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      Lise Gast

      Ein Fohlen für Doria

      Drei Pferdegeschichten für Mädchen

      Saga

      Ein Fohlen für Doria

      © 1997 Lise Gast

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711509210

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Ein Fohlen im Versteck

      Na, wen hast du dir denn da wieder aufgehalst?“, fragte Peter und zog sein zehnjähriges Ohrfeigengesicht auseinander. Mutter legte den Hörer auf.

      „Was heißt wieder? Dieses Jahr hatten wir noch keine Gäste, oder etwa –“

      „Und Schillings? Sie waren sechs Wochen hier, mit dem unausstehlichen Sebastian. Dann kam Waltrud und dann Robert ...“

      „Wenn man so wohnt wie wir – du hast ja keine Ahnung, was es heißt, in der Stadt leben zu müssen, wo es nach Autoabgasen stinkt und man dauernd das Rasseln der Lastwagen hört, wo man keine Sonne hat und abends keine Sterne ...“

      „Jaja, ich weiß. Trotzdem könnten wir auch mal unter uns bleiben.“

      „Ach Peter, ist es denn weniger schön bei uns, wenn noch ein paar andere Leute hier sind und es gut haben? Die es sonst –“ Mutter hielt inne. Sie suchte nach einem Wort, das kräftig genug war und trotzdem auszusprechen.

      „Beschissen“, half Peter ihr freundlich aus. Sie musste lachen.

      „Danke. Genau. Du sagst es, bleiche Taube. Und jetzt geh und füttere die Katzen, sie haben heute noch nichts gekriegt. Und Brumme muss ausgeführt werden.“

      Peter hatte Pfingstferien. Er behauptete in den Ferien mehr zu tun zu haben als in der Schulzeit. Da konnte man sich jederzeit mit einem „Ich hab noch Schularbeiten“ oder „Wir schreiben morgen eine Arbeit“ dünnemachen, während es in den Ferien dauernd hieß: „Tu das!“, „Mach jenes!“, „Hol mir mal schnell –“, wenn man nicht von vornherein dazu verurteilt war, einzukaufen oder Mutters Fahrrad zu putzen oder sonst eine Sklavenarbeit zu verrichten.

      Peter wollte sich auch jetzt schnellstens absetzen, bevor Mutter noch mehr einfiel, aber seine Neugierde war doch größer als die Faulheit.

      „Wer kommt denn?“, fragte er also noch mal. Wissen wollte er es schon.

      „Eine Kusine von dir. Du kennst sie noch nicht. So alt wie du, nein, etwas älter. Doria heißt sie.“

      „Doria? Ist das ein Name?“

      „Ja, damit du es weißt. Sie wird Dori genannt. Sicher ist sie nett. Und nun verdufte.“

      „Nett, nett“, brummte Peter vor sich hin, während er davontrottete, „wenn ich das schon höre. Aber vielleicht kann sie ...“

      ... die Katzen füttern, Fahrräder putzen, ins Dorf fahren und einkaufen ... Er würde schon dafür sorgen.

      Peter war der vierte von vier Brüdern, ein Nachkömmling, die drei andern hatten das Elternhaus bereits verlassen.

      Langsam schlenderte er über den Hof. Die Kastanien hatten ihre weißen Kerzen aufgestellt, der Flieder hing in schweren lila-blauen Dolden über den Zaun. Es war wirklich schön in dem weiten Hof, der an einer Seite von dicken Kastanienbäumen begrenzt war, an der anderen vom ehemaligen Bauernhaus. Das war ihr Wohnhaus, der angebaute Pferdestall zum Atelier für Vater umgebaut. An der dritten Seite des Hofes begann der Park, in dem das Schloss stand. Zu ihm hatte früher der Hof gehört, weshalb er noch heute „der Schlosshof“ genannt wurde. An der vierten Seite, dort, wo man hereinkam, lag das Pförtnerhaus. Dort wurde gebaut.

      Peter bummelte hinüber. Er ärgerte sich über Mutter. Seit die großen Brüder nicht mehr daheim waren, hatte sie sich verändert, fand er, war nicht mehr dieselbe. Sie sagte das selbst.

