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jenem Abend blieb er, nachdem er ihre Mitbringsel inspiziert hatte, fürs Abendessen auf und saß zwischen ihnen an dem kleinen runden Tisch, den sie nutzten, wenn sie allein waren. Er war schrecklich aufgeregt. Seine Mutter trug ein französisch-graues Kleid mit cremefarbener Spitze aus kleinen Rosen um ihren Hals, der brauner als die Spitze war. Er sah sie unentwegt an, bis das lustige Lächeln seines Vaters ihn schließlich plötzlich seine Aufmerksamkeit auf seine Ananasscheibe richten ließ. Als er zu Bett ging, war es später, als er je aufgeblieben war. Seine Mutter ging mit ihm nach oben und er zog sich sehr langsam aus, damit sie noch länger dablieb.

      Als er schließlich nur noch seinen Schlafanzug anhatte, sagte er: »Versprich mir, dass du noch bleibst, bis ich meine Gebete gesagt habe!«

      »Ich verspreche es.«

      Der kleine Jon kniete sich hin, drückte das Gesicht in sein Bett und flüsterte hastig los und öffnete hin und wieder ein Auge, um sie ganz still und mit einem Lächeln im Gesicht dastehen zu sehen. Vater unser im Himmel – so lautete sein letztes Gebet – geheiligt sei deine Mama, dein Königreich Mama, wie im Himmel so auf Erden, unsere tägliche Mama gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie im Himmel so auf Erden, und sei auch du unser Schuldiger, denn dein ist das Böse, die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amama! Pass auf!

      Er sprang auf und blieb eine lange Minute in ihren Armen. Als er schließlich im Bett lag, hielt er weiter ihre Hand fest. »Weiter machst du die Tür aber nicht zu, oder? Bleibst du noch lange da, Mama?«

      »Ich muss nach unten und für Papa Klavier spielen.«

      »Ach so, naja, dann höre ich dich ja.«

      »Hoffentlich nicht, du musst doch schlafen.«

      »Ich kann doch jede andere Nacht schlafen.«

      »Heute ist eine Nacht wie jede andere auch.«

      »Oh, nein – heute ist eine ganz besondere Nacht.«

      »In ganz besonderen Nächten schläft man ganz besonders gut.«

      »Aber wenn ich einschlafe, Mama, dann höre ich dich nicht hochkommen.«

      »Na, wenn ich hochkomme, dann schaue ich zu dir herein und gebe dir einen Kuss, und wenn du dann noch wach bist, dann wirst du wissen, und wenn nicht, dann weißt du trotzdem, dass du einen bekommen hast.«

      Der kleine Jon seufzte. »Na schön«, sagte er, »damit werde ich mich wohl zufriedengeben müssen. Mama?«

      »Ja?«

      »Wie hieß nochmal die, an die Papa glaubt? Venus Anna Diomedes?«

      »Oh, mein Engel! Anadyomene.«

      »Genau! Aber ich finde meinen Namen für dich viel besser.«

      »Und welchen Namen hast du für mich, Jon?«

      Der kleine Jon antwortete schüchtern: »Guinevere! Der kommt bei der Tafelrunde vor – das ist mir gerade erst eingefallen, nur hat sie ihre Haare natürlich offen getragen.«

      Die Augen seiner Mutter blickten an ihm vorbei und schienen in die Ferne zu schweifen.

      »Und du wirst auch nicht vergessen, hereinzukommen, Mama?«

      »Nicht, wenn du jetzt schläfst.«

      »Abgemacht.« Und der kleine Jon schloss die Augen.

      Er spürte ihre Lippen auf seiner Stirn, hörte ihre Schritte, öffnete seine Augen, um zu sehen, wie sie durch die Tür glitt, seufzte und schloss sie wieder.

      Dann begann die lange Zeit.

      Für etwa zehn Minuten versuchte er brav zu schlafen, indem er ganz viel Disteln in einer Reihe zählte, Das alter Trick zum Einschlafen. Ihm schien es, als zählte er schon seit Stunden. Es musste, so dachte er, bald Zeit sein, dass sie heraufkam. Er warf die Bettdecke zurück. »Mir ist heiß!«, sagte er, und seine Stimme klang komisch in der Dunkelheit, wie die Stimme eines anderen. Warum kam sie nicht? Er setzte sich auf. Er musste nachsehen! Er stieg aus dem Bett, ging zum Fenster und schob den Vorhang ein Stück zur Seite. Es war nicht dunkel, aber er konnte nicht sagen, ob das am Tageslicht lag oder am Mond, der sehr groß war. Er hatte ein komisches, böses Gesicht, als ob er ihn auslache, und er wollte ihn nicht ansehen. Dann fiel ihm wieder ein, dass seine Mutter gesagt hatte, mondhelle Nächte seien schön, und er starrte weiter einfach so nach draußen. Die Bäume warfen dunkle Schatten, der Rasen sah aus wie verschüttete Milch und er konnte ganz, ganz weit sehen, wirklich weit! – über die ganze Welt, und es sah alles anders und verschwommen aus. Außerdem roch es gut in seinem offenen Fenster.

