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Kleines Licht im Dunkeln. Lise Gast
Читать онлайн.Название Kleines Licht im Dunkeln
Год выпуска 0
isbn 9788711509715
Автор произведения Lise Gast
Издательство Bookwire
„Kann sein“, sagte Nina störrisch, „oder besser: so ist es. Ich habe es immer wieder versucht, und immer wieder war es der falsche Augenblick. Da steckt man es eines Tages auf, Großmutter. Immer bekommt man zu hören, daß früher alles ganz anders war. Wie es aber war, sagt uns keiner.“
Die alte Dame schwieg. Sie schwieg so lange, daß Nina allmählich ein wenig bange wurde. Hatte sie etwas sehr Dummes oder Falsches gesagt, oder etwas, das Großmama verletzte? Aber es war doch so. Volker und sie wollten heiraten, warum sollten sie nicht, und die Eltern waren nicht einverstanden damit, einfach, weil sie meinten, zu ihrer Zeit hätte man das auch nicht getan, ohne mit der Berufsausbildung fertig zu sein. Einen anderen Grund gaben sie nicht an. „Wie war es denn bei euch?“ fragte sie also nochmal, leise, aber dringlich bittend. Die alte Dame lachte ein kleines, murmelndes Lachen und sah zur Wand hinüber, wo das Bild eines Mannes hing, silbergerahmt, eines Mannes mit einem klugen und freundlichen Gesicht. Darunter hing, altmodisch, aber entzückend in den Farben, in denen goldbraun, gelb und dunkelrot vorherrschten, ein Immortellenkranz.
„Bei uns ... Nina, du hast mir eben ein Kompliment gemacht, indem du sagtest, ich schöbe die ganze Steuererklärung weg, um für dich da zu sein. Ich habe es getan, freilich nur für eine Viertelstunde. Diese Arbeit ist dringend, so etwas gibt es. Aber ...
Du hast doch Zeit, Kind, oder? Na wundervoll. Komm, trinke noch eine zweite Tasse Kaffee, sie wird dir gut tun nach dem Schlackerwetter draußen, und rauche eine Zigarette dazu. Ich weiß, zum Kaffee schmecken sie am besten. Das sagte dein Großvater auch immer. Dein Großvater –
Ja, er wird mich vertreten. Mit ihm kannst du dich unterhalten. Er hat Zeit. Er –
Du guckst mich an, als wäre ich ein bißchen gestört. O Nina, glaube mir, ich unterhalte mich oft mit ihm, eigentlich täglich, und abends vor dem Einschlafen immer. Für dich klingt das ein bißchen spinnig, aber laß mal, es ist doch so, und in diesem Falle –
Ich weiß nicht, ob du weißt, daß dein Großvater neben seiner anderen Arbeit ein wenig schrieb. Nichts Großartiges, nichts, um den Nobelpreis zu bekommen, sondern eigentlich nur für sich und für mich. Vielleicht auch für ein paar Ähnlichgesinnte aus unserer Generation, die die gleiche Antenne haben.
Du bist jung, Nina, und eine andere Generation. Manchmal aber meine ich, du bist die Enkelin von mir, die am meisten nach dem Großvater schlägt. Du schreibst vielleicht auch“, sie sah, wie das junge Mädchen flüchtig errötete, tat aber, als merke sie es nicht, „auf jeden Fall liest du gern und viel. Bücher sind dir wichtig. Ich will dir eins geben, ein Büchlein, das du noch nicht kennst. Wenige kennen es, dein Großvater schenkte es mir, als wir die silberne Hochzeit feierten. Seitdem ist es in Abständen immer wieder einmal aufgelegt worden, in einem Verlag, der ein bißchen eigene Wege geht, nicht die üblichen von heute, verstehst du. Andere Wege, stillere, der keine Bestseller forciert und keine Millionenauflagen zu erzielen versucht. Hier ist es, Nina, nicht einmal hundert Seiten lang. Willst du es lesen? Du sagtest, du hättest Zeit.“
„Großmama –“
„Ja, mein Kind. Ich gebe es nicht jedem. Aber wenn man gefragt wird ... Du sagtest, du wolltest wissen, wie es früher war, als wir so alt waren wie du jetzt, wie ihr jetzt, dein Volker und du. Als wir uns liebten. Da drin steht es. Dein Großvater kann es besser erzählen als ich, er war ein Mann mit Herz, Klugheit und Charme, o ja. Manchmal erinnerst du mich an ihn –“. Sie lachte und drückte der Enkelin einen raschen Kuß auf die Wange. „Nun setze dich gemütlich her und lies. Da stehen die Zigaretten, und Kaffee ist auch noch in der Kanne. Willst du? Ich gehe nach nebenan und tue was.“
„Willst du es mir nicht lieber vorlesen?“ fragte Nina schüchtern. „Oder ist das – verzeih, Großmama, vielleicht macht dich das traurig?“
„Nein, Kind, nicht mehr. Es gibt einen Spruch: ‚Nicht weinen, daß es vorbei, froh sein, daß es gewesen.‘ Siehst du, so weit bin ich jetzt. Glücklich, daß es gewesen. Aber lesen solltest du es selbst. Willst du?“
„Gern. Danke“, sagte Nina und nahm die alte Dame um den Hals. „Danke, daß ich darf, Großmama. Ich freue mich drauf. Mit dir und Großvater – immer habe ich gedacht, der November hat nur scheußliche Tage. Graue, nasse, trübe ... Aber heute –“
„Das habe ich auch mal gedacht, Nina“, lachte die Großmutter. „Aber seit dem November neunzehnhundertdreiundzwanzig – aber das steht ja alles da drin. Lies wohl, mein Liebes!“
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