      „Ich kann nur in großen Töpfen kochen“, seufzte sie manchmal und versuchte es scherzhaft klingen zu lassen, aber es war ihr Ernst. „Wenn bei uns der Tisch nicht ausgezogen ist und mindestens fünfzehn hungrige Mäuler darauf warten, dass ich ausgebe wie in der Jugendherberge –“

      „Fünfzehn“, sagte Vater dann, blinzelte ein wenig und schüttelte den Kopf, „übertreib nicht so maßlos.“

      „Und ich nicht Quadratmeter Kuchen backe, der mir aus den Fingern gerissen wird“, fuhr Mutter fort, „und alles ohne Katastrophen abläuft ...“

      Früher war fast täglich der Ruf „Katastrophe! Katastrophe!“ ertönt, ob nun ein Fahrradreifen geplatzt war oder eine Katze gejungt, der Hund ein „gräfliches Huhn“ erwischt und stolz apportiert hatte, wofür man sich noch entsetzlich entschuldigen musste – immer war etwas los gewesen. Jetzt, da Peter allein für Mutters Abwechslung sorgte, verlief der Tag meistens harmlos und friedlich. Das war gut, wenn Vater da war; wenn er sich, wie so oft, auf Reisen befand, behauptete Mutter, sie wüsste nicht, wozu sie eigentlich da sei. Deshalb die vielen Gäste, deshalb also Doria.

      Peter versuchte die Kusine zu vergessen, bis sie kam, und blieb vor dem Pförtnerhäuschen stehen. Hier war gottlob etwas los. Der Kran, der mit seinen zwei Schalen wie ein gewaltiges Riesenmaul zugriff, schwenkte Balken und Baumaterial durch die Luft, der Trecker ruckelte heran, was beim Bauen gebraucht wurde. Und manchmal, wenn Peter mit gar zu sehnsüchtigen Augen zum Fahrer hinaufschaute, sagte der:

      „Komm, Junge, kannst mal ein Stück fahren ... Schlag ein, aufpassen – ja, so ist es richtig. Noch etwas mehr!“

      Peter war wie ein Affe hinaufgeturnt und saß am Steuer, gab Gas, bediente die Kupplung – und der Trecker gehorchte, ruckte vor oder zurück, wie er es wollte. Peters Gesicht glühte vor Eifer.

      Wenn nur Mutter nicht dazukam. Sie konnte es gar nicht leiden, wenn er auf dem Trecker saß – dabei hatten die großen Brüder das auch getan. Hoffentlich dauerte die Bauerei noch recht lange, mindestens die ganzen Pfingstferien über! Aus dem Pförtnerhäuschen, das bisher als Garage gedient hatte, sollte ein kleines Wohnhaus für Großmutter werden. Sie hatte sich entschlossen hierher zu ziehen.

      Peter kannte sie nur von gelegentlichen Besuchen her. Ihn interessierten die meisten Erwachsenen nicht. Freilich brachten sie oft etwas mit und Großmutter war insofern eine Ausnahme, als sie sich nicht auf Schokolade beschränkte, sondern auch ferngelenkte Autos oder andere technische Dinge mitbrachte. Auch Bücher. Peter las sehr gern, wenn die Bücher interessant waren, und die von Großmutter waren eigentlich immer Treffer. Dabei war sie doch schon ziemlich alt. Aber sie fuhr noch Auto, was Peter ihr hoch anrechnete. Selbst hatte sie keinen Wagen mehr, aber einmal war sie mit einem geborgten BMW hier gewesen. Den fuhr sie genauso selbstverständlich, wie andere Großmütter Strümpfe strickten. Oder wie es hieß, dass sie es taten, gesehen hatte Peter das noch nie. Na ja, die Erwachsenen ...

      „Schlaf nicht, Junge, pass auf!“, raunzte in diesem Augenblick der Treckerfahrer zu ihm herauf. „Nimm den zweiten, los, ja. Und kuppeln! Na siehst du, so ist’s gut.“

      Habt ihr Pferde?“ Die Frage schoss aus Dori heraus, noch ehe sie und Peter einander begrüßt hatten. Peter war von Mutter zum Bahnhof geschickt worden um den Gast abzuholen und hatte missmutig und gelangweilt auf dem Bahnsteig herumgestanden.

      „Pferde, wieso?“, fragte er mürrisch.

      „Na, ihr wohnt doch auf einem Bauernhof, auf dem Schlosshof, hat Mutter gesagt.“ Dori ließ nicht locker. „Bauernhöfe haben doch Pferde – oder Schlosshöfe vielleicht nicht?“

      „Es ist kein Bauernhof

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