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legt den Ball auf den Elfmeterpunkt – aber der Wind weht ihn weg. Weit weg. Nächster Versuch: Wieder hoppelt die Kugel auf und davon. Da wird es dem Schiedsrichter zu bunt – er beendet das Spiel. Ein andermal weht der Wind so stark, dass der Schiedsrichter den Spielern empfiehlt, sich flach auf den Boden zu legen – damit sie nicht weggeweht werden. Das ist kein Witz und keine Übertreibung: Auf den Färöern ist der Wind manchmal so stark, dass er Autos von der Straße fegt.

      Färöer heißt übersetzt „Schafinseln“. Auf den 18 „Schafinseln“ leben knapp 49.000 Menschen und über 80.000 Schafe, daher der Name; 17 Inseln sind permanent bewohnt. Schottlands Küste liegt gut 300 Kilometer entfernt, nach Norwegen sind es 500 Kilometer. Die Einwohner sprechen Färingisch und Dänisch. Rund ein Drittel der Menschen lebt in der Hauptstadt Tórshavn. Die Färöer gehören wie Grönland zu Dänemark, seit 1948 besitzen die Inseln aber eine weitgehende Autonomie.

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      Torwart Jens Martin Knudsen Von Den Färöern während eines länderspiels gegen Belgien im Mai 1993.

      Foto: dpa/picture-alliance

      Ohne Fußball würde die Welt bis heute nicht wissen, dass es die Färöer überhaupt gibt. „Für die werbewirksamste Aktion stellte sich 1990 die Nationalmannschaft Österreichs zur Verfügung“, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung einmal. Die Färöer gewannen in einem EM-Qualifikationsspiel gegen Österreich 1:0 – und plötzlich wusste fast jeder, was und wo die Färöer sind. Die Medien hatten weltweit davon berichtet, dass eine Gruppe Walfänger, Lehrer, Schafhirten, Eisverkäufer und Fischer eine Profimannschaft besiegt hatte. Und der Torwart – der Torwart hatte eine Zipfelmütze getragen. Das machte die Schmach für die Österreicher noch größer: Sie hatten gegen eine Mannschaft verloren, deren Keeper eine Pudelmütze trug.

      Dieser Torwart hieß Jens Martin Knudsen. Knudsen, das klingt niedlich, wie Knut, der Eisbär, oder wie knuddeln. Die Färinger waren ein Fußball-Zwerg zum Liebhaben. Zunächst dachte man, Knudsen habe die Mütze nur deshalb getragen, weil es eben saukalt gewesen ist an diesem Septembertag im Jahr 1990 – das Spiel fand in Landskrona in Schweden statt, weil die Färöer keinen Rasenplatz besaßen, der den FIFA-Regeln entsprach. Tatsächlich aber hatte die Mütze eine andere Geschichte: Als Jens Knudsen 14 war, hatte er sich den Kopf ganz heftig angehauen, vermutlich an einem Stein, Bäume wachsen auf den Färöer eher selten. Weil der Junge weiter Fußball spielen wollte, riet man ihm, einen Helm zu tragen. Das wollte Knudsen nicht, und seine besorgte Mutter sagte daraufhin: „Dann trag doch wenigstens eine Mütze.“

      Das tat er, und er trug sie weiter, als es längst nicht mehr notwendig war, weil der Kopf wieder in Ordnung war. Sie wurde sein Markenzeichen und ein Symbol für die aufmüpfigen und liebenswerten Wikinger aus dem Nordatlantik. Die Mutter verkaufTe später viele Knudsen-Pudelmützen an viele Knudsen-Fans.

      Sie waren nicht wirklich besser gewesen, damals in Landskrona. Aber die Profis Polster, Herzog und Pacult vergaben ihre Chancen, und Jens Martin Knudsen, damals Gabelstaplerfahrer in einer Fischfabrik in Runavík, hielt seinen Kasten sauber. Nach einer Stunde wagten sich die Färinger auch mal in die Hälfte der Österreicher, und Torkil Nielsen schoss das 1:0. Schade für Nielsen, dass er keine Mütze trug – an ihn erinnert sich keiner mehr außerhalb von den Färöern und Österreich, an Knudsen schon. Die Färinger retteten die Führung über die Zeit, und als das Spiel „vorbei war, da wurde es in der Hauptstadt Tórshavn nur zögerlich laut“, schrieb der Tagesspiegel. „Erst lange nach Spielschluss liefen die Menschen auf die Straßen. Es wurden immer mehr, viel mehr, sie umarmten sich und feierten die Nacht hindurch. Sie hatten es wirklich begriffen. Ein Holzhändler namens Torkil Nielsen aus Sandavágur, der zwei Tage zuvor zum ersten Mal Vater geworden war, hatte die Färöer mit seinem Tor auf die Weltkarte geschossen.“

      Und die Österreicher? Die, die damals dabei waren, werden die Niederlage nicht mehr los. Trainer war Josef Hickersberger, der in Österreich Pepi gerufen wird. Hickersberger hatte eine schöne Karriere als Spieler hinter sich, er war Profi bei Fortuna Düsseldorf und Mitglied jener österreichischen Mannschaft, die Deutschland 1978 in Córdoba besiegte. Hickersberger wird stets mit beiden Ereignissen in Verbindung gebracht – oder er tut es gleich selbst. Vor der EM 2008, die in Österreich und der Schweiz stattfand, wurde er von der seriösen Zeitung Standard interviewt; er war zu dieser Zeit wieder Nationaltrainer Österreichs.