      Ich wünschte ich hätte eine Taube wie Noah!, dachte er.

      »Es scheint der Mond mit hellem Gesicht, er leuchtet und leuchtet und bringt uns Licht.«

      Nach diesem Reim, der ihm ganz plötzlich eingefallen war, vernahm er Musik, ganz leise – schön! Mama spielte! Ihm fiel ein, dass er noch eine Makrone hatte, die er in seiner Kommode aufgehoben hatte, und er holte sie und ging zurück ans Fenster. Er lehnte sich hinaus und kaute immer kurz und hielt dann wieder für einen Moment inne, um die Musik besser hören zu können. Da hatte immer gesagt, im Himmel spielten die Engel Harfe, aber das war nicht halb so schön wie das Klavierspiel seiner Mutter in der mondhellen Nacht, während er seine Makrone aß. Ein Maikäfer summte vorbei, eine Motte flog ihm ins Gesicht, die Musik hörte auf und der kleine Jon zog den Kopf wieder zurück. Jetzt musste sie kommen! Er wollte nicht, dass sie sah, dass er noch wach war. Er kroch wieder ins Bett und zog die Decke fast ganz über seinen Kopf, doch er hatte den Vorhang ein wenig offengelassen, sodass ein Mondlichtstrahl hereinfiel. Er schien schräg über den Boden, nahe des Fußendes des Betts, und er beobachtete, wie er ganz langsam immer näher zu ihm wanderte, als ob er lebendig wäre. Die Musik fing wieder an, aber er konnte sie jetzt nur noch gerade eben so hören, schläfrige Musik, schön – schläfrige – Musik – schläfrige – schlä …

      Und die Zeit verstrich, die Musik wurde lauter, leiser, verklang, der Mondlichtstrahl wanderte zu seinem Gesicht. Der kleine Jon wälzte sich im Schlaf bis er auf dem Rücken lag und eine seiner braunen Fäuste umklammerte noch immer die Bettdecke. Seine Augenwinkel zuckten – er hatte begonnen, zu träumen. Er träumte, dass er Milch aus einer Schüssel trank, die der Mond war, während ihm gegenüber eine große schwarze Katze saß und ihn mit einem lustigen Lächeln wie dem seines Vaters beobachtete.

      Er hörte, wie sie flüsterte: »Trink nicht zu viel!« Die Milch war natürlich für die Katze, und er streckte freundschaftlich seine Hand aus, um das Tier zu streicheln, doch es war nicht mehr da, die Schüssel hatte sich in ein Bett verwandelt, in dem er lag, und als er versuchte, herauszusteigen, konnte er die Bettkante nicht finden, er konnte sie nicht finden – er – er – konnte nicht hinaus! Es war schrecklich!

      Er wimmerte im Schlaf.

      Das Bett hatte auch noch angefangen, sich zu drehen, es war um ihn und in ihm, es drehte und drehte sich und fing an zu brennen und Mother Lee aus Cast up by the Sea schürte das Feuer! Oh, wie furchterregend sie aussah! Immer schneller und schneller, bis er und das Bett und Mother Lee und der Mond und die Katze alle ein einziges Rad waren, das sich immer weiter und immer höher drehte – schrecklich – schrecklich – schrecklich!

      Er schrie laut auf. Eine Stimme, die »Liebling, Liebling!« sagte, drang durch das Rad und er erwachte, auf seinem Bett stehend, die Augen weit geöffnet.

      Seine Mutter war da, ihr Haar wie das von Guinevere, und er umklammerte sie und vergrub sein Gesicht darin.

      »Oh! Oh!«

      »Ist schon gut, mein Schatz. Jetzt bist du wach. Na, na! Alles ist gut!«

      Doch der kleine Jon sagte weiter: »Oh! Oh!«

      Ihre Stimme sprach weiter samtig in sein Ohr: »Das war das Mondlicht, mein Schatz, das auf dein Gesicht geschienen hat.«

      Der kleine Jon murmelte in ihr Nachthemd: »Du hast gesagt, es ist schön. Oh!«

      »Darin zu schlafen nicht, Jon. Wer hat es denn hereingelassen? Hast du die Vorhänge aufgezogen?«

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