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zu ihm aufsah, Männchen machte und schnupperte. Haakon holte von einem der vielen Regale ein Stück Zucker und hielt es ihm hin. Der Waschbär griff mit Pfötchen danach, die aussahen wie kleine Hände, und verspeiste es manierlich. Dabei sah er seinen Besitzer mit klugen Äuglein an.

      „Noch mehr? Ich glaube“, sagte der und holte ein neues Zuckerstück. Peter und Dori waren begeistert.

      „Und der wohnt bei Ihnen? Darf er auch mal raus?“

      „Natürlich, jeden Tag. Er spaziert im Garten herum und sucht sich einen schönen Sonnenplatz, auf dem er schlafen kann, oder er steigt auf seinen Kletterbaum. Waschbären sitzen gern auf Bäumen. Abends singen sie dann.“

      „Singen? Können Waschbären singen?“

      „Ja, sie trällern, wenn sie gute Laune haben. Es klingt eigentlich, als wären es Vögel.“

      „Gibt es auch wilde Waschbären?“, fragte Jörg. Haakon sah ihn freundlich an.

      „Gibt es. Sie stammen aus Kanada und heißen dort racoons. Sie sind sehr scheue Tiere, die am liebsten nachts unterwegs sind, Nachttiere also. Vor ein paar Jahren hat man auch bei uns versucht sie heimisch zu machen. Am Edersee, in der Nähe von Korbach, hat man ein paar Pärchen ausgesetzt. Dort haben sie sich rapide vermehrt, eigentlich mehr, als man wollte. Zuerst hatten sie Schonzeit, damit sie sich in Ruhe ausbreiten konnten, dann aber merkte man, dass man sich ein bisschen eine Laus in den Pelz gesetzt hatte. Die Waschbären wurden frech – das sind sie in Kanada auch – und fürchteten die Menschen, die ihnen ja nichts taten, nun gar nicht mehr. Sie machten sich an die Häuser heran, zunächst an die Mülltonnen, die sie öffneten – sie sind sehr geschickt –, und holten alles Essbare heraus. Waschbären essen alles, Fleisch und Gemüse, Obst, Eier, am liebsten Gebäck. Später fingen sie an auch in die Häuser einzudringen, vor allem in die, die noch Speisekammern haben, und aßen sich dick und rund. Sie raubten Hühnerställe aus und tranken die Eier leer. Auch meinen Philipp kann man mit Eiern überallhin locken, deshalb muss ich ihn einsperren, wenn ich länger fort bin. Am liebsten habe ich ihn hier im Zimmer. Er ist sauber, still und lieb, ein guter Hausgenosse. Die Hunde dagegen ... Ich liebe meine beiden Drecksköter ja sehr. Aber sie sind doch sehr laut. Dieses Gekläffe, wenn jemand kommt. Ihr habt es ja erlebt.“

      Man merkte, wie gern er erzählte. Dori und Peter sahen sich dabei um. Kein Radio, kein Fernseher – dieser Mann war doch ganz anders als die meisten Menschen, die sie kannten. Freilich, aussehen tat es in seiner Stube ...

      „Karin kommt nicht, sie ist zur Zeit verreist“, erklärte der Alte, der wohl merkte, dass sein Besuch sich umsah. „Karin ist ein Mädchen aus dem Dorf, das mir sonst hilft. Das ist nötig bei einem alten Käpten, der zeit seines Lebens von Stewards verwöhnt worden ist. Der macht nicht gern Hausarbeit, das könnt ihr mir glauben. Kochen tu ich sowieso nicht, zum Essen gehe ich aus, da fällt viel unnötige Arbeit weg. Aber sonst ... Sie führt auch die Hunde aus, das tut sie gern.“

      „Ist Ihnen – ist es Ihnen sehr unbequem, selbst ...“, fragte Jörg jetzt leise, brach dann aber ab. Er schien zu wissen, dass der Alte nicht gern zugab, woran es fehlte. Der nickte ihm zu.

      „Laufen kann ich noch ganz gut. Und ich laufe auch gern mit den zwei Kläffern. Aber –“

      „Aber da könnten wir doch ...“, rief jetzt Dori, die es wohl gehört hatte. „Ich hab mir immer einen Hund gewünscht, mit dem ich ausgehen könnte; nur in der Stadt, sagt Mutter, ist es Tierquälerei sich einen Hund zu halten.“

      „Wohnst du in der Stadt?“, fragte Haakon jetzt. Dori erzählte. Sie kamen wieder auf Donner zurück.

      „Na schön, wollen wir es versuchen“, meinte Haakon endlich und Dori hatte das Gefühl, als fiele ihr ein riesiger Stein vom Herzen.