      „Ich bin kein Statistiker, ich bin Fußballtrainer“, sagte er da. „Die außergewöhnlichen Ergebnisse merke ich mir: Dass Österreich in Córdoba 3:2 gewonnen hat, und dass der Josef Hickersberger gegen die Färöer-Inseln 0:1 verloren hat auch.“

      Standard: „Das Thema wollte ich gar nicht anschneiden.“

      Hickersberger: „Tun Sie nur, aus solchen Niederlagen lernt man am meisten. Demut vor allem, und das ist das Wichtigste. Du kannst im Fußball selbst gegen Schafhirten, Angler, Fischer verlieren.“

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      6 Juni 2007: Blick in das 7.000 Zuschauer fassende Svangaskarð-Stadion in Toftir, wo sich die Nationalmannschaften der Färöer und schottlands (0:2) im EM-Qualifikationsspiel gegenüberstehen.

      Foto: dpa/picture-alliance

      Standard: „Natürlich. Natürlich.“

      Hickersberger: „Aber wir haben bei der EM bessere Chancen als die Färöer.“ (Die spielten gar nicht mit; Anm. des Autors).

      Die Österreicher blamierten sich 18 Jahre nach dem legendären 0:1 noch einmal gegen die Färöer. Der EM-Gastgeber von 2008 kam in der Qualifikation zur WM 2010 in Tórshavn nicht über ein 1:1 hinaus. Wieder war Österreich überlegen, und wieder gelang den Färingern die Führung: Bogi Lokin traf in der 47. Minute. Doch diesmal reichte es wenigstens zu einem Unentschieden. Martin Stranzl schoss das Tor für die Gäste – jener Stranzl, der später Verteidiger bei Borussia Mönchengladbach wurde. Und auch RB Salzburg hat auf den Färöern schon verloren. Ein Qualifikationsspiel zur Champions League endete im Juli 2010 1:0 für den Gastgeber HB Tórshavn. Zwar qualifizierte sich Salzburg aufgrund eines 5:0-Hinspielsiegs für die nächste Runde, aber diese Inselgruppe scheint österreichischen Mannschaften einfach nicht zu liegen …

      Normalerweise werden Länderspiele in Österreich live im Fernsehen gezeigt. Doch diesmal fiel die Übertragung aus, Reporter Thomas König kommentierte 90 Minuten lang zu einem Standbild des Stadions. In der offiziellen Begründung hieß es, es könnten keine bewegten Bilder gezeigt werden, weil „ein Teil der technischen Ausrüstung nicht angeliefert worden“ sei. So so.

      Das Spiel fand in der Hauptstadt Tórshavn statt, in einem Stadion, das dem Reglement der FIFA entsprach. Außerdem gibt es noch einen Rasenplatz in Toftir. Nach dem historischen 1:0-Sieg gegen Österreich im schwedischen Landskrona stand für die Färinger fest: Es musste ein eigener Rasenplatz angelegt werden – einer, der den Regeln des Weltverbands FIFA entspricht. Sie lösten das Problem mit einer Ladung Dynamit.

      Angeblich war es eine Gruppe junger Fans um den Fischer Niclas Davidsen, die sich nach dem Erfolg in Landskrona einig waren: Solche Siege muss man künftig zu Hause feiern. Ein Nationalstadion musste her. Auf den Färöern gab es einige Kunstrasenplätze, aber keinen Naturrasen. Der Fischer Davidsen und seine Kumpel fingen an zu bauen, hoch über Toftir, etwa eine Stunde mit dem Auto von Tórshavn entfernt. Sie sprengten einen halben Berg weg, 200.000 Tonnen Gestein seien in die Luft gejagt worden, schrieb Peter Linden in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung. Und dann legten sie den Rasen an. Nun hatten sie auf den Färöern einen Rasenplatz, wenn auch einen so kleinen, dass er gerade so den Richtlinien der FIFA entspricht. Eine Tribüne wird vom Felsen überragt. Auf ihm grasen oft die Schafe. Ein schönes Bild.

      Mittlerweile gibt es mehr als 20 Kunstrasenplätze und zwei Rasenplätze, jenen in Toftir und jenen in der Hauptstadt Tórshavn. Es gibt 22 Klubs auf den Färöern und etwa 5.500 registrierte Fußballspieler. Eine solche Quote von mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ist weltweit einmalig. „Die Bevölkerung ist verrückt nach Fußball“, sagte der ehemalige Nationaltrainer Henrik

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