Opfer fiel.

      In beiden Fällen kam die gleiche Taktik zum Einsatz: Beim Gespräch mit dem Opfer beteuerte er, die gestohlenen Gelder seien in Sicherheit und die Behörden würden sie auch nach seiner Verhaftung nicht finden.

      Beide Male wurde die Klage zurückgezogen, die Kläger wurden vermutlich entschädigt.

      Danach wurde er nie mehr auf frischer Tat ertappt.

      Wahrscheinlich bestehen Beziehungen mit der Bande Maronnetti (Falschgeld und Urkundenfälschung) und mit der Bande von Köln (genannt die Mauerbohrer).

      Dazu ein Gerücht, das bei allen europäischen Polizeidienststellen umging: Pietr der Lette kontrolliere als Kopf einer Bande (vielleicht auch mehrerer Banden) und als deren Kassierer ein paar Millionen, die unter verschiedenen Namen auf Banken verstreut oder in Unternehmen investiert waren.

      Da saß er und lächelte leicht, während er Mrs. Mortimer-Levingston zuhörte, die ihm irgendetwas erzählte, und seine weiße Hand spielte mit einer prächtigen Weintraube.

      »Entschuldigen Sie, Monsieur! Hätten Sie einen Moment Zeit für mich?«

      Mit diesen Worten wandte sich Maigret in der Halle des Majestic an Mortimer-Levingston, nachdem sowohl der Lette wie auch die Amerikanerin nach oben gefahren waren.

      Mortimer fehlte die typische Sportlichkeit des Yankees. Er sah eher südländisch aus.

      Er war hochgewachsen und schlank. Sein Kopf, sehr klein, war von schwarzem, gescheiteltem Haar bedeckt.

      Er schien ständig müde zu sein. Seine Lider waren schwer und bläulich. Übrigens führte er ein aufreibendes Leben, fand er doch Mittel und Wege, sich mal in Deauville, mal in Miami oder am Lido zu zeigen, dann wieder in Paris, Cannes oder Berlin, irgendwo seine Jacht zu besteigen, in einer europäischen Hauptstadt ein Geschäft zu tätigen und bei den größten Boxkämpfen in New York oder Kalifornien den Schiedsrichter zu geben.

      Er musterte Maigret von oben herab. Ohne die Lippen zu bewegen, sagte er beiläufig:

      »Sie sind …«

      »Kommissar Maigret, Erste Mobile Brigade.«

      Mortimer runzelte kaum die Stirn und blieb einen Moment vorgebeugt stehen; er schien entschlossen zu sein, ihm nicht mehr als eine Sekunde zu gewähren.

      »Sie wissen, dass Sie gerade mit Pietr dem Letten gespeist haben?«

      »Ist das alles, was Sie mir zu sagen haben?«

      Maigret verzog keine Miene. Er hatte nichts anderes erwartet.

      Er steckte die Pfeife

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