      „Zwei Rinder, das ist wirklich etwas wenig für die Wiese, sie soll abgefressen werden, geschnitten wird sie nicht. Ich kann – ich meine: Ich kann es niemandem zumuten mit der Sense heranzugehen, sie ist sehr bucklig. Und sie soll ja auch wachsen, wie die Natur es will. Die beiden Gehörnten sorgen dafür, dass sie nicht in den Himmel wächst, und für euer Pferd bliebe genug; Pferde fressen sowieso Anderes als Rindvieh. Hoffentlich vertragen sie sich. Aber Pferde sind ja auch Herdentiere und stehen nicht gern allein.“

      Dori dachte schaudernd daran, was Jörgs Vater geschrien hatte, als Donner über alle Berge ging: Zwei Kälber hat er mir fast zu Tode gejagt! Ob er das wieder versuchte? Aber Rinder sind ja etwas anderes als Kälber, versuchte sie sich zu trösten. Kälber sind die ganz kleinen, an Rinder wagt er sich vielleicht nicht heran. Tief in ihr war freilich die Gewissheit, dass Donner sich wahrscheinlich auch an Saurier oder an das Ungeheuer von Loch Ness wagen würde ...

      „Also versucht es meinetwegen“, sagte Haakon gerade in ihre Überlegungen hinein. „Natürlich mache ich das nicht umsonst. Alles im Leben muss bezahlt werden.“ Dori sank das Herz. Hilfe suchend blickte sie zu Jörg hinüber. Dessen Blick erwiderte: Keine Angst, wird nicht so schlimm. Laut sagte Jörg zu Haakon:

      „Natürlich. Aber vielleicht könnten die Kinder etwas dafür tun, hier bei Ihnen. Da Karin zur Zeit nicht kommt ...“

      „Du meinst, ein bisschen aufräumen.“ Der Alte schmunzelte. „Würde nichts schaden mal rein Schiff zu machen.“

      „Oder Kuchen backen. Das kann ich!“, rief Dori schnell. „Und mit den Hunden ausgehen.“

      „Könntet ihr sicher, ja“, sagte Haakon freundlich, „und –“

      „Ausmisten, ich meine den Unterstand“, schlug Dori weiter vor.

      „Du warst wohl schon auf der Schmetterlingswiese?“, fragte Haakon jetzt verschmitzt. Dori und Peter nickten. Sie wurden rot, aber Haakon lachte nur.

      „War alles in Ordnung? Ja, wartet –“ Er griff mit der rechten Hand hinter sich in ein kleines Schränkchen. „Das eine der beiden Rinder dort, das hellere – als ich das letzte Mal dort war, hatte es einen Riss über dem Vorderhuf. Es muss sich irgendworan verletzt haben, vielleicht an Brombeerranken. Das könntet ihr mit der Salbe hier behandeln oder traut ihr euch nicht an Rinderbeine?“

      „An alles!“, stieß Dori hervor. „Und außerdem schlagen Kühe nicht aus wie Pferde. Wie manche Pferde“, verbesserte sie sich schnell. Haakon lachte behaglich.

      „Wie manche, hast Recht. Also das würdet ihr tun? Jeden Tag nachsehen?“

      „Sowieso. Wer ein Pferd hat, muss jeden Tag –“

      „Genau. Putzen ist bei einem Fohlen nicht jeden Tag nötig, aber sich kümmern schon. Jeden Tag, ohne Ausnahme, verstanden? Auch wenn es gießt.“

      „Wir sind doch nicht aus Zucker!“

      „Das nicht. Aber ... Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder mit Tieren nicht sehr zuverlässig sind – oder bleiben. Solange der Hund neu ist, geht man mit ihm aus, bürstet und füttert ihn, doch nach sechs Wochen ist das langweilig und man hat andere Sachen im Kopf.“

      Dori wollte widersprechen, aber Haakon fuhr fort:

      „Ich habe oft beobachtet, dass Eltern, deren Kinder sich brennend ein Tier gewünscht haben, es nach ein paar Wochen selbst versorgen müssen: zum Beispiel mit dem Hund ausgehen, zum Tierarzt fahren, wenn er krank ist, ihn pflegen, ihn füttern. Und die Kinder haben noch Glück, wenn die Eltern es tun. Es gibt auch Eltern, die, wenn sie Weihnachten den Kindern ein Tier geschenkt haben und im Sommer darauf eine Reise machen wollen, das Tier aussetzen und womöglich im Wald anbinden, damit es nicht heimlaufen kann. Dort verhungert es dann.“

      „So was ist gemein! Totschlagen müsste man solche Leute“, empörte sich Dori. „Oder die Menschen selbst anbinden ...“

      „Ungefähr so“, bestätigte Haakon. „Also verlässlich müsst ihr sein. Wenn ihr ein einziges Mal nicht zu eurem Pferd geht – wer krank ist, muss eben jemand anderen schicken –, dann ist es vorbei mit der Schmetterlingswiese. Verstanden? Ohne Widerruf. Dann nehmt ihr euer Pferd wieder zu euch und seht, wo es bleibt ...“

      Im

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