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wollt ihr von uns?«, hörte sie den Kommandanten fragen.

      »Wir werden unsere Forderungen zu gegebener Zeit stellen«, antwortete der Tomopat. »Aber gedulde dich ein wenig. Ich glaube, deine Bereitschaft, auf sie einzugehen, wird umso größer, je mehr Zeit du mit uns verbringst. Meinst du nicht auch, Akone?«

      Barbara vernahm nur ein ersticktes Gurgeln, dann hatte sie die Zentrale im Schutz des Deflektors verlassen.

      Im nächsten Moment schloss sich das Schott hinter ihnen mit einem dumpfen Schlag.

      7.

      Hilflose Versuche

      Schwer atmend blieb Barbara Meekala stehen und lehnte sich gegen die Wand. »Ich bin Transmittertechnikerin, keine Langläuferin«, keuchte sie. »Fünfzehn Meter können ganz schön viel sein, wenn man nicht mal zwanzig Zentimeter groß ist.«

      »Komm schon!«, sagte Rohonzori. »Du bist einfach nicht in Form. Kein Wunder, wenn man sich so ungesund ernährt. Irgendwann rächt sich das eben.«

      Barbara lachte. Sie achtete penibel auf ihre Ernährungsweise und orientierte sich an etablierten Trends, viel stärker als die Swoon. Aber der kleine Scherz ihrer ziemlich besten Kollegin war genau das, was sie nach den schrecklichen Ereignissen in und vor der Zentrale dringend gebraucht hatte.

      »Und was jetzt?«, fragte sie.

      Die Swoon zog sie weiter, bis sie eine kleine Nische erreichten. Aber es hätte wahrscheinlich sowieso keiner auf sie geachtet. In Kesk-Kemi war Panik ausgebrochen, und niemand interessierte sich für Siganesen oder Swoon. Auf den Gängen rannten Touristen, Journalisten und Besatzungsmitglieder ziellos durcheinander, bemüht, so viel Entfernung wie möglich zwischen sich und die Zentrale zu bringen. Und damit den Eindringlingen, die sich in ihr verschanzt hatten.

      »Keine Ahnung«, antwortete die Swoon. »Wir müssen uns erst mal einen Überblick über die Lage verschaffen.«

      Barbara aktivierte ihr Armbandgerät.

      »Ich habe mal eine Trivid-Doku über einen Tomopaten gesehen«, fuhr die Swoon murmelnd fort. Barbara wusste nicht, ob sie zu sich selbst oder zu ihr sprach. »Ist schon eine Weile her, aber es ging um einen Tomopaten, der als Strafgefangener in einem Hochsicherheitsgefängnis einsaß. Weiß nicht mehr, wie's weiterging und ob es überhaupt je einen echten Schechter gegeben hat. Aber wenn, war der Kerl wirklich brillant.«

      »Und?«, fragte Barbara. Auf Berichte und Stoffe der Vergangenheit durfte man sich für die Epochen vor der Datenkorruption nicht verlassen. Informationen konnten täuschen.

      »Schrecklich, was diese Tomopaten anrichten können. Vor allem, wenn sie in einen Blutrausch geraten.«

      Aufbauend war diese Bemerkung nicht gerade. Offensichtlich hatte die Begegnung mit dem Tomopaten die Swoon dermaßen aufgewühlt, dass sie noch immer um ihre Fassung rang.

      Was Barbara durchaus verstehen konnte. Ihr ging es auch nicht gerade gut.

      Sie riss sich zusammen. Das alles änderte nichts daran, dass sie etwas tun mussten. Etwas Sinnvolles. Sie brauchten dringend einen Plan.

      Barbara zermarterte sich das Hirn, doch ihr fiel nichts ein. Was konnten zwei kleine Wesen gegen so brutale Riesen ausrichten?

      Sie aktivierte ihr Kom und schaltete auf eine der wenigen internen Frequenzen, auf die sie Zugriff hatte. Nacheinander erklangen verschiedene Stimmen, redeten zum Teil wirr durcheinander.

      »Das cairanische Raumschiff OTTCOM bittet um Einflugerlaubnis ins Chrag-Odisz-System.«

      »Erlaubnis verweigert! Die Lage um den Etappenhof ist zu unübersichtlich.«

      »Seid ihr von allen guten Geistern verlassen? Wir können jede Hilfe brauchen, die wir kriegen können ...«

      »Na schön, dann lass sie landen, aber auf eigene Gefahr und eigenes Risiko.«

      »Die Cheborparner bereiten einen Gegenangriff vor! Wir müssen uns umgehend mit ihnen absprechen ...«

      »Was ist das ...? Verdammter Mist ...!«

      »Ich sehe es! Der HÜ-Schirm des Hofs wurde aktiviert! Wer ist dafür verantwortlich?«

      »Keine Ahnung! Aber der Schirm hüllt den Etappenhof vollständig ein! Damit ist er hermetisch abgeschlossen!«

      »Auch die beiden Transmittermasten sind in der Hand der Eindringlinge! Damit können sie uneingeschränkt über den Transmitter verfügen!«

      »O nein! Die Transmittergondel des Etappenhofs explodiert!«

      Barbara schloss die Augen.

      Es kam ihr unwirklich vor, dies alles nicht persönlich beobachten zu können, es praktisch aus zweiter Hand mitzubekommen, aber die Ereignisse überschlugen sich, und sie konnte froh sein, überhaupt davon zu erfahren.

      Die Transmittergondel ...

      Sie war unerlässlich für die Energieversorgung, die über eine ähnliche Technologie wie beim Tanknetz erfolgte. Vor einigen Jahrzehnten hatte man eine nützliche Eigenschaft einer kleinen Anzahl von Sonnen entdeckt. Über diese »Tanksonnen« war es möglich, mit dafür adaptierten Hypertron-Zapfern direkt die notwendigen Hyperenergien in der erforderlichen Bandbreite des Kalup-Spektrums zu gewinnen. Eine Transformation war daher nicht mehr notwendig, es kam nicht länger zu den bisher damit einhergehenden Verlusten. Die spezifischen Energien wurden in speziell dafür ausgelegten Speichern konserviert.

      Die Höfe selbst lagen stets nahe bei Tanksonnen, und jedes Relais wurde von ihnen versorgt. Dabei konnte ein Hof auch die komplette Strecke übernehmen, sollte ein anderer unvermittelt als Energielieferant ausfallen.

      Die Relais verfügten über ausgedehnte Notfallspeicher, mit denen sie einen Transmitterimpuls annähernd 24 Stunden lang halten konnten. Möglich machte dies eine adaptierte Sayporaner-Technologie.

      Sollte die Strecke unterbrochen werden, kam eine sogenannte Transmittergondel zum Einsatz, die zur haltenden Relaisstation flog, das Hyperfeld übernahm und die darin gehaltenen Personen oder Objekte rematerialisierte. Diese Transmittergondeln waren Kugelraumer akonischer Bauweise mit abgeflachten Polen, am Äquator 210 Meter im Durchmesser. Jede Gondel verfügte über Reparatureinheiten, ausgefeilte Transmittertechnologie, eine spezialisierte Medoeinrichtung und komfortable Quartiere. Die Triebwerkseinheiten waren robust und eigneten sich zwar nicht für Fernreisen, erreichten aber mühelos die umliegenden Etappenhöfe.

      Und die Gondel von Kesk-Kemi existierte nun nicht mehr. Das mochte keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Relaisbetrieb haben, doch Barbara fragte sich, wie skrupellos die Invasoren waren, wenn sie so rigoros vorgingen. Was bezweckten sie damit? Welcher Sinn steckte dahinter? Versuchten sie, den Etappenhof abzuschotten?

      Und welche Machtmittel standen ihnen zur Verfügung, wenn sie schon ein Raumschiff vernichten konnten? Das flaue Gefühl in ihrem Magen wurde stärker. Irgendwie passte etwas nicht zusammen.

      Vor allem hatte sie keine Idee, was sie nun tun sollten. Ihr musste dringend etwas einfallen.

      »Wir schlagen uns zum Beutel durch und rüsten uns aus! «, murmelte Rohonzori. »Und dann zeigen wir den Invasoren, was eine Harke ist!«

      Entgeistert starrte Barbara ihre Kollegin an. »Hast du den Verstand verloren?«

      »Denk nach! Wie sollen hundert oder meinetwegen auch zweihundert Eindringlinge einen ganzen Etappenhof unterwerfen und anschließend halten? Das ist Irrsinn! Und wie viele Personen halten sich zurzeit hier auf? Fünftausend? Zehntausend? Ich weiß es nicht genau, aber irgendwas in dieser Größenordnung wird es sein!«

      Meekala kaute nachdenklich auf einer Strähne ihres schwarzen, glatten Haars. Die Swoon dachte so ähnlich wie sie. Etwas stimmte bei der ganzen Sache nicht.

      Oder lagen sie völlig falsch? Hatten die Invasoren, denn das waren sie, in Wirklichkeit ganz andere Absichten?

      »Was, wenn sie nur ganz schnell reinwollten,